Zwischen Reiz und Risiko: Verborgene Wege landen auf Wander-Apps – tödliche Gefahren

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Für Bergsteiger oft lohnende Linien: Eine spannende Steigspur an einem bekannten Berg im Landkreis. © rbe

Bergsteiger in der Region weichen immer wieder von den Standardrouten ab – auch dank Wander-Apps. Die neuen Wege können laut Experten jedoch gefährlich sein.

Bad Tölz – Auch in den Bergen des Landkreises verstärkt sich seit einigen Jahren ein Trend. Bergsteiger, die Landkarten studieren und auch das Gelände „lesen“ können, weichen von den markierten und viel begangenen Standardrouten ab. Dabei stoßen sie auf begehbare lohnende Linien: Seitengrate, Bänder, Latschengassen und Rinnen. Das können spannende Varianten sein, gegen die nicht viel einzuwenden wäre – wenn dort nur erfahrene und überschaubar wenige Bergsteiger unterwegs sind.

Bergwanderer nutzen verfallene Steige: Geheimtipps landen auf Wander-Apps

Oftmals werden uralte und heute weitgehend verfallene Almbauern- und Jagdsteige genutzt, manchmal bilden sich aber auch durch eine wachsende Zahl von Begehungen ganz neue Pfade heraus. Im Vorteil ist, wer noch alte Landkarten besitzt. Denn in neueren Blättern wird immer öfters nicht der Ist-Zustand dargestellt – eigentlich ein Grundsatz von Kartografie –, sondern man nimmt historische Steige bewusst heraus, um die Natur vor Störungen zu schützen. Für solche „wilden Wege“ gibt es zwischen Herzogstand und den Tegernseer Bergen, zwischen Bad Tölz und Vorderriß zahlreiche Beispiele.

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Das Problem dabei: Immer mehr Bergsteiger haben ein ungezügeltes Mitteilungsbedürfnis und stellen ihre „Geheimtipps“ auf Online-Netzwerken wie „hikr“ oder „komoot“. Sie locken damit auch weniger geübte „Follower“ auf ihre Wege. Die sind öfters alpinistisch anspruchsvoller und führen durch Absturzgelände, verlangen also Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Deshalb soll hier auch keiner dieser Steige propagiert werden. „Wer solche Steigerl kennt, der sollte sie für sich behalten und höchstens mit guten Freundenteilen“, sagt auch der Tölzer DAV-Wegewart Hanspeter Mair. Er nennt es einen „Auswuchs unserer Zeit, sich mit allem wichtig zu machen und es hinauszuposaunen“.

Wanderer stören Wild: „Wenn es ständig beunruhigt wird, nehmen die Verbiss-Schäden zu“

Genauso sieht es Forstbetriebsleiter Robert Krebs: „Der einzelne Ortskundige ist nicht das Problem. Wenn er aber sein Wissen breit streut, dann kommen viele und auch ganze Gruppen, für die das Gelände eigentlich viel zu gefährlich ist.“ Außerdem werde das Wild gestört und es setze Bodenerosion ein. Beim Naturpark Karwendel sei man inzwischen so weit, dass man das Netz durchforstet, Kontakt zu den Autoren aufnimmt und sie auffordert, bestimmte Beiträge zu löschen.

Wolfgang Morlang, Vorsitzender des Kreisjagdverbands, unterstreicht die Bedeutung von Rückzugsorten für das Wild: „Wenn es ständig beunruhigt wird, nehmen die Verbiss-Schäden zu. Dann werden bestimmte Tierarten, wie etwa das Auerwild, in ihrem Fortbestand bedroht.“ Er wünscht sich von den Erholungssuchenden „mehr Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der Tiere und Verständnis für Waldbesitzer und Jäger“. Besonders wichtig sei das im Winter und während der Brunft. Betretungsverbote sollte man respektieren und auf Touren bei Dunkelheit mit Beleuchtungskörpern ganz verzichten.

Tourentipps aus dem Internet: Tragische Folgen mit tödlichem Ausgang an der Benediktenwand

Tragische Folgen mit tödlichem Ausgang hatten Tourentipps aus dem Internet vor zwei Jahren an der Benediktenwand, nachdem dort der „Maxlsteig“ durch die Nordwand als schneller Abstiegsweg vorgeschlagen worden war. Die Schlüsselstelle hat den Schwierigkeitsgrad 3. „Für Bergwanderer ohne entsprechendes Können ist die Stelle zu schwer und nicht zu verantworten“, stellte der Benediktbeurer Bergwacht-Bereitschaftsleiter Manuel Guglhör damals klar. Über ihren Kontakt zur Alpinpolizei habe die Bergwacht dann dafür gesorgt, dass dieser Tourenvorschlag gelöscht wurde. „Das Wichtigste bei Bergtouren ist, dass man einschätzen kann, was man sich zutrauen darf“, sagt der Bergwachtler. (Rainer Bannier)

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