Lawinenwarndienst-Tagung im Ostallgäu: „Wetterphänomene werden krasser“
Der vergangene Winter war warm und nass, lautete das Resümee bei der Lawinenwarndienst-Tagung der Ostallgäuer und Oberallgäuer Lawinenkommissionen in Nesselwang. Auch eine neue Web-App wurde vorgestellt.
Nesselwang – Vergangene Woche führte das Landratsamt Ostallgäu die jährliche Lawinenwarndienst-Tagung in Zusammenarbeit mit der Lawinenwarnzentrale des Bayerischen Landesamtes für Umwelt durch. Die ehrenamtlichen Mitglieder der Lawinenkommissionen Ostallgäu und Oberallgäu sowie Betreuer der Schneemessfelder und Schneebeobachter hatten dabei diesmal in Nesselwang die Chance, sich über Erfahrungen und Aktuelles auszutauschen.
Christian Rieger vom Sachgebiet Sicherheit und Ordnung des Landratsamtes Ostallgäu eröffnete die Tagung mit einer Begrüßung aller Anwesenden. Darunter Hans Möst, Zweiter Bürgermeister der Marktgemeinde Nesselwang, der den Lawinenwarndienst für eine wichtige Einrichtung hält: „Das ist dem geschuldet, dass immer mehr Leute in die Berge gehen.“ Außerdem gebe es oft Schneeverfrachtungen an Stellen, mit denen man nicht unbedingt rechnet, erklärte Möst.
Bericht der letzten Wintersaison bei der Lawinenwarndienst-Tagung in Nesselwang
Der Bericht der letzten Wintersaison fiel „kurz wie der Winter“ aus, leitete Christoph Hummel, Lawinenwarner bei der Lawinenwarnzentrale des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, seinen Vortrag ein. Insgesamt sei es ein schwacher Winter gewesen. Zumindest in tiefen Lagen und mittleren Lagen, betonte Hummel – mit Ausnahme der rekordverdächtigen Schneemengen Anfang Dezember.
Niederschlag kam häufiger als Regen herunter, und Schnee sei oft sehr schnell wieder geschmolzen. Es war also ein „warmer, nasser Winter“, resümierte Hummel. Durch die milden Temperaturen kam es häufig zu Gleitschnee- und Nassschneesituationen. In den Hochlagen dagegen – also oberhalb von 2000 Metern – war es ein schneereicher Winter.

„In Zeiten des Klimawandels werden die Wetterphänomene immer krasser“, erläuterte Lawinenwarner Hummel. Bayernweit habe es in der vergangenen Wintersaison zehn Lawinenunfälle mit einem tödlichen Ausgang im Oberallgäu gegeben. Im Allgäu war dies der erste tödliche Lawinenunfall seit fünf Jahren.
Obwohl „die Zahl der Skitourengeher und Wintersportler in den letzten Jahren immens anstieg“, können im langjährigen Trend gleichbleibend viele Unfälle festgestellt werden. So könne von einem Rückgang des Risikos gesprochen werden, erklärte Hummel auf Nachfrage unserer Redaktion.
Lawinenwarndienst Bayern auf Social Media
Um Informationen möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, werde der Lawinenwarndienst Bayern ab dieser Wintersaison auch auf Facebook und Instagram vertreten sein, so Hummel. Dort gibt es künftig regelmäßig regionale Wochenberichte, Eilmeldungen und Informationen zu aktuellen Neuigkeiten – ähnlich wie dies auch von anderen Warndiensten gehandhabt wird. Die Darstellung des Lawinenlageberichts wird für den nächsten Winter gemeinsam mit den österreichischen Lawinenwarndiensten auf eine neue Darstellung umgestellt.
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Web-App „SNOBS“ für Schneeinformationen
Besonders die Web-App „SNOBS“ (kurz für Snow Observations) hob Hummel hervor. Die schon seit zwei Jahren in Österreich verwendete App wird ab dieser Wintersaison auch von Bayerischer Seite beworben und in der Lawinenwarnzentrale verwendet. Egal ob Skitourengeher oder Freerider – jeder Skifahrer könne dort weltweit Schneeinformationen eingeben.
Jeder Anwender kann so der Community Beobachtungen aus dem Gelände wie beispielsweise Fotos oder Schneedeckentestergebnisse mitteilen. Im letzten Jahr wurden dort bereits 531 Beobachtungen zur Schneedecke und zu Lawinenereignissen im Bayerischen und österreichischen Alpenraum mitgeteilt. Vor allem durch die vielen Meldungen von Lawinenereignissen sei die App jetzt schon ein „großer Mehrwert“, freute sich Hummel. „Wenn die deutschen Wintersportler hier aktiv mitmachen, dann wird sich die Informationslage in vielen Regionen verbessern“, fügte er hinzu.
So findet immer mehr Vereinheitlichung der in der Lawinenwarnung verwendeten Programme statt. Eine intensivere grenzübergreifende Zusammenarbeit – angestoßen von der EAWS (Zusammenschluss der europäischen Lawinenwarndienste) – sei ebenso erfreulich.
Verabschiedung von Rudolf Mitzdorf aus der Lawinenkommission Schwangau
Im Allgäu gibt es 13 Lawinenkommissionen, in denen ca. 135 Ehrenamtliche tätig sind. Diese überwachen die Lawinengefährdung für öffentliche Infrastruktur wie Straßen, Skipisten und Wanderwege. Zusätzlich zu den betreuten Schneemessfelder auf dem Breitenberg und auf dem Tegelberg im Ostallgäu, befindet sich eine automatische Messstation auf dem Tegelberg.

In einer der drei Lawinenkommissionen des Ostallgäus war auch Rudolf Mitzdorf ehrenamtlich tätig. Nun wurde er nach 44 Jahren bei der Schwangauer Lawinenkommission von Christian Rieger im Namen des Landkreises in den Ruhestand verabschiedet. „Allen Respekt“ und eine Runde Applaus gab es für den langjährigen ehrenamtlichen Einsatz.
Zum Schluss sprach Christian Rieger seinen Dank an alle Kommissionen aus. Denn es sei ein gefährdeter Bereich, bei dem sich die Ehrenamtlichen Gefahren aussetzten. Ein Dank ging auch an die Polizei für die Zusammenarbeit und an die Regierung für die Unterstützung im rechtlichen Bereich.
Zum Schluss wünschte er, dass alle ehrenamtlichen Kommissionsmitglieder „gesund von den Einsätzen“ zurückkommen und hoffte auf viel Schnee, denn „die Bergbahnen hätten es dringend nötig“. Bei einem gemeinsamen Abendessen wurde den ehrenamtlichen Mitgliedern der Lawinenkommissionen sowie den Betreuern der Mess- und Beobachtungsstationen für ihre Tätigkeit gedankt.
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