Energiequelle am Isarberg oder viel Wind um nichts?
Ein riesiges Windrad am Isarberg – zwischen dem Walchensee und Wallgau gelegen. Kein Witz. Diese Fläche im Nirgendwo hat Potenzial. Das jedenfalls finden die Experten vom Planungsverband Oberland (Region 17), die nun unter anderem diesen lauschigen Flecken ins Visier genommen haben.
Wallgau – Die Lektüre der Heimatzeitung hält so manche Überraschung bereit. Karlheinz Schwaiger (Wählerverein) ist beinahe aus den Latschen gekippt. „Ich bin gleich erschrocken“, sagte der Gemeinderat am Ende der jüngsten Sitzung. Was hatte er da lesen dürfen beziehungsweise müssen: Der Planungsverband Oberland (Region 17), zu dem auch der Landkreis Garmisch-Partenkirchen gehört, ist auf der Suche nach Vorrangflächen für Windenergie ausgerechnet auf Wallgauer Flur mitten im Gebirge fündig geworden: am Isarberg/Markkopf an der Landkreisgrenze – irgendwo im Nirgendwo zwischen Walchensee und Wallgau
„Für den Fremdenverkehr ist das sicherlich nicht förderlich“, unkt Gemeinderat Schwaiger, der anscheinend schon vor seinem geistigen Auge das über 100 Meter hohe weiße Monstrum mit einem Rotor-Durchmesser von bis zu 90 Metern mit voller Kraft mitten im Bergwald arbeiten sieht.
Die frohe Kunde aus dem Landratsamt Bad Tölz – dort ist besagter Planungsverband angesiedelt – hat auch Wallgaus Bürgermeister Bastian Eiter (Wählerverein) dem Tagblatt entnommen. „Die suchen händeringend nach Flächen.“ Was er von der angeblichen Potenzialfläche am Isarberg hält? „Ich kann’s mir nicht vorstellen.“
In der Tat scheinen die bisherigen Untersuchungen eher theoretischer Natur zu sein, wie aus der Stellungnahme von Sabine Holzinger vom Planungsverband Region Oberland unzweifelhaft hergeht. „Da die Suchräume bisher rein technisch durch die Verarbeitung von Geoinformationen ermittelt wurden, bestehen technisch bedingte Ungenauigkeiten.“ Mit anderen Worten: Bisher viel Wind um nichts. Mehr Licht ins bislang Diffuse soll „im Rahmen einer kommunalen Vorprüfung“ die örtliche Expertise bringen – geplant heuer im dritten Jahresquartal.
Das wird ganz sicher kommen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Doch welche Gründe gaben bisher den Ausschlag für das Waldstück am Isarberg? Auch hier wird Sabine Holzinger alles andere als konkret. „Im Allgemeinen spricht für alle verbleibenden Suchräume, dass in diesen Bereichen keine rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründe der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen entgegenstehen und diese zudem ein Mindestmaß an Windhöffigkeit aufweisen.“ Es also dort ergiebig und regelmäßig bläst, damit ein möglicher Investor seinen Energie-Erzeuger wirtschaftlich betreiben kann.
Gleichzeitig weist die Frau vom Planungsverband darauf hin, dass die Realisierung von Projekten auch und gerade „anderen Akteuren“, wie Gemeinden, Landkreisen oder Privaten obliegt. „Wir müssen eine Stellungnahme abgegeben.“ Und das, so Bürgermeister Eiter, ist im Falle Windkraft auch gut so.
Doch die jüngste Entwicklung zeigt, dass die viel beschworene Energiewende auch in einem idyllischen 1400-Seelendorf immer mehr zum Thema wird. Erst im Oktober 2023 haben die Wallgauer mit großer Mehrheit (61,3 Prozent) eine Photovoltaik-Freiflächenanlage in einer renaturierten Kiesgrube abgelehnt. Schon damals warnte der Bürgermeister, der zu den Befürwortern des Solarparks gehörte, dass es das noch nicht gewesen sei. Denn der Druck von oben, energie-autarker zu werden, macht auch am Wallgauer Ortsschild nicht Halt. „Das wird ganz sicher kommen“, prophezeit Eiter. „Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“ Noch können Kommunen ein stückweit mitreden. Doch wie lange noch? Bestes Beispiel ist die Situierung von Mobilfunkmasten, bei der Gemeinden nahezu außen vor bleiben. Gleichzeitig verweist der Rathauschef auf den Paragraf 35 des Baugesetzbuches (Absatz 9), wonach Landwirte bereits jetzt einmal pro Hofstelle eine maximal 2,5 Hektar umfassende Solaranlage auf ihrem Grund errichten können. Eiter: „Irgendwann stehen wir vor vollendeten Tatsachen.“