Kempten: Tschaikowskys furiose Lebensgeschichte auf die Bühne gebracht

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Die Ballettkompanie des Josef-Kajetán-Tyl-Theaters. © Jürgen Kus

Das bewegte und bewegende Leben des berühmten russischen Komponisten Peter Tschaikowsky mit den Mitteln des Tanztheaters nacherzählen, das war die Idee der renommierten Choreografin und Ballettdirektorin Anna Vita, die in Kempten bereits mit Produktionen wie „Die Päpstin“ oder „Bernarda Albas Haus“ zu sehen war. Aktuell gastiert auch eine TiK-Eigenproduktion in einer Choreografie von ihr am Staatstheater Augsburg, „Die Jüdin und der Kardinal“.

Kempten – Nachdem Peter Tschaikowsky selbst die berühmtesten Ballettwerke aller Zeiten, „Schwanensee“, „Dornröschen“ und „Der Nussknacker“, geschrieben hatte, ist es naheliegend, wenn Anna Vita ihn als thematischen Aufhänger einer Tanztheaterproduktion verwendet. Tschaikowskys Lebensgeschichte, angefangen von seiner juristischen und späteren musikalischen Ausbildung über sein langsames Reüssieren als Komponist, seine unglücklichen Beziehungen zu Frauen, das anonyme Verhältnis zu seiner Mäzenin und das Ausleben bzw. Nichtausleben seiner Homosexualität bieten sich für eine künstlerische Umsetzung geradezu an.

Mit ins Boot geholt hatte sich Anna Vita für die tänzerische Ausführung das Ballettensemble des Josef-Kajetán-Tyl-Theaters aus Pilsen unter der Leitung von Jiří Pokorný, der in der Einführung kurz sein Theater vorstellen konnte. Der Aufwand war enorm, über 30 Tänzerinnen und Tänzer – wie viele genau wusste selbst Jiří Pokorný auf Anhieb nicht – waren zusammen mit einem riesigen Truck voller Requisiten und Kostümen aus Pilsen angereist.

Kempten: Tanztheater bringt Tschaikowskys Leben kurzweilig auf die Bühne

Herausgekommen ist am letzten Dienstagabend auf Kemptens großer Bühne ein Stück Tanztheater, das mit einigen Ausflügen ins klassische Ballett auf sehr kurzweilige Art das Leben des Komponisten Revue passieren ließ. Dabei ging es Anna Vita mehr um die farbige Beschreibung der äußeren Ereignisse als der inneren Befindlichkeiten eines Menschen. So kam es zumindest durch die furiose, fast schon atemlose Abfolge von Szenen, Bildern und Kostümen herüber. Die Ballettkompanie des Theaters aus Pilsen zeigte sich der Aufgabe professionell gewachsen. Unermüdlich tanzten sie sich von einer Massenszene zum nächsten Solo und umgekehrt.

Die Musik, die ja essentiell mit der Choreografie verbunden ist, es sei denn, man lässt sie ganz weg, war kenntnisreich ausgewählt. Sie enthielt bewusst keine der sattsam bekannten originalen Ballettkompositionen Tschaikowskys, sondern viel wenig Bekanntes. Und natürlich gibt es keinen Grund für eine Lebensbeschreibung Tschaikowskys ausschließlich dessen Musik zu verwenden. Im Gegenteil, Anna Vita war der Meinung, für die tragischen Ereignisse und Wendungen wäre Tschaikowskys Musik zu romantisch und eingängig. Also wählte sie den viel schrofferen Strawinsky hierfür.

Der Wermutstropfen der Aufführung

Wie für Gastspiele dieser Art üblich, wurde die Musik im Playback über Bühnenlautsprecher eingespielt, und das war schließlich der Wermutstropfen der Aufführung. Durch die rasche Abfolge von verschiedensten kurzen oder längeren Musiktiteln, ohne große Pausen aneinander montiert und abgespielt, entstand die bereits angedeutete Atemlosigkeit der Tanzperformance.

Zusätzlich erschien die Soundqualität der verschiedenen Stücke nicht ganz einheitlich. Auch bei einem Tanztheater, wo es natürlich mehr um das Tanzen als um die Musik geht, läuft diese nicht als unabhängige oder gar beliebige Unterfütterung nebenher, sondern trägt zur künstlerischen Aussage der Aufführung bei. Ganz klar, es eine Kostenfrage, ob Musik vom Band läuft oder live gespielt wird, aber eine gute Möglichkeit, dieses Dilemma zu lösen, hatte vor kurzem die Kammeroper München auf dieser Bühne gezeigt, als sie mit ihrer Reduktion von Mozarts Originalpartitur auf kleines Live-Orchester nicht nur Kunst aus einem Guss sondern sogar neuen kreativen Output erzeugte.

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