Mit 35 wieder bei den Eltern eingezogen: Wohnungsdrama für Münchnerin – Expertin ordnet ein

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Mit 35 Jahren wieder bei den Eltern einziehen: bei den hohen Mieten in München keine Seltenheit. Eine Expertin warnt vor den Entwicklungen auf dem Münchner Mietmarkt.

München - Man merkt, dass es kein einfaches Thema für die junge Frau ist. Tränen kommen hoch, sie dreht sich kurz von der Kamera weg. „Ich werde jetzt grade ein bisschen emotional, Entschuldigung.“ Es ist ein Beitrag vom ZDF, in dem die Münchnerin Pilar von ihrer Lebenssituation erzählt: Vor kurzem ist die 35-Jährige wieder bei ihren Eltern eingezogen, in ihr altes Kinderzimmer. Sie findet einfach keine für sie bezahlbare Wohnung in München.

Möchte auf die Probleme aufmerksam machen: Pilar ist mit 35 wieder bei ihren Eltern eingezogen.
Möchte auf die Probleme auf dem Münchner Mietmarkt aufmerksam machen: Pilar ist mit 35 wieder bei ihren Eltern eingezogen. © Screenshot ZDF

Die Mieten steigen in München weiter an – immer mehr Menschen können sich keine Wohnung mehr leisten

Nirgendwo sind die Mieten so hoch wie in München, heißt es in dem Beitrag. Und das, obwohl München die „Hauptstadt des Luxus“ ist. Das ehemalige Arbeiterviertel Giesing galt noch vor ein paar Jahren als günstig. Aber auch hier hat sich die Lage mittlerweile zugespitzt. So wie für die junge Münchnerin. Sie hat drei Jahre in Hamburg gelebt und ist wegen ihrer Familie wieder zurückgekommen, nach Giesing, dort sei sie verwurzelt, erzählt sie. Aber: Das Einkommen ihres Jobs als Kommunikationsdesignerin und IT-Beraterin für Senioren reicht nicht für eine Wohnung in München. Sie sei vor allem mit dem Problem konfrontiert, dass sie selbständig sei und nicht sehr viel verdiene, daher oft abgelehnt werde, sagt die 35-Jährige.

In der Kommentarspalte bekommt die junge Frau Zuspruch. Und es zeigt sich: Vielen geht es ähnlich. „Ich könnte auch heulen, dass ich mir meine eigene Heimatstadt nicht mehr leisten kann und aus München wegziehen musste“, heißt es zum Beispiel. „Bin 36 Jahre alt und auch aus meiner Wohnung raus. Nach einer Erhöhung der Heizkosten von 120 Euro auf 240 Euro hab ich einen Schlussstrich gezogen. Ich bin nun bei ca. 42 Prozent vom Nettolohn. Wie soll ich da irgendwas sparen?“, kommentiert eine weitere Person. Oder ein anderer Kommentar: „Es beruhigt mich, dieses Beispiel zu sehen – ich bin nämlich auch gerade wieder in München bei meinen Eltern mit 35 eingezogen.“

Expertin: Besonders schwer haben es in München Selbstständige, Rentnerinnen und Alleinerziehende

Auch Beatrix Zurek, Vorsitzende des Mietervereins München, berichtet, dass es immer wieder Fälle gebe, in denen Menschen mit normalem oder selbst überdurchschnittlichem Einkommen keine bezahlbare Wohnung in München finden würden. „Besonders schwer haben es Selbstständige, Rentnerinnen oder Alleinerziehende“, erklärt sie gegenüber unserer Redaktion. Auch viele Studierende würden nicht mehr von zu Hause ausziehen können und würden während des Studiums weiterhin in ihrem Kinderzimmer leben.

Doch wie hoch liegen die Mieten? Der Mietspiegel 2023 bildet die ortsübliche Miete ab und weist eine „durchschnittliche Nettokaltmiete von 14,58 Euro pro Quadratmeter aus“, sagt Zurek, „eine Steigerung um 21 Prozent im Vergleich zum Mietspiegel von 2021 mit einer Nettokaltmiete von 12,05 Euro pro Quadratmeter.“ Aber: Das sind nur Durchschnittswerte. „Wer aktuell in Immobilienportalen nach einer Wohnung sucht, findet kaum Angebote unter 20 Euro pro Quadratmeter“, berichtet Zurek. Und günstigere Wohnungen schaffen es oft erst gar nicht in die Portale, weil sie vorher schon vergeben werden.

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Besonders problematisch in München: Die hohen Bodenpreise

Ein großes Problem in München sind die Bodenpreise. „Bezahlbarer Neubau kann aufgrund der extrem hohen und immer weiter steigenden Bodenpreise eigentlich nur auf Grundstücken entstehen, die der Stadt München selbst gehören. Diese Grundstücke sind extrem begrenzt.“ Nötig wären Maßnahmen, die das Wohnproblem kleiner machen, sagt Zurek – wie die Nutzung von ehemaligen Gewerbeflächen als Wohnraum. „Häufig sind die Vorgaben dafür aber sehr streng und es ist in der Realität schwer umsetzbar, aus Gewerbeflächen Wohnraum zu machen.“

Wichtiger sei es, dass es wieder gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen werde, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten. „Und dass diejenigen, die auf schnelle und maximale Profite aus sind, Grenzen beim Bereich Wohnen aufgezeigt bekommen. Denn hier geht es um das Zuhause von Menschen, das auf dem Spiel steht.“ Wenn die Entwicklung so weiter gehe, werde es für alle außer absolute Topverdiener immer schwieriger, in München zu leben, warnt die Expertin.

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