Macron-Meloni-Zwist: Streit spaltet Europa – Merz plötzlich mittendrin

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Friedrich Merz musste bei seinem Italien-Antrittsbesuch bei Giorgia Meloni vermitteln. Vor allem mit Frankreichs Emmanuel Macron gibt es Verstimmungen. © Michael Kappeler/dpa//Thomas Samson/dpa

Streit in Europa. Italien fühlt sich ausgeschlossen – besonders Meloni und Macron geraten aneinander. Merz ist mittendrin und vermittelt.

Rom – Die internationale Politik trifft sich einmal mehr in Rom. Zur Amtseinführung von Papst Leo XIV ist unter anderem auch Friedrich Merz in Italiens Hauptstadt gereist. Für Giorgia Meloni kommt der Termin gerade zur richtigen Zeit. In Italien ist man verstimmt – fühlt sich ausgeschlossen aus dem Kreis der führenden europäischen Staaten. Besonders mit Frankreich hakt es aktuell. Der Termin im Vatikan und ein Treffen mit Merz vorab bieten Meloni nun die Chance, wieder in den Mittelpunkt zu rücken.

In Italien wurde es als Tiefschlag wahrgenommen: Europas Spitzenvertreter waren zunächst nach Kiew gereist. Medienwirksam hatten sich Friedrich Merz, Keir Starmer, Donald Tusk und Emmanuel Macron inszeniert, mit Donald Trump telefoniert und versucht, einen Weg zum Ende des Ukraine-Kriegs zu finden. Italien? War nicht dabei. Und das, nachdem sich Giorgia Meloni auf dem Höhepunkt des internationalen Aufruhrs um die US-Zölle als Brückenbauerin für Europa sah.

Italien wegen Ukraine-Alleingang irritiert: „Signal der Spaltung“

In Tirana dann der nächste Tiefschlag für Italien. Diesmal war Meloni auch zum Treffen geladen. Doch als Macron, Starmer, Merz und Tusk sich mit Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj gemeinsam vor ein Telefon setzten, um erneut mit Donald Trump zu telefonieren, fehlte Italien erneut. Meloni war laut Repubblica „nur ein paar Meter entfernt“. Sie war zum medienwirksamen Telefon-Gipfel offenbar einfach nicht eingeladen.

In Italien nahm man das als Schmähung wahr. „Italien hat immer an den Treffen der Willigen, also von etwa dreißig Ländern, teilgenommen und seine Position gegen die Entsendung von Truppen in die Ukraine verteidigt“, kommentierte Giovanbattista Fazzolari, Unterstaatssekretär des italienischen Ratsvorsitzes, und sagte weiter: „Doch jetzt ist nicht klar, was dieses sogenannte eingeschränkte Format der Willigen für die Ukraine ist und welchen Nutzen es hat, abgesehen von einer gewissen erzwungenen Sichtbarkeit für einige.“ Mit dem Vorgehen sei „ein Signal der Spaltung im Westen gesendet (worden, der Red.), das in Wirklichkeit nicht existiert.“

Europa gespalten? Meloni reagiert – und erzürnt Macron, Merz mittendrin

Und auch Meloni reagierte. Die „auffallende Abwesenheit“ Italiens bei dem Tirana-Anruf in die Air Force 1 erklärte die Ministerpräsidentin damit, dass ihr Land derzeit keine Absicht habe, gegebenenfalls Truppen in die Ukraine für die Absicherung eines Friedensabkommen zu entsenden. „Es hätte für uns keinen Sinn, an Formaten teilzunehmen, die Ziele verfolgen, die wir erklärtermaßen nicht teilen.“ Doch damit verstimmte Meloni wiederum Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Dieser warf Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni die Verbreitung irreführender Informationen zu den Ukraine-Treffen vor. Man müsse verantwortungsvoll mit Informationen umgehen, sagte Macron. Es gebe schon genug Falschinformationen durch die Russen. Bei den besagten Treffen sei es darum gegangen, wie man zu einem Waffenstillstand und einem dauerhaften Frieden in der Ukraine kommen könne. Es habe keine Sekunde lang eine Diskussion über einen Truppeneinsatz oder Ähnliches gegeben. Für Italien die nächste Schmähung.

Diplomatischer Zank in Europa: Macron und Meloni im Zwist – Merz vermittelt

Meloni antwortete Macron am Samstag am Rande des Besuchs von Kanzler Friedrich Merz: „Lasst uns die Alleingänge aufgeben. Die Priorität besteht darin, den Westen vereint zu halten und jedem die Möglichkeit zu geben, seinen Standpunkt zu äußern“, sagte Italiens Ministerpräsidentin laut Repubblica. Ein deutlicher, wenn auch getarnter Seitenhieb.

Das Treffen mit Merz war für Meloni die ideale Gelegenheit, wieder auf der großen europäischen Bühne zu stehen. Und auch mit Deutschland gab es diplomatische Reibereien zu klären. In Rom hatte es Ärger über den deutschen Koalitionsvertrag gegeben. Laut Welt wollte Merz Italien im Koalitionsvertrag als wichtigen Partner und Mitglied einer erweiterten europäischen Achse explizit erwähnen. Wohl auf Wunsch der SPD verschwand dieser Teil in der finalen Fassung.

„Das ist eine antieuropäische Entscheidung der deutschen Sozialdemokraten“, sagte Italiens Außenminister Antonio Tajani von der konservativen Forza Italia, dem kleinen Partner in Melonis Dreier-Koalition. „Wenn sie versuchen, Europa zu spalten, das in diesem Moment eigentlich geeint werden müsste, dann machen sie einen sehr schweren Fehler.“  

Merz kommt für Meloni gerade zur rechten Zeit – Italien ein „unverzichtbarer Partner“

Diese Verstimmung konnten Merz und Meloni nun offenbar ausräumen. Merz dementierte jetzt den Bericht, dass Italien auf Drängen der SPD im Koalitionsvertrag nicht entsprechend erwähnt werde. „Die Nachrichten darüber sind alle falsch.“ Als „herzlich, operativ, konkret“ bezeichnete Meloni die Zusammenarbeit jetzt. Merz nannte Italien einen „unverzichtbaren strategischen Partner“. Das gilt auch in Sachen Ukraine-Verhandlungen. Merz am Samstag: „Wir waren uns einig, dass Italien hier eine Rolle spielen muss.“ Zudem stellte Merz klar: In der Runde der Hauptverhandler habe es „zu keinem Zeitpunkt irgendeine streitige Diskussion über die Rolle Italiens in der Europäischen Union“ gegeben. 

Was das genau bedeuten wird, sagte der Kanzler bei seinem Antrittsbesuch in Italien nicht. Er kündigte an, in den nächsten Tagen mit anderen europäischen Partnern Gespräche zu führen. „Wir dürfen uns in der Europäischen Union nicht auseinanderdividieren lassen. Es gibt auch nicht Mitglieder erster oder zweiter Klasse.“ Zudem stärkte Merz Meloni den Rücken in Sachen Migration. „Wir werden nicht mehr auf der Bremse stehen, wenn es jetzt um die Lösung der Probleme in der Europäischen Union geht“, sagte der neue Kanzler. (rjs/dpa)

Auch interessant

Kommentare