Brüder, Pfleger, Missbrauchstäter: Jugendschutzgericht verurteilt zwei Dachauer Landkreisbürger zu Haftstrafen

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Sie sollten das Kind betreuen, stattdessen missbrauchten sie es: Zwei Heilerziehungspfleger wurden daher vom Jugendschutzgericht Dachau verurteilt. © Frank Rumpenhorst

Weil sie einen Jungen mehrfach, zum Teil schwer sexuell missbraucht hatten, sind zwei Heilerziehungspfleger aus dem Landkreis Dachau vom Jugendschutzgericht zu Haftstrafen verurteilt worden. Das Besondere: Bei den Männern handelt es sich um Brüder, deren Leben – und Straftaten – sich auf fast schon beängstigende Weise gleichen.

Dachau – Mehr als vier Jahrzehnte lang führten zwei Brüder aus dem Landkreis Dachau ein straffreies Leben. Beinahe zwei Jahrzehnte lang übten sie ihren Beruf als Heilerziehungspfleger ohne – zumindest bekannte – Probleme aus. Im Jahr 2022 aber geriet ihr Leben aus den Fugen. Die beiden Männer missbrauchten über Monate denselben Buben. Erst als der sich einer Freundin offenbarte, kam die Sache ans Licht. Und die zwei Männer vor Gericht.

Wobei: Gleich zu Beginn der Hauptverhandlung am Montag vor dem Jugendschöffengericht unter Leitung von Richter Daniel Dorner kam es zu einem sogenannten Rechtsgespräch. Die Verteidiger Peter Pospisil und Kurt Piller sicherten Gericht und Staatsanwaltschaft vollumfängliche Geständnisse zu. Im Gegenzug sollten sich die Strafen innerhalb eines vorab besprochenen Rahmens bewegen. Prozessökonomie nennen dies die einen, die anderen sagen, dass dadurch dem Opfer eine langwierige Verhandlung inklusive Erscheinen vor Gericht erspart bleibt.

Opfer musste nicht vor Gericht erscheinen

Trotz der getroffenen Verständigung aber war die Aussage des Opfers vor dem Ermittlungsrichter, die damals per Video aufgezeichnet worden war und nun im Gerichtssaal abgespielt wurde, erschütternd. In kindlichen Worten schilderte der Bub, was ihm zwischen Februar und Dezember 2022 in seiner Wohngruppe mit den als Betreuern arbeitenden Brüdern widerfahren war. Er war damals 13 beziehungsweise 14 Jahre alt.

Demnach sei es in der ersten Jahreshälfte mit dem einen der Brüder zu Oral- und zweimal sogar zu Analverkehr gekommen. Der Bub erklärte später, dass ihm letzteres Schmerzen verursacht habe.

In der zweiten Jahreshälfte suchte das Opfer daher die Nähe des zweiten Bruders. Man sei gemeinsam im Auto gefahren, etwa zum Wertstoffhof, und anschließend zum Betreuer nach Hause. Anders als der andere Bruder, der den Missbrauch im Umfeld der Wohngruppe durchführte, holte dieser Bruder den inzwischen 14-Jährigen aus seiner gewohnten Umgebung heraus. „Er isolierte ihn“, nannte es der Staatsanwalt. Im Auto des Angeklagten sei es zu Berührungen am Glied des Kindes gekommen, im Haus dann zu Oralverkehr.

Gericht verhängt Berufsverbot

Strafbar sind diese Taten als Missbrauch beziehungsweise schwerer sexueller Missbrauch. Besonders verwerflich, so rügten Gericht und Staatsanwaltschaft, sei gewesen, dass die Männer als Betreuer eigentlich das Kind hätten schützen sollen, stattdessen nutzten sie dessen Schutzbedürftigkeit aus. Außerdem seien „Anal- und Oralverkehr nicht die mildesten Varianten“, um Missbrauch durchzuführen.

Zugutegehalten wurde beiden aber die Tatsache, dass die Initiative von dem mittlerweile 16-Jährigen ausging. Laut Anwalt Piller sei in der Einrichtung bekannt gewesen, dass dieser „sexuell aktiv“ war. Zudem würdigten Richter Dorner und die Schöffen, dass die zwei Angeklagten in den Jahren nach den Vorfällen in der Dachauer Einrichtung straffrei in anderen sozialen Einrichtungen gearbeitet hätten.

Dennoch werden die Brüder ihren Beruf auf absehbare Zeit nicht mehr ausüben können: Beide bekamen ein mehrjähriges Berufsverbot auferlegt. Zudem setzte es Haftstrafen: Wegen des schweren sexuellen Missbrauchs muss der eine Bruder für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis; der andere bekam wegen sexuellen Missbrauchs eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, aufgebrummt. Letzterer muss zudem noch ein Bußgeld in Höhe von 5000 Euro zugunsten eines Kinderhilfevereins zahlen.

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