Nahost-Konflikt im Ticker - Amnesty erhebt schwere Vorwürfe gegen israelische Armee
Gaza-Krieg: Amnesty erhebt schwere Vorwürfe gegen israelische Armee
Donnerstag, 5. September, 7.08 Uhr: Amnesty International wirft dem israelischen Militär vor, nach Erlangung der Kontrolle im östlichen Gazastreifen systematisch landwirtschaftliche Flächen und Tausender Häuser in diesem Gebiet zerstört zu haben. Dieses Vorgehen, eine „Pufferzone„ entlang der östlichen Abgrenzung des besetzten Gazastreifens erheblich auszuweiten, müsse als Kriegsverbrechen untersucht werden, fordert die Menschenrechtsorganisation. Eigene Recherchen zeigten, dass es sich dabei möglicherweise um die Kriegsverbrechen der mutwilligen Zerstörung und Kollektivbestrafung handele.
Mit Bulldozern und Sprengsätzen habe das israelische Militär rechtswidrig landwirtschaftliche Flächen und zivile Gebäude zerstört sowie ganze Stadtviertel mit Häusern, Schulen und Moscheen dem Erdboden gleichgemacht, hieß es in der Mitteilung weiter. Die Häuser seien nicht im Zuge von Kampfhandlungen zerstört worden, sondern nachdem das Militär die Kontrolle über das Gebiet erlangt habe.
Durch die Analyse von Satellitenbildern und Videos, die von israelischen Streitkräften zwischen Oktober 2023 und Mai 2024 in sozialen Medien gepostet worden seien, habe Amnesty entlang der östlichen Abgrenzung des Gazastreifens einen neu zerstörten Landstrich identifiziert, der zwischen einem und 1,8 Kilometer breit sei, so die Menschenrechtsorganisation.
Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, sagte: “Die systematische Verwüstung, die das israelische Militär im Gazastreifen anrichtet, ist ein Akt der mutwilligen Zerstörung und nicht durch militärische Notwendigkeiten zu rechtfertigen. (...). Mutwillige Zerstörung und Kollektivbestrafung sind Kriegsverbrechen und müssen als solche untersucht werden.“
Das israelische Militär rechtfertigt den Abriss von Gebäuden im Gazastreifen unter anderem damit, dadurch Tunnel und andere terroristische Infrastruktur zu zerstören.
Israels Verteidigungsminister fordert „ganze Stärke“ des Militärs im Westjordanland
19.25 Uhr: Das israelische Militär muss bei der Bekämpfung bewaffneter palästinensischer Gruppen im Westjordanland aus Sicht von Israels Verteidigungsminister Joav Gallant seine „ganze Stärke“ einsetzen. „Angesichts des Wiederaufflammens des Terrorismus müssen wir die Terrororganisationen in ganz Judäa und Samaria ausrotten“, erklärte Gallant am Mittwoch vor Militärvertretern, wobei er die israelische Bezeichnung für das Westjordanland benutzte.
Die „Terrororganisationen“ müssten „ausgelöscht“ werden, es gebe keine andere Option, sagte Gallant und betonte, dafür müsse die „ganze Stärke“ eingesetzt werden. „Im Wesentlichen mähen wir den Rasen, aber es wird die Zeit kommen, in der wir auch die Wurzeln ausreißen“, führte er aus.
Weiter erklärte Gallant, er habe das Militär angewiesen, Luftangriffe „wo immer nötig“ zu fliegen, um „eine Gefährdung der Soldaten zu vermeiden“.
US-Justiz geht gegen Sinwar und weitere Hamas-Anführer vor
Mittwoch, 04. September, 02.02 Uhr: Die US-Justiz hat Anklage gegen mehrere Anführer der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas erhoben. Wie aus der am Dienstag nach monatelanger Geheimhaltung freigegebenen Klageschrift hervorgeht, reichte das US-Justizministerium bereits Anfang Februar Anklage gegen den derzeitigen Hamas-Chef Jahja Sinwar, seinen mittlerweile getöteten Vorgänger Ismail Hanija und vier weitere Beschuldigte ein. Das Justizministerium in Washington wirft ihnen unter anderem „Verschwörung zur materiellen Unterstützung von Terrorakten mit Todesfolge“ sowie sechs weitere Anklagepunkte vor.
Die Klageschrift enthält zudem einen Haftbefehl gegen alle sechs Beschuldigten. US-Justizminister Merrick Garland erklärte in einer am Dienstag verbreiteten Videobotschaft, Die Anklage richte sich gegen Sinwar und „weitere hochrangige Hamas-Funktionäre“, weil diese die „über Jahrzehnte hinweg massenhafte Gewalt und Terror“ geplant hätten - einschließlich des Großangriffs auf Israel am 7. Oktober des vergangenen Jahres.
„Bei ihren Angriffen in den vergangenen drei Jahrzehnten hat die Hamas Tausende von Zivilisten ermordet und verletzt, darunter Dutzende von US-Bürgern“, fügte Garland an. Die nun veröffentlichte Anklage sei „nur ein Teil unserer Bemühungen, jeden Aspekt der Aktivitäten der Hamas ins Visier zu nehmen“, ergänzte der US-Justizminister. „Diese Maßnahmen werden nicht unsere letzten sein.“
US-Regierung sieht Hoffnung auf Geisel-Deal und widerspricht Netanjahu
20.20 Uhr: Die US-Regierung sieht noch Hoffnung auf einen Deal zur Freilassung von Geiseln aus den Händen der Hamas und widerspricht in der Debatte einmal mehr dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu. Eine Einigung sei möglich, „wir glauben, dass wir nahe genug dran sind, dass die Lücken eng genug sind, dass es geschehen könnte“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. US-Präsident Joe Biden sei persönlich eingebunden in die Bemühungen.
Mit Blick auf Bidens jüngste Kritik, dass sich Netanjahu nicht ausreichend für einen Deal einsetze, sagte Kirby: Um eine Vereinbarung zu erreichen, erfordere es Kompromissbereitschaft und Führungskraft von allen. „Dabei möchte ich es belassen.“
Schon 161.000 Kinder im Gazastreifen gegen Polio geimpft
Dienstag, 03. September, 11.58 Uhr: In den ersten beiden Tagen der Polio-Impfkampagne im Gazastreifen sind bereits mehr als 161.000 Kinder unter zehn Jahren geimpft worden. Das übertrifft die Gesamtzahl, die die Behörden in der zentralen Zone des Gebiets erreichen wollten, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie hatten mit 156.000 gerechnet.
Dass sich dort mehr Kinder aufhielten als gedacht, liege an den ständigen Vertreibungen. Zehntausende Menschen müssen ihre Zufluchtsstätten immer wieder verlassen, wenn Israel dort Ziele der Terrororganisation Hamas ins Visier nimmt und Bewohner auffordert, sich in Sicherheit zu bringen. Deshalb sei es auch schwierig, sicher zu sein, dass wirklich alle Kinder erreicht worden sind. Die ursprünglich dreitägige Kampagne, die am Sonntag begann, werde deshalb aller Voraussicht nach um einen Tag verlängert, so die WHO.
Anschließend gehen die Impfteams in den Süden des Gazastreifens. Dort sollen 340.000 Kinder geimpft werden. Im Norden geht es danach um weitere 150.000 Kinder. In vier Wochen brauchen alle Geimpfte eine zweite Dosis.
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