Bayerischer FDP-Politiker schreibt Brandbrief an Lindner – „Die Partei-Vasallen haben Angst“

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Finanzminister Christian Lindner (FDP, m) gemeinsam mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD, l) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). © Emmanuele Contini/imago-images

Ein Brandbrief gegen die Ampel-Koalition befeuert den Streit in der FDP. Mit markigen Worten verlangt der bayerische Ex-Abgeordnete Albert Duin: Raus da.

München/Berlin – Von Zeit zu Zeit hat Albert Duin unbändige Lust, einen riesigen Böller in seine FDP zu werfen. Und tut das dann auch. Es kann auf dem Landesparteitag sein, so wie im November, als der Münchner ohne jede Vorwarnung aufstand, als Parteichef kandidierte und nur relativ knapp unterlag. Oder jetzt wieder am Wochenende, als er einen Brandbrief an Christian Lindner schickte, in dem er einen sofortigen Ampel-Ausstieg fordert und mit der Parteispitze abrechnet.

Bayerischer FDP-Politiker Duin schreibt Brandbrief an Lindner – Raus aus dem Ampel-„Irrsinn“

Duins Böller erzeugen, wie das bei Feuerwerkskörpern so ist, viel Lärm bei wenig Sprengkraft. Oder ist das diesmal anders? Der Brief an Lindner, den FDP-Vorsitzenden und Bundesfinanzminister, kommt zu einem sensiblen Zeitpunkt. Voraussichtlich am Montag soll die Online-Befragung der 76 000 Mitglieder (falls per Mail erreichbar) über einen Ausstieg der FDP aus der Bundesregierung starten, von 598 verärgerten Mitgliedern unter Führung eines Kommunalpolitikers aus Kassel erzwungen. Zwei Wochen wird abgestimmt, schlicht mit Ja oder Nein. Während Lindner und seine komplette Parteiführung um Ruhe und Vernunft bitten (was aus ihrer Sicht heißt: in der Ampel bleiben), heizt Duin die Emotionen an.

Und wie. Er schimpft auf „Irrsinn“ in der Ampel, nennt das Akw-Aus, die Migrationspolitik, die jüngsten Steuererhöhungen beim CO2-Preis und für Gaststätten. „All die einzelnen absoluten unsinnigen Entscheidungen aufzuzählen, macht einen nur wütend und immer unzufriedener“, schreibt er, und: „Die Bürger sind nicht so blöd, wie manche Politiker es glauben.“ Die eigene Regierungsmannschaft würdigt er als „die vielen Partei-Vasallen, die Angst um ihre Posten haben, und die, die mittlerweile sehr stark ins links-grüne Lager abgedriftet sind“ – also dort, wo Stimmen der „in unerträglicher urbaner Arroganz wohlstandsverwahrlosten Städter“ zu holen sind. Duins Fazit: Raus aus der Ampel, schnell. Er ruft die Mitglieder dazu auf, für ein Ende der Koalition zu stimmen.

Die bayerischen FDP-Politiker Martin Hagen (l.) und Albert Duin auf dem Münchner Frühlingsfest im Jahr 2022.
Die bayerischen FDP-Politiker Martin Hagen (l.) und Albert Duin auf dem Münchner Frühlingsfest im Jahr 2022. © STL/imago-images

Streit um Ampel-Austritt in der FDP – Hagen für Verbleib

Duin, Unternehmer und 70, muss in der Partei keine Rücksichten mehr nehmen, und Frust dürfte auch da sein seit dem FDP-Rauswurf aus dem Landtag im Oktober. Ähnlich, wenn auch im Stil anders, ist es bei Ex-Minister Wolfgang Heubisch, der seit Wochen schon für einen Ampel-Ausstieg wirbt. Gegen das Votum der Landesspitze übrigens, die aus Martin Hagen und der Berliner Staatssekretärin Katja Hessel besteht. Hagen will explizit gegen den Ausstieg stimmen. „Die Politik der Bundesregierung muss besser werden, das geht nur mit der FDP“, wirbt er.

Duin sagt auf Nachfrage, er habe „eine große Gruppe“ an Ampel-Gegnern um sich, er rechne mit einem knappen Ausgang. Die Bundesparteispitze mache „von oben“ massiv Stimmung. Tatsächlich ist seriös kaum abzuschätzen, wie das Votum ausgehen wird. Lindners Leute in und um die Hauptstadt stehen vergleichsweise geschlossen. Selbst Parteirebell Wolfgang Kubicki plädiert für den Verbleib, bekräftigte das am Wochenende wieder.

FDP vor Ampel-Abstimmung – Lindner zeigt sich gelassen

Lindner hat sich bisher nicht auf den Umgang mit dem Votum festgelegt. Formal ist es nicht bindend, politisch hat es aber gewiss hohe Signalwirkung in beide Richtungen. Die Befragung stresse ihn nicht, sagte der Parteichef am Wochenende in einem RND-Interview. „Denn es ist eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die FDP die Richtung der Regierung mitprägt.“ Werde ein Eintritt der Union in eine SPD-geführte Große Koalition oder ein Weitermachen von SPD und Grünen als Minderheitsregierung sei für das Land besser.

Lindner stellt sich auch gegen die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz, Kanzler Olaf Scholz (SPD) müsse die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Lindner hält die Kanzler-Mehrheit jederzeit für ungefährdet. Merz’ Forderung gehöre „zum üblichen oppositionellen Bodenturnen“. (Christian Deutschländer)

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