„Projekt Volkskanzler“ – FPÖ will mit neuer Kampagne ins Kanzleramt und Österreich massiv verändern
Obwohl Parteichef Kickl offen ankündigt, seine Politik mehr nach dem Vorbild Ungarns oder Russlands ausrichten zu wollen, liegt seine FPÖ in Umfragen vorne.
Wien – Im beginnenden Wahlkampf zu den im Herbst 2024 stattfindenden Nationalratswahlen in Österreich zeigt vor allem FPÖ-Chef Herbert Kickl Kanzlerambitionen. So verspricht er eine „totale Hinwendung zur eigenen Bevölkerung“. Gleichzeitig kündigt er an, als „Volkskanzler“ mehr nach dem Vorbild von Viktor Orbán oder Wladimir Putin regieren zu wollen. Das zeigt sich auch in seinen Visionen und Plänen für die Zukunft Österreichs.
Kickl fordert unter anderem Grenzkontrollen für Geflüchtete nach ungarischem Vorbild, und kritisiert immer wieder die Rechte von Minderheiten sowie das Sicherheitsbündnis Nato. In Bundesländern mit Regierungsbeteiligung der FPÖ sind bereits weitere Tendenzen zu sehen, in welche Richtung eine Kickl-geführte Regierung in Österreich gehen könnte. So hat Niederösterreich bereits ein Genderverbot für öffentliche Stellen und Ämter verhängt und angekündigt, nur noch Restaurants mit „traditionellem“ Speisenangebot zu fördern. Das berichten das Nachrichtenmagazin Spiegel und die österreichische Tageszeitung Standard in ihrem gemeinsamen Podcast „Inside Austria“.
Mit Masterplan zum „Volkskanzler“: Was die FPÖ und Herbert Kickl für Österreich planen
Um ihre politischen Ziele zu erreichen und Kickl in Österreich in Regierungsverantwortung zu bringen, hat die FPÖ laut Standard-Berichten nun einen „Masterplan“ ausgearbeitet, den sie „Projekt Volkskanzler“ nennt. Das Ziel des Plans, zitiert die Zeitung eine FPÖ-Quelle, sei „eine Bewegung über die Parteigrenzen hinaus“ in Gang zu setzen und ein Politikverständnis herbeizuführen, „wo die Bevölkerung an erster Stelle steht“. Dabei sieht die Partei das Vorhaben als ein „Langfristprojekt über den Wahltag hinaus“.
Konkret wolle die FPÖ vor dem Wahlkampfauftakt im kommenden Jahr vorerst in „Phase 1“ Funktionäre der Partei auf die Botschaften um den „Volkskanzler“ Kickl einstimmen. Parallel dazu laufen schon seit längerer Zeit sogenannte „Touren“, auf denen Kickl und andere FPÖ-Politiker durchs Land reisen und ihre Pläne und Ziele unter die Bevölkerung zu bringen. Laut Standard hauptsächlich nach dem Narrativ „Wir da unten gegen die da oben“.
Wahlumfragen in Österreich: Kickls FPÖ derzeit mit 30 Prozent stärkste Kraft
Dass dieser Plan zumindest zum Teil Früchte trägt, zeigen auch aktuelle Wahlumfragen. Nach denen ist die FPÖ bereits seit Ende 2022 stärkste Kraft in Österreich. Sie gewinnt auch weiter an Abstand vor allem zur konservativen ÖVP, die den aktuellen Bundeskanzler Karl Nehammer stellt. Laut Angaben des Portals PolitPro lag die FPÖ bei einer Umfrage des „Market“-Instituts im November inzwischen bei 30 Prozent, die großen österreichischen Volksparteien SPÖ und ÖVP mit jeweils 24 und 20 Prozent deutlich dahinter. Darauf folgen die liberale österreichische Partei Neos mit elf Prozent, die Grünen mit acht Prozent und die linke KPÖ mit zwei Prozent.
Während die von den Skandalen um Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz geschwächte ÖVP bereits mit neuen Problemen kämpft, nachdem ein kürzlich aufgetauchter Audiomitschnitt nahelegt, dass die Partei versucht habe, in mehreren Fällen juristische Entscheidungen zu beeinflussen, will vor allem die SPÖ auf einen Kurswechsel setzen. Ihr Plan: Wähler zurückzugewinnen, den Abstand zur FPÖ zu verringern und eine mögliche Kanzlerschaft Kickls zu verhindern.
So forderte Parteichef Andreas Babler Mitte November beim Parteitag in Graz einen Kampf gegen Kinderarmut, die Einführung von Vermögensteuern, eine Jobgarantie für Langzeitarbeitslose und bezahlbares Wohnen und gab an, eine österreichische Sozialdemokratie zu etablieren, die wieder „klare Kante“ zeigt. (saka mit dpa)