Gefährliche Fettdepots - Was Ihre Körperform über Ihr Demenz-Risiko verrät
Immer mehr Menschen erkranken an neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, eine der häufigste Formen von Demenz. Allein in Deutschland sind über 1,8 Millionen Menschen davon betroffen. Da unsere Gesellschaft immer älter wird, gehen Experten davon aus, dass die Fallzahlen in Zukunft deutlich ansteigen.
Bei der Alzheimer-Erkrankung kommt es zu Eiweißablagerungen (Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen) im Gehirn, wodurch immer mehr Nervenzellen absterben. Die Ursache, was genau dazu führt, ist nach wie vor ungeklärt. Auch ein Heilmittel gibt es noch nicht – nur Medikamente, die den Verlauf verlangsamen. Neben dem Alter gelten laut Alzheimer Forschungsinitiative e.V. auch Bluthochdruck, Diabetes, Bewegungsmangel und Übergewicht als Risikofaktoren.
Studie untersucht Zusammenhänge zwischen Körperfett und neurodegenerativen Erkrankungen
Nun haben Forscher aus China den Faktor Übergewicht in Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer genauer beleuchtet. Dabei ging es ihnen nicht einfach nur ums Körpergewicht bzw. den Body-Mass-Index (Gewicht im Verhältnis zur Größe), sondern darum, wo genau sich die Fettdepots am Körper befinden.
„Diese neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson betreffen weltweit über 60 Millionen Menschen, und diese Zahl wird voraussichtlich mit der Alterung der Bevölkerung steigen. Daher ist es entscheidend, dass wir Wege finden, Risikofaktoren zu verändern, um einige vorbeugende Instrumente zu entwickeln“, begründete Studienautorin Huan Song von der chinesischen Sichuan-Universität diesen Forschungsansatz in einer Mitteilung.
Über 400.000 Probanden aus der britischen Biodatenbank
Für ihre Studie, die im Fachmagazin „Neurology“ veröffentlicht wurde, griffen Song und ihre Kollegen auf Daten von über 412.691 Probanden der britischen Biodatenbank zurück.
Sie waren zu Studienbeginn durchschnittlich 56 Jahre alt, mehr als die Hälfte von ihnen (55,1 Prozent) war weiblich. Zu Beginn der Studie hatten die Studienteilnehmer keine neurodegenerativen Erkrankungen. Die Forscher nahmen unter anderem ihre Daten zu Fett- und Muskelmasse im Körper auf. Außerdem maßen sie den Arm- und Bauchfettanteil.
Höhere Erkrankungsrate bei Menschen mit Bauchfett
Im Nachbeobachtungszeitraum von durchschnittlich 9,1 Jahren traten bei 8224 Probanden neurodegenerative Erkrankungen auf. Der Großteil entwickelte Alzheimer und andere Arten von Demenz, ein kleinerer Teil erkrankte an Parkinson. Ähnlich wie bei Alzheimer kommt es bei Parkinson auch zu Eiweißablagerungen im Gehirn, die zum Absterben der Nervenzellen führen.
Bei den männlichen Teilnehmern mit hohem Fettanteil im Bauchbereich konnten die Forscher feststellen, dass diese Erkrankungen mit einer Rate von
- 3,3 pro 1000 Personenjahre*
auftrat. Zum Vergleich: Bei den Männern ohne hohen Fettanteil am Bauch lag die Rate deutlich niedriger bei
- 1,82 Fällen pro 1000 Personenjahre.
Bei den weiblichen Teilnehmern lag die Rate bei hohem Fettanteil am Bauch bei
- 2,55 Fällen pro 1000 Personenjahre
und bei niedrigem Fettanteil bei
- 1,39 pro 1000 Personenjahre.
*Personenjahren bezieht sich auf die Summe der Jahre, die alle Studienteilnehmer insgesamt von den Wissenschaftlern untersucht wurden.
Menschen mit Armfett mehr gefährdet als Menschen ohne
Auch bei der Auswirkung von Fettdepots an den Armen kamen die Forscher zu deutlichen Ergebnissen. Probanden mit Armfett hatten eine
- um 18 Prozent
höhere Wahrscheinlichkeit, eine neurodegenerative Krankheit zu entwickeln.
Hohe Muskelkraft verringert das Risiko deutlich
Muskelmasse dagegen scheint ein Schutzfaktor gegen diese Erkrankungen zu sein. Wer über eine hohe Muskelmasse verfügt, hatte ein um
- 26 Prozent
geringeres Erkrankungsrisiko.
Reduktion von Bauch- und Armfett sowie Muskelaufbau schützen
Die Studie zeige also, dass die Veränderung der Körpers in Bezug auf Fett und Muskulatur das neurodegenerative Erkrankungsrisiko verringern kann. „Gezielte Eingriffe zur Reduzierung des Rumpf- und Armfetts bei gleichzeitiger Förderung eines gesunden Muskelaufbaus können zum Schutz vor diesen Krankheiten wirksamer sein als eine allgemeine Gewichtskontrolle“, erläutert Song weiter in der Mitteilung.
Auch beobachten die Forscher, dass bei vielen der Betroffenen im Vorfeld ihrer neurodegenerativen Erkrankungen Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftraten wie die Herzinsuffizienz und Schlaganfälle. „Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, diese Herz-Kreislauf-Erkrankungen sofort zu behandeln, um die Entwicklung von Alzheimer, Parkinson oder anderen degenerativen Erkrankungen zu verhindern oder zu verzögern“, betonte Song.