FOCUS-Briefing von Thomas Tuma - Warum Trump der Ukraine in drei Tagen gefährlicher wurde als Putin in drei Jahren

Da stehen wir jetzt. Und wir stehen da nicht sehr sicher, seit Trump in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch mal wieder so richtig ablederte. In seinem Kitsch-Palazzo Mar-a-Lago in Florida wetterte er, die Ukraine sei ja selber schuld an dem nunmehr drei Jahre andauernden Krieg, bei dem mittlerweile Millionen umgekommen seien. „Ihr hättet ihn niemals beginnen dürfen. Ihr hättet einen Deal eingehen können.“ 

An Trumps Aussagen war nun wirklich faktisch alles falsch außer die Zahl der Kriegsjahre

Gestern legte er noch nach: Präsident Wolodymyr Selenskyi sei ein „Diktator“, der nur noch von vier Prozent seiner Ukrainer unterstützt werde. Er solle sich „beeilen, sonst bleibe nichts mehr von seinem Land übrig“. Was er damit genau meinte, blieb unklar, aber klar scheint: An Trumps Aussagen war nun wirklich faktisch alles falsch außer die Zahl der Kriegsjahre. Die Frage ist nur: Warum tut er das?

Hat Selenskyi recht, der den US-Präsidenten in einer Blase russischer Lügen wähnt? Wurden vielleicht von Elon Musk schon alle Geheimdienstleute rausgeschmissen, die Trump das mit dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg seit 24. Februar 2022 noch mal erklären könnten? Oder lügt er mit voller Absicht? Vielleicht um immer mal wieder auszuloten, wie weit er gehen kann?

Der Mann gefährdet die Ukraine

Sie erlauben, dass ich hier weiter jene Meinungsfreiheit nutze, die ja auch er dauernd zu verteidigen vorgibt? Der Mann gefährdet die Ukraine in wenigen Tagen mehr, als Putin das in drei Jahren geschafft hat. 

Trumps Popularität ruht dabei bislang ziemlich zuverlässig auf fünf Säulen: Er macht irre Angebote, stellt hanebüchene Forderungen, spricht Beschimpfungen aus, verbreitet Phantastereien und testet Fakenews auf ihre Breitenwirkung. In dieser Reihenfolge hat man das auch seit seiner neuerlichen Amtsübernahme schon gut erleben können.

Dänemark bot er an, Grönland zu kaufen. Panama drohte er mit Einmarsch, wenn die dortige Regierung ihm nicht ihren Kanal übergebe. Kanadas Noch-Premier Justin Trudeau belächelte er als Flachpfeife, schlug aber vor, sein Land als 51. Bundesstaat der USA einzugemeinden. Ach ja, und dann überraschte er die Weltgemeinschaft ja noch mit der Idee, den Gaza-Streifen in die „Riviera“ des Nahen Ostens zu verwandeln.

Zumindest innenpolitisch hatten Trumps Lügen noch einen gewissen Unterhaltungswert. Etwa als er im Wahlkampf behauptete, dass sich Migranten im Bundesstaat Ohio von Hauskatzen und -hunden ihrer Nachbarn ernähren würden. Da haben wir noch gelacht. 

Aber nun ist er halt wieder der mächtigste Regierungschef der Welt. Und da hat es dann doch einen anderen Impact, wenn er die geschundene Ukraine dazu missbraucht, sein verbales Daumenschrauben-Programm von vergifteten Angeboten bis zu blanken Lügen auszutesten.

Chance für Europa, finden Sie nicht?

Widersprechen Sie mir gern, aber da wird dieser US-Präsident sogar zu einer Chance für Europa, finden Sie nicht? Wohl selten zuvor bestand so viel Einigkeit. Zumindest in der Frage, ob der 78-Jährige noch alle Latten am Zaun hat. Vom SPD-Kanzler bis zum CDU-Herausforderer und vom Nato-Generalsekretär bis zur grünen Noch-Außenministerin widersprechen ihm jetzt alle empört. 

Dieses Momentum könnte doch nicht nur der europäischen Gemeinschaft helfen auf der Suche nach einem neuen Selbstvertrauen. Wäre doch gelacht, wenn man mit unserer pragmatischen Art jetzt nicht auch entnervte High Potentials aus New York oder dem Silicon Valley als Fachkräfte ins Land locken könnte. Nicht kleckern, sondern klotzen. MEGA: Make Empathie great again!

Nur: Was macht Deutschland, während die Welt zusammenbricht? Hat grade keine Regierung. Und die eine Hälfte des Wahlvolks leidet ab heute unter den Streiks im öffentlichen Dienst, der acht (!) Prozent mehr Gehalt will. Die andere Hälfte hat Grippe. 

Es bleibt also schwierig. Aber ab Montag kann der Aufbruch beginnen, oder?