Siemens kürzt Arbeitszeit und Gehalt von 700 Mitarbeitern in Baden-Württemberg
Die Siemens AG kürzt an einem Produktionsstandort in Baden-Württemberg die Arbeitszeit und damit auch das Gehalt von rund 700 Mitarbeitern. Das hat einen bestimmten Grund.
Rastatt - Die schlechte Auftragslage belastet aktuell die Wirtschaft in Deutschland nachhaltig. Erst kürzlich hatte ein weiterer Maschinenbauer aus Baden-Württemberg deshalb Teile der Belegschaft in Kurzarbeit geschickt. Beim Mischkonzern Siemens kriselt es an einem Produktionsstandort im Bundesland laut übereinstimmenden Medienberichten bereits seit langem; jetzt greifen das Unternehmen und der Betriebsrat aber erstmals zu konkreten Maßnahmen, die rund 700 Mitarbeiter betreffen. Auch der Technologiekonzern Schaeffler hatte kürzlich Mitarbeiter an einem Standort in Baden-Württemberg in Kurzarbeit geschickt.
Die Siemens AG ist mit weltweit rund 320.000 Mitarbeitern einer der größten Industriekonzerne Deutschlands und betreibt allein in Baden-Württemberg 12 Standorte. Neben dem größten Vertriebs- und Servicestandort in Deutschland, der Niederlassung Stuttgart, und dem Getriebemotorenwerk in Tübingen, gehört dazu auch das Werk Rastatt, in dem Siemens Produkte und Systeme für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik fertigt. Wie die Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) berichten, bekommen rund 700 Mitarbeiter in Rastatt die Auswirkungen der schlechten Auftragslage zu spüren.
Siemens kürzt Arbeitszeit und Gehälter in Rastatt – das ist aber offenbar nur der Anfang
Dem Bericht zufolge kürzt die Siemens AG für die Mitarbeiter in Rastatt die Arbeitszeit und damit die Gehälter ab sofort bis Jahresende, was der Belegschaft im Rahmen einer Betriebsversammlung erklärt wurde. Konkret bedeutet das, dass am Freitag nicht mehr gearbeitet wird; im Gegenzug müssen die Mitarbeiter aber Urlaub und Überstundenkonten abbauen. „Die Beschäftigten am Standort Rastatt sind das erste Mal in einer Situation, in der Maßnahmen aufgrund der sehr schlechten Auftragslage getroffen wurden“, erklärte die Betriebsratsvorsitzende Alexandra Schlager laut BNN. Der Laser-Spezialist Trumpf hatte ebenfalls jüngst die Arbeitszeit und die Gehälter von Mitarbeitern am Hauptsitz gekürzt.
Name | Siemens AG |
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Gründung | 1847 (als Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske), 1966 (als Siemens AG) |
Sitz | Berlin und München |
Branche | Mischkonzern |
Mitarbeiter | 320.000 (2023) |
Umsatz | 77,8 Milliarden Euro (2023) |
Standorte in Baden-Württemberg | Niederlassung Stuttgart (Service- und Vertrieb) |
Niederlassung Mannheim (Service und Vertrieb) | |
Niederlassung Ulm (Service und Vertrieb) | |
Niederlassung Karlsruhe (Service und Vertrieb) | |
Niederlassung Freiburg im Breisgau (Service und Vertrieb) | |
Standort Rastatt (Produktionsstandort) | |
Getriebemotorenwerk Tübingen | |
Fertigungs-und Entwicklungsstandort Karlsruhe | |
Repair-Center Stuttgart-Weilimdorf | |
Geschäftsstelle Konstanz | |
Geschäftsstelle Heilbronn |
Siemens hatte erst vor wenigen Jahren Millionensummen in den Ausbau des Standorts Rastatt investiert und im März 2024 erneut Geld aus einem Nachhaltigkeitsfonds verwendet, um die Beschäftigten für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Seit einiger Zeit hat das Werk allerdings mit der Auftragslage zu kämpfen, was sich nun eben erstmals direkt auf die Mitarbeiter auswirkt. Laut dem Bericht ist die jetzige Maßnahme aber erst der Anfang, da die Arbeitszeit im kommenden Jahr von 35 auf 30 Stunden pro Woche reduziert werden soll – und das ohne Lohnausgleich. Möglich macht eine solche Maßnahme eine Option im Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung.
Uneindeutige Angaben zur Zukunftsfähigkeit des Siemens-Standorts Rastatt
Mit der Maßnahme der Kurzarbeit können Unternehmen temporär auf eine Überkapazität reagieren, ohne auf drastischere Schritte wie beispielsweise einen Stellenabbau zurückgreifen zu müssen. Während das Instrument Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit angemeldet werden muss, sind temporäre Arbeitszeitkürzungen individuell möglich, ermöglichen aber denselben Handlungsspielraum. „Die Maßnahmen sind so angelegt, dass die Kapazitäten in der Fertigung im Falle steigender Nachfrage sofort wieder hochgefahren werden können“, sagte ein Siemens-Sprecher den BNN. Eine Bosch-Tochter hat kürzlich die Arbeitszeit von rund 2.300 Mitarbeitern gekürzt.

In Bezug auf die Zukunftsfähigkeit des Siemens-Standorts Rastatt gibt es zwischen Konzern und den Arbeitnehmervertretern sehr unterschiedliche Angaben. Siemens selbst bezeichnet die aktuelle Lage nur als „konjunkturelle Schwäche“ und betont, dass es auf den Märkten weiterhin einen Bedarf an Gasheizungsprodukten gebe. Die IG Metall ist dagegen der Meinung, dem Werk fehle die Zukunftsperspektive, da man sich zu stark auf Öl und Gas fixiere. Ausbaden dürfen es aber wieder die Mitarbeiter, die in einer ohnehin angespannten Lage auch noch Gehaltseinbußen verkraften müssen.