Wahlen in Russland: Warum Moskau sich keine längere Amtszeit Putins leisten kann

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

KommentareDrucken

Putin will weiter im Amt bleiben. Das würde verheerende Folgen für die russische Wirtschaft haben, sagen Experten. Denn der Präsident steht vor einem großen Scherbenhaufen.

Moskau – Wirtschaft spielt für die Russland-Wahl am 15. März eine große Rolle. „Für die meisten Russen, die den Krieg ignorieren wollen, ist die Wirtschaft wirklich das größte Thema“, sagte jüngst Janis Kluge, Experte für die russische Wirtschaft am Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit gegenüber Euronews. Deshalb versucht Wladimir Putin offenbar kurz vor der Präsidentenwahl die Wirtschaftslage als stabil und sicher darzustellen. Doch er täuscht sich damit selbst.

Vor Russland-Wahl: Putin will mit Wirtschaftsthemen glänzen

Schon bei der Rede zur Lage der Nation sprach Putin über die wirtschaftliche Lage im Kontext der Wahlen. In seiner Rede versprach der russische Präsident für die nächsten sechs Jahre soziale Wohltaten, die vor allem kinderreiche Familien in prekären Lagen unterstützen soll. Zudem versprach er als Maßnahmen zur Stützung der Familien höhere Steuerfreibeträge für Kinder und regionale Sozialprogramme vor, die aus dem föderalen Haushalt gestützt werden sollen.

Russlands Präsident Wladimir Putin gibt ein Interview
Bei der Präsidentschaftswahl in Russland spielt auch die Wirtschaft eine wichtige Rolle. Putin will deshalb auch mit Wirtschaftsthemen punkten. © Kremlin Pool/imago

Der Mindestlohn solle von 19.000 Rubel (190 Euro) im Monat bis 2030 auf 35.000 Rubel (350 Euro) steigen. Gegenüber fr.de hatte ein Experte bereits Zweifel an Putins Versprechen geäußert. Putin gehe es in erster Linie darum, Verständnis gegenüber Belangen der „normalen“ russischen Bevölkerung zu zeigen.

Putin verbreitet Optimismus über Russlands Wirtschaft – vor der Präsidentschaftswahl

Wichtig für die russische Bevölkerung ist laut Kluge vor allem die Inflation. Dass die Inflation schmerzt, ist allerdings nichts Neues. Die Zentralbank bemüht sich zwar, im Laufe des Jahres die Inflation auf vier Prozent zu dämpfen, doch davon ist sie derzeit noch weit entfernt. Russland kämpft aktuell mit einer Teuerung von 7,4 Prozent. (Stand Februar 2024).

Trotzdem hält Putin wohl gerne an der Vorstellung fest, dass die westlichen Sanktionspakete der russischen Wirtschaft wenig anhaben können und sich die Wirtschaft trotz Sanktionen erholt. Das russische Statistikamt hatte zudem Mitte Februar positive Zahlen veröffentlicht, die ein BIP-Wachstum von 3,6 Prozent im Jahr 2023 belegten. Doch der Präsident muss sich über die Folgen der Sanktionen im Klaren sein.

Wahl in Russland: Kann sich die Wirtschaft eine längere Amtszeit Putins leisten?

Bleibt Putin weitere sechs Jahre im Amt, dürfte er mit den gravierenden langfristigen Sanktionsfolgen konfrontiert werden. Die Unternehmen sehen sich mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert. Laut Euronews haben Hunderttausende Männer das Land nach Beginn der Kämpfe in der Ukraine verlassen haben, um der Mobilisierung zu entgehen. Weitere Hunderttausende hätten Militärverträge unterzeichnet.

Eine größere Sorge dürfte der Einbruch beim Öl- und Gasgeschäft bereiten, denn der Westen will weiter Druck auf Putins Öl- und Gashandel ausüben. Die USA haben im jüngsten Sanktionspaket Putins marode Geisterflotten auf die schwarze Liste gesetzt und wollen auch gegen Drittländer vorgehen, die die Russland-Sanktionen umgehen. Das hat nun zur Folge, dass unter anderem Indien als Russlands wichtigster Abnehmer für Öl aus Sorge der Sanktionen Russland den Rücken zukehren könnte.

Zudem hat Putin seit Beginn des Ukraine-Kriegs die Wirtschaft auf einen Modus der „Kriegswirtschaft“ umgestellt. Ökonomen sehen darin vor allem den Grund für einen kräftigen Schub der russischen Wirtschaft. Massive russische Militärausgaben und hohe Zahlungen an freiwillige Soldaten kurbeln die Wirtschaft an. Man könnte meinen, dass Anzeichen einer „überhitzten“ russischen Wirtschaft jedoch den Optimismus über einen maßgeblich positiven Zustand der Wirtschaft dämpfen.

Trotz wirtschaftliche Lage bleibt Russland vor der Wahl 2024 optimistisch

Russland bleibt dennoch offenbar hoffnungsvoll. So beschwichtigte Wirtschaftsprofessorin Natalia Subarewitsch bereits Sorgen vor einem „schnellen Zusammenbruch“: „Das wird es definitiv nicht sein.“ Auch die angestiegenen Lebensmittelpreise sind für einige Menschen verschmerzbar. Höhere Preise „beunruhigen mich natürlich – wie jeder Verbraucher sehe ich, wie sie steigen“, zitierte Euronews den russischen Passanten Fedotov, der im Bildungswesen arbeitet. „Das hängt mit den Zeiten zusammen, in denen wir leben und die vorübergehen werden.“

Für Putin dürfte die positive Auffassung über den wirtschaftlichen Zustand Russlands in die Karten spielt, wenn er als Kandidat erneut zur Präsidentschaftswahl antritt. Wirtschaftliche Stabilität „ist ein Signal, mit dem Putin gegenüber den Eliten zeigen kann, dass er noch in der Lage ist, die Massen zu mobilisieren.“ so Kluge. Jedoch „muss sie echt sein und nicht nur eine manipulierte Zahl.“ (Bohy)

Auch interessant

Kommentare