„Verbraucher werden gezielt in die Irre geführt“: Schufa warnt vor teurer Abzocke im Internet
Die Schufa ist alarmiert: Im Internet kursieren dubiose Abzock-Seiten, die mit einem kostenlosen Service abkassieren – und so allein im Juni einen Millionen-Umsatz machten.
„Erhalten Sie schnell und einfach Ihre Schufa-Auskunft mit unserem Assistenten für nur 29,90 Euro.“ So wirbt ein Anbieter auf seiner Website für die Selbstauskunft der Schufa. Damit betreibt er jedoch ein unseriöses Geschäft, denn: Diese Schufa-Datenkopie gibt es eigentlich kostenlos. Doch das wissen offenbar etliche Menschen nicht und zahlen dubiosen Drittanbietern Geld. Das zeigen aktuelle Zahlen der Schufa, die IPPEN.MEDIA exklusiv vorliegen.
Schufa-Abzocke: 1,5 Millionen Euro Umsatz in einem Monat
Im Juni 2024 gingen bei der Schufa rund 140.000 angeforderte Datenkopien ein. Bei etwa 50.000 und damit mehr als ein Drittel, war eine Firma zwischengeschaltet, die für den eigentlich kostenfreien Dienst von Antragsstellen Geld verlangt. Die Schufa ist durch die Datenschutz-Grundverordnung dazu verpflichtet, auf Anfrage die gesammelten Daten offenzulegen. Das kann jeder selbst kostenlos in wenigen Schritten beantragen.
Sucht man im Netz nach der Schufa, findet man mehrere Seiten, die nach demselben Muster funktionieren: Für einen Preis von knapp 30 Euro bieten Seiten selbstauskunft.de die Schufa-Selbstauskunft an. Mit 50.000 Anträgen à 30 Euro machten diese Firmen allein im Juni einen Gesamtumsatz von circa 1,5 Millionen Euro.

Schufa: „Verbraucher werden gezielt in die Irre geführt“
Die Schufa selbst ist alarmiert: „Verbraucherinnen und Verbraucher werden von diesen Drittanbietern im Internet gezielt in die Irre geführt und für die kostenfreie Schufa-Datenkopie zur Kasse gebeten“, sagt Schufa-Vorstand Ole Schröder unserer Redaktion.
Er meint, Drittanbieter würden „ihre unseriösen Geschäftsmodelle rund um die kostenlose Schufa-Datenkopie immer massiver bewerben und so ausbauen“. Tatsächlich nimmt der Anteil der Anträge über Drittanbieter seit Jahren zu. 2021 waren es laut Schufa-Zahlen noch sieben Prozent, 2023 schon 21 Prozent, und in der ersten Jahreshälfte 2024 sogar 29 Prozent.
Schufa-„Trittbrettfahrer“: Abzocke, aber legal
Auch die Verbraucherzentrale beobachtet das Phänomen. Der Verbraucherzentrale Hessen sind mehrere „zweifelhafte Anbieter“ bekannt. „Diese bieten aus unserer Sicht nutzlose Dienstleistungen oder jedenfalls Dienstleistungen ohne erkennbaren Mehrwert an und haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht“, heißt es auf Anfrage.
Meine news
Ähnlich äußert sich die Verbraucherzentrale Bayern. Es sei möglich, „dass Trittbrettfahrer versuchen, mit der kostenlosen Auskunft Geld zu machen“. Diese Masche gebe es in ähnlicher Form auch an anderer Stelle. „Unternehmen bieten Meldungen beim Rundfunkbeitrag der Anträge bei Behörden kostenpflichtig an, obwohl hier keine Kosten entstehen würden.“
Rechtlich sind der Schufa und auch der Justiz die Hände gebunden. Das Modell der dubiosen Drittanbieter ist legal. Wenn Menschen freiwillig für eine kostenlose Leistung zahlen, sind sie laut Gesetz selbst schuld. Die Verbraucherzentrale nimmt die Schufa trotzdem in die Pflicht und kritisiert die Aufmachung der Website. Dort werde die kostenlose Auskunft „nicht präsent dargestellt“, heißt es. „Vielmehr werden hier kostenpflichtige und weitreichendere Angebote sehr viel auffälliger beworben.“ Die Schufa widerspricht. „Der Verweis auf die kostenlose Datenkopie ist sehr prominent auf unserer Website zu finden.“
Was ist die Schufa?
Die Schufa ist eine sogenannte Wirtschaftsauskunftei. Sie ermittelt mithilfe gespeicherter personenbezogener Daten ein ausgeklügeltes Punkte- und Bewertungssystem. Dieses System misst die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern in Deutschland. Unternehmen dürfen mit dem „Schufa-Score“ entscheiden, ob sie mit Kunden Verträge eingehen.
Dieser Wert darf zwar nach einem jüngsten EuGH-Urteil nicht mehr allein über die Kreditfähigkeit entscheiden. Es gilt aber die Faustregel: Wer einen schlechten „Score“ hat, bekommt leichter Probleme beim Aufnehmen größerer Kredite oder teils auch schon beim versuchten Ratenkauf eines neuen Smartphones.
Die Selbstauskunft dient ausschließlich der eigenen Information. Verbraucher können so sehen, welche Daten gespeichert werden. Sie sind aber nicht als Nachweis für Dritte anerkannt. Hier braucht man die Schufa-Bonitätsprüfung beziehungsweise den Schufa-Bonitätscheck. Diese Dokumente können zum Beispiel beim Vermieter vorgelegt werden. Sie sind aber nicht gratis, kosten 29,95 Euro. Die Ähnlichkeit im Preis zum unseriösen Angebot dürfte kein Zufall sein. (as)