Schreiben an Politiker lässt aufhorchen - Top-Klimaforscher warnen in düsterem Brief vor dem Atlantik-Kollaps
„Risiko stark unterschätzt“
„Eine Reihe wissenschaftlicher Studien hat in den letzten Jahren gezeigt, dass dieses Risiko bislang stark unterschätzt wurde“, heißt es in dem Brief. „Der AMOC ist der wichtigste Mechanismus für den Wärmetransport nach Norden im Atlantik, bestimmt die Lebensbedingungen für alle Menschen in der Arktis-Region sowie darüber hinaus und riskiert immer mehr, einen Kipppunkt zu überschreiten.“ Dieser Kipppunkt könne schon bei einer Erderwärmung von 1,5 bis 2 Grad Celsius eintreten, schreiben die Forscherinnen und Forscher.
Die Gefahr eines Zusammenbruchs sei zwar insgesamt gering, räumen die Forscherinnen und Forscher ein. Aber schon eine geringe Wahrscheinlichkeit sei zu hoch. Erst im Februar hatte ein Modell niederländischer Wissenschaftler für Aufregung gesorgt: Die ersten Anzeichen eines Kollapses seien bereits zu erkennen, schlussfolgerten die Wissenschaftler damals. Das Modell gilt in der Forschung allerdings als umstritten.
Gigantisches Förderband
AMOC ist ein komplexes System von Meeresströmungen im Atlantik, zu dem auch der Golfstrom gehört – ein riesiges Förderband, das warmes Wasser aus den Tropen in den Nordatlantik transportiert. Dort kühlt das Wasser ab, wird salziger und sinkt tief in den Ozean, bevor es sich weiter nach Süden ausbreitet. Auf diese Weise werden Wärme und Nährstoffe in verschiedene Regionen der Erde getragen - was dazu beiträgt, dass das Klima in weiten Teilen der nördlichen Hemisphäre relativ mild bleibt.
Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler davor, dass die Stabilität dieser Zirkulation durch den Klimawandel gefährdet ist: Die Erwärmung des Ozeans sowie die der Zustrom von Süßwasser durch die Eisschmelze stören das Wärme- und Salzgleichgewicht. Das könnte die Strömungen verlangsamen oder gar zum Erliegen bringen. Ob und wann es soweit kommt, ist allerdings unklar.
Anpassen? „Keine Option“
Die Forscher aus dem offenen Brief fordern die Minister auf, sich verstärkt für globale Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen einzusetzen: „Es ist keine Option, sich an eine solch schwerwiegende Klimakatastrophe anzupassen.“ Es sei möglich, dass der Kipppunkt innerhalb der nächsten Jahrzehnte erreicht werde, erklärte der dänische Wissenschaftler Peter Ditlevsen, Mitunterzeichner des Briefes.
Ein Zusammenbruch der Meeresströmung könnte zu einer Abkühlung der Nordhalbkugel, einem Anstieg des Meeresspiegels im Atlantik, weniger Niederschlägen in Europa und Nordamerika sowie zu Verschiebungen von Monsunen in Südamerika und Afrika führen, so der britische Wetterdienst Met Office.
Laut dem Internationalen Währungsfonds erreichten die globalen Subventionen für fossile Brennstoffe im Jahr 2022 ein Rekordhoch von 7 Billionen US-Dollar. Diese Subventionen zeigten, dass es noch keinen glaubwürdigen Ansatz zur Verhinderung einer solchen Klimakatastrophe gebe, so der Klimaforscher Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Neben Rahmstorf haben noch weitere namhafte Klimaforscher wie der US-Wissenschaftler Michael Mann den Brief unterzeichnet, genauso wie der Schweizer Klimaphysiker Thomas Stocker oder Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Institut des Klimafolgenforschung.
+++ Keine Klima-News mehr verpassen - abonnieren Sie unseren WhatsApp-Kanal +++