„Wäldern“: Ein Film zum Gruseln

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Wo steckt Magda? Lehrerin Lara (Rosalie Thomass) ist auf der Suche nach ihrer verschwundenen Nichte. © Guido Engels/WDR

Die ARD hat sich wieder einmal an einem Mysterythriller versucht – und ist gescheitert. Der Zweiteiler „Wäldern“ ist überladen mit Klischees aus der Grabbelkiste der Kino- und Fernsehgeschichte. Eine Kritik.

Der Wald – Idyll, Wirtschaftsraum, aber auch unheimlicher Ort, schließlich heißt es ja im Volkslied: „Im Wald, da sind die Räuber“. Und hat der Wolf aus dem berühmten Märchen dem Rotkäppchen nicht auch im dunklen Tann aufgelauert? Was also liegt näher, als in einem solchen Setting einen „Mysterythriller“ spielen zu lassen. Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) und Drehbuchautor Till Franzen, der auch die Idee zu dem Stoff hatte, haben sich an einem solchen Film versucht und so ziemlich alles an Klischees hineingepackt, was sich in diesem Zusammenhang finden lässt.

Im Mittelpunkt des Zweiteilers mit dem schrägen Titel „Wäldern“, zu sehen heute und am Freitag im Ersten, steht die von Rosalie Thomass gespielte Musiklehrerin Lara Glanz, die in ihrer Freizeit seit Monaten auf der Suche nach ihrer bei einem Ausflug – natürlich im Wald – spurlos verschwundenen Nichte Magda ist. Die Polizei hat den Fall längst zu den Akten gelegt, Magdas Mutter Greta (Narges Rashidi) sitzt im Gefängnis, weil sie im Affekt den damals für die Jugendgruppe verantwortlichen Pfarrer (Mark Zak) später schwer verletzt hat – er sitzt seitdem im Rollstuhl.

Weil das allein für einen genretypischen Schauplatz samt passendem Personal nicht reicht, gibt es da noch einen autistischen Schüler (Laurids Schürmann), der mit seinem Vater in einer unverständlichen Sprache, was sonst, Bäume „bespricht“ und, wie Lara erfährt, früher auch schon einmal ein paar Tage wie vom Erdboden verschluckt war. Es gibt eine Heilpraktikerin (Sabine Vitua), die von uralten Sagen weiß, in denen von Menschenopfern die Rede ist. Und es gibt geheimnisvolle Zeichen an der Wand, die, wenn Lara sie berührt, bei ihr zu beunruhigenden Flashbacks führen.

Elemente wie diese gehen mit gutem Willen noch als notwendige Zutaten für einen solchen Film durch, doch die Macher belassen es nicht dabei, sondern überladen den Stoff mit allerlei groben Klötzen aus der Grabbelkiste der Film- und Fernsehgeschichte. Kaum eine Szene, die nicht in einem dunklen Haus, auf einem verstaubten Dachboden, in einem verlassenen Wohnwagen spielt. Darüber hinaus sieht man auch vielen Figuren ihren schlechten Charakter von Weitem an – Laras Direktorin (Tanja Schleiff) ist ein Drachen, der Mann von der Kripo (Ralf Drexler) vernichtet Beweise. Und damit nicht genug, taucht als Schocker für zwischendurch eine obskure Gnomin auf.

Wie viel feiner, rätselhafter hätte man das inszenieren können, doch Autor und Regisseur Till Franzen („Wolfsland“) holzt jede Fantasie seiner Zuschauerinnen und Zuschauer konsequent ab. Der gepflegte Grusel boomt im deutschen Fernsehen, doch Sender und Produzenten halten ihr Publikum wohl für komplett vernagelt, weswegen die Geschichten mit dem Holzhammer in die Köpfe getrieben werden müssen. So übertrieben parfümiert die Pilcher-Romanzen im deutschen Fernsehen, so abgeschmackt die modernen „Mysterythriller“. Dafür ist „Wäldern“ ein sprechendes Beispiel.

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