Vor der Hochschule Weihenstephan ragen drei gigantische Pflanzen in den Himmel. Sie sind aber nicht echt, was vielen Studierenden der „grünen Hochschule“ sauer aufstößt. Doch in diesem Fall schlägt Technik Natur.
Freising – Sie ist sieben Meter hoch, in Blau und Grün gehalten und mutet wie eine Mischung aus Antennen und Pflanzen an: Die Rede ist von der Skulpturengruppe „hello again“ des Münchner Künstlers Christian Wichmann. Sie hat die „Kunst am Bau“-Ausschreibung des Staatlichen Bauamts Freising gewonnen und ist seit Kurzem vor dem D1-Gebäude auf dem Campus Weihenstephan installiert. „Christian Wichmann bringt mit seinen Skulpturen die Kraft der Pflanzen zum Ausdruck, ein Ansinnen, das uns als grüne Hochschule ebenfalls sehr wichtig ist“, lobt Hochschulpräsident Dr. Eric Veuillet. Doch unter den Studierenden sorgt das Ensemble für Frust.
Kritisiert wird, dass an diesem Platz vor der „grünen Hochschule“, wie sich die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) selbst bezeichnet, keine echten Pflanzen wachsen, sondern welche aus Aluminium und Stahl. Auf Instagram, wo die Hochschule einen Beitrag zu dem Kunstwerk veröffentlicht hat, tun einige ihren Unmut kund: „Eine Stahl- und Aluminiumblech-,Blume‘ auf der versiegelten Fläche des Betonbaus der grünen Hochschule klingt wie Satire, ist es aber leider nicht“, schreibt etwa ein Nutzer, ein anderer meint: „Das ist eine Beleidigung gegen alle Studierenden an der Hochschule, die an einer umweltfreundlichen Zukunft arbeiten.“ Mehrfach sind Äußerungen wie „ein paar Bäume wären günstiger und sinnvoller gewesen“ zu lesen.
Echte Bäume nicht möglich
„Echte Bäume wären auch uns die liebste Option gewesen“, heißt es vonseiten der Hochschule auf Nachfrage. Jedoch dürften diese auf dem Platz aus technischen beziehungsweise baulichen Gründen nicht angepflanzt werden. Das sei eine „fixe Vorgabe, an die wir uns zu halten habe“ und habe „rein gar nichts mit unserer grünen Überzeugung und unserer DNA zu tun“. Was die Kritik der Studierenden angeht, betont die HSWT: „Wir reagieren mit der Bitte um Verständnis für Kunst und die vor dem D1 limitierenden baulichen Rahmenbedingungen und mit der Bitte, das Große und Ganze zu betrachten.“
Marcus Dörner, Sprecher des Staatlichen Bauamts Freising, erklärt: „Das Pflanzen von Bäumen stellte keine Alternative zum Wettbewerb ,Kunst am Bau‘ dar. Für den Freistaat Bayern ist Kunst am Bau ein integraler Bestandteil seiner Aufgaben als öffentlicher Bauherr und ein wesentliches Element der Baukultur. Je nach Zweck und Bedeutung einer staatlichen Baumaßnahme sind bis zu zwei Prozent laut der Richtlinien für die Durchführung von Hochbaumaßnahmen des Freistaats Bayern der Baukonstruktionskosten zweckgebunden für Aufträge an bildende Künstler vorzusehen.“
Pflanztröge als Option für mehr Grün
Unabhängig davon sei der Platz vor dem D1-Gebäude nicht geeignet für echte Bäume: Dafür bedürfe es bestimmter Voraussetzungen hinsichtlich Abstand zu den im Boden befindlichen Sparten. Diese seien nicht gegeben gewesen: „Im Bodenbereich vor dem Gebäude D1 befindet sich der Knoten an Versorgungsleitungen der Weihenstephan in alle Richtungen mit Strom, EDV, Wasser und Wärme versorgt“, so Dörner. Allerdings: Die Fußflächen der Skulpturen sollen im Frühjahr begrünt werden.
Die Studierenden monieren jedoch auch, dass sie nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen worden seien. Die Hochschule verweist auf die Frage nach der Entscheidungsfindung auf das Staatliche Bauamt Freising und die Rahmenbedingungen von „Kunst am Bau“. Marcus Dörner vom Bauamt sagt jedoch: „Die Hochschule ist als Bauherr beziehungsweise Nutzer Teil der Wettbewerbsjury.“
Dr. Charlotte Reitsam, ihres Zeichens Grünen-Stadträtin in Freising und selbst Landschaftsarchitektin, hätte dort auch lieber echte Pflanzen gesehen. Das sei speziell dort aufgrund der technischen Gegebenheiten aber nun mal nicht möglich. Die stählernen Pflanzen interpretiert sie folgendermaßen: „Diese Art von Kunst ist die richtige Antwort zu diesem technoiden Unterbau. Die satellitenähnlichen Pflanzen wachsen aus dem unterirdischen Kabelnetzwerk.“ Um das Arrangement noch mit etwas mehr lebendem Grün zu versehen, könne die Hochschule ja noch über Pflanztröge wie in der Innenstadt nachdenken.