Der große Schnee vom Wochenende hat die Bahn schwer getroffen. Auch an Tag fünf rollten gerade auf der S 4 keine Züge - doch es besteht Hoffnung.
Fürstenfeldbruck/Grafrath – Auch an Tag fünf nach dem großen Schneefall herrschten bei der S 4 und der S 8 noch immer Stillstand. Wie die Bahn auf Nachfrage mitteilt, haben umgestürzte Bäume bei Grafrath mehrere Masten der Oberleitung umknicken lassen. „Hier dauern die entsprechend notwendigen Vorbereitungen für die Wiederaufnahme des Betriebs sowie die Reparatur der Oberleitungen daher länger als beispielsweise im Falle der S 3, auf der keine so große Schäden zu verzeichnen waren“, erklärt ein Bahnsprecher.
Vielleicht ein Gleis?
Wann die Reparaturen beendet sind, darauf wollte sich der Sprecher nicht festlegen. Als erster Schritt war am Mittwoch geplant, zumindest eines der beiden Gleise bis Donnerstag frei zu geben. Das zweite soll dann im Lauf der Woche folgen. Ein Pendelverkehr – etwa ab Puchheim stadteinwärts – ist laut dem Sprecher nicht möglich. Wegen der Arbeiten musste der Strom in der Oberleitung abgeschaltet werden. Bereits am Sonntag hatte die Feuerwehr Grafrath nach Einsätzen an der S4 keine besonders optimistische Prognose abgegeben. Die Schäden an Bahnstrecke sind nach dem Schneebruch gravierend.
Auf der S 8 schaffte es die Bahn gegen Mittwochnachmittag, den Verkehr ab Germering in Richtung München wieder aufzunehmen. Zwischen Germering und Herrsching fuhren als Ersatz Taxis. Die Taktverstärker entfallen auf allen Linien bis einschließlich Freitag.
Die Schnee-Engel von der S4
Einen Schnee-Engel im ganzen Winterchaos hat die Familie von Klaus Enders getroffen. Ein Ehepaar aus Fürstenfeldbruck half Enders Frau, den Töchtern und der Enkelin in der Not. Nun will sich der Fürstenfeldbrucker bei der unbekannten Frau und ihrem Mann bedanken.
Die 80-jährige Silke Enders war mit ihren beiden Töchtern und der Enkelin am Freitag mit der S-Bahn nach München gefahren. Dort war das Quartett im Theater, die Karten hatte Silke Enders zu ihrem runden Geburtstag bekommen, wie ihr Mann gegenüber dem Tagblatt erzählt. „Als sie nach München reingefahren sind, ging alles noch“, sagt Enders. Der Schnee hatte noch nicht allzu viel Chaos angerichtet.
Doch auf dem Heimweg war für die vier Frauen in Puchheim Schluss. „Der S-Bahn-Fahrer sagte in einer Durchsage, dass die Strecke gesperrt ist, weil Bäume auf den Gleisen liegen“, berichtet Silke Enders.
Wie kommen sie nun weiter? Am Bahnhof in Puchheim waren alle Taxis ausgebucht, sagt Klaus Enders. „Meine Frau und die Töchter haben erfolglos herumtelefoniert, wer sie abholen kann.“ Dem ebenfalls 80-Jährigen wollte sie die Fahrt nicht zumuten. Nach einer Dreiviertelstunde trafen sie eine Frau, die von ihrem Mann in Puchheim abgeholt wurde.
„Sie fragte meine Frau, ob sie auch nach Fürstenfeldbruck müssen“, berichtet der Brucker. Und so nahm das Ehepaar das Quartett und eine weitere S-Bahnfahrerin mit und setzten sie am Bahnhof in Fürstenfeldbruck beim geparkten Auto ab.
„Das war eine super Tat“, sagt Enders. „Wir möchten uns auf diesem Weg bei der Frau bedanken. Wir wissen leider nur nicht, wie sie heißt und wo sie wohnt.“ lif
Auswirkungen auf Pflegeheim
Massive Auswirkungen hat der Wintereinbruch vom Wochenende auf diejenigen, die ohnehin schon in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. So harren viele Bewohner der Seniorenresidenz Curanum in Germering seit dem Wochenende im Haus aus. „Wir raten ihnen, drin zu bleiben“, sagt Einrichtungsleiterin Gabriele Stark. Es gebe aber einen Bereich im Freien, der geräumt und gestreut sei. Die meisten Bewohner gingen gelassen mit der Situation um.
Mitarbeiter gründen Fahrgemeinschaften
Die Mitarbeiter der Einrichtung müssen allerdings großes Improvisationstalent an den Tag legen. Viele kommen mit der S-Bahn, erklärt Gabriele Stark. In Germering ist das die Linie S 8. Die fuhr am Mittwochmorgen allerdings immer noch nicht. „Einige Mitarbeiter haben Fahrgemeinschaften gegründet. Einer komme jetzt sogar mit Langlaufski zur Arbeit. Wegen des S-Bahn-Ausfalls musste Stark auch die Dienstpläne umstellen. Die Leiterin nimmt es aber insgesamt recht gelassen. „Es ist einfach eine besondere Situation“, sagt sie. Man habe aber ein gutes Team mit einem tollen Zusammenhalt. So sei die Lage zu bewältigen.
Während die Bewohner von Seniorenheimen die Lage aussitzen können, müssen viele andere aber raus. Und gerade auf vielen Fußwegen ist es noch immer spiegelglatt. Das merkt man weiterhin in der Notaufnahme der Klinik. Weil immer wieder Menschen stürzen, müssen immer wieder Brüche behandelt werden – vor allem an Beinen, Oberschenkel oder Handgelenk, wie eine Sprecherin berichtet. Betroffen seien alle Altersklassen.
Der Ausfall der S-Bahn – in diesem Fall der S 4 – mache die Arbeit in der Klinik nicht einfacher. Einige der Mitarbeiter kämen regelmäßig mit dem Zug zur Arbeit. Insgesamt komme man aber noch gut mit der Situation zurecht, so die Sprecherin.
Betrieb bei Coca Cola gestört
Komplett eingestellt werden musste der Betrieb hingegen im Coca-Cola-Werk in Fürstenfeldbruck. Eigentlich war geplant, die Produktion in der Nacht auf Montag aufzunehmen, teilt ein Sprecher des Konzerns mit. Wegen unsicherer Arbeitswege und Schneemassen im Hof konnte der Betrieb aber erst am Dienstagvormittag wieder anlaufen. Auch am Mittwoch hatte sich die Lage im Werk noch nicht normalisiert – einige Mitarbeiter kommen auch dort mit der S 4.
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