Drei Werte entscheiden - Test erkennt Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall 30 Jahre im Voraus

  • Im Video oben sehen Sie: Kardiologe nennt 5 Gewohnheiten, die Sie vor Herzinfarkt bewahren

Im Idealfall lässt sich ein Schlaganfall oder Herzinfarkt verhindern. Das gelingt immer besser. Denn Risikofaktoren lassen sich schon frühzeitig im Blut aufspüren. Vorsorge sollte also schon ab 40 beginnen.

„Mit der Herzinfarkt- und Schlaganfallprävention zu warten, bis Frauen in den 60ern und 70ern sind, ist ein Rezept zum Scheitern“, sagt Julie Buring in der „ Harvard Gazette “. Die Epidemiologin ist Hauptautorin der Women’s Health Study, einer Studie, die sich auf die Gesundheit von Frauen spezialisiert hat. „Diese Daten sollten ein Weckruf für Frauen sein.“ Die Daten, von denen die Wissenschaftlerin spricht, sind Folgende:

Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt schon 30 Jahre vorher erkennen

Bislang ist es Forschern gelungen, das Risiko aufgrund von drei Werten für die nächsten fünf bis zehn Jahre vorherzusagen. Harvard-Forscher gingen nun einen Schritt weiter. Sie versuchten, das Risiko ganze 30 Jahre vorher einzuschätzen. Je früher ein Risiko erkannt wird, desto besser können Betroffene gegensteuern und eine schwere Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems möglicherweise verhindern.

Drei Werte gelten als wichtige Indikatoren:

  • Hochsensitives CRP (C-reaktives Protein)
  • LDL-Cholesterin
  • Lipoprotein(a)

CRP ist ein Marker für (Gefäß-)Entzündungen, LDL-Cholesterin und Lipoprotein(a) sind Bestandteil der Blutfette.

Das untersuchte die Harvard-Studie

Für ihre im „ New England Journal of Medicine “ veröffentlichte Untersuchung betrachteten die Harvard-Forscher fast 28.000 Probanden aus den USA, alle weiblich, für einen Zeitraum von 30 Jahren. Im Schnitt waren die Frauen 54,7 Jahre alt. Zu Beginn der Studie waren alle gesund.

Die Wissenschaftler dokumentieren, wie viele Frauen in diesem Zeitraum ein „schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis“ erlebten. Dazu zählten sie

  • einen Herzinfarkt,
  • Schlaganfall,
  • eine Bypass-Operation oder
  • den Tod infolge einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Insgesamt traf dies im Laufe der 30 Jahre auf 3662 Frauen zu, also rund 13 Prozent.

Dreimal höheres Risiko für Schlaganfall oder Herzerkrankung

Die Forscher fanden zu den einzelnen Markern heraus – jeweils im Vergleich zu Frauen mit den niedrigsten Werten:

  • Frauen mit den höchsten CRP-Werten hatten ein um 70 Prozent höheres Risiko für ein schweres kardiovaskuläres Ereignis.
  • Frauen mit den höchsten LDL-Cholesterin-Werten hatten ein um 36 Prozent höheres Risiko.
  • Frauen mit den höchsten Lipoproteinp(a)-Werten hatten ein um 33 Prozent höheres Risiko.

Jeder Biomarker einzeln, der höher als die Idealwerte lag, erhöhte das Gesamtrisiko. Mehrere erhöhte Werte erhöhten das Risiko noch einmal. Konkret: Frauen mit den höchsten Werten in allen drei Gruppen hatten ein 2,6-mal höheres Risiko dafür, dass sich schwerwiegende kardiovaskuläre Erkrankungen entwickeln. Bei Schlaganfällen zeigte sich dieser Zusammenhang sogar noch deutlicher – Frauen mit den am stärksten erhöhten Werten hatten ein 3,7-mal höheres Risiko, in den nächsten 30 Jahren einen Schlaganfall zu erleiden.

Die Wissenschaftler sind überzeugt: Ein Bluttest, der alle drei Biomarker einbezieht, könnte die Vorsorge revolutionieren.

Was die drei Testwerte für Schlaganfall und Herz bedeuten

„Ärzte können nicht behandeln, was sie nicht messen“, sagte der Hauptautor Paul Ridker, Direktor des Zentrums für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen am Brigham and Women’s Hospital in „Harvard Gazette“. Er plädiert für die bestmögliche Versorgung und dafür „benötigen wir ein umfassendes Screening auf Entzündungen, Cholesterin und Lipoprotein(a), und zwar jetzt.“

Aktuell drehe es sich immer noch um die wesentlichen Aspekte des Lebensstils wie Ernährung, Bewegung und Raucherentwöhnung. Die Zukunft der Prävention werde „eindeutig Kombinationstherapien umfassen, die zusätzlich zum Cholesterin auf Entzündungen und Lipoprotein(a) abzielen.“

Risikofaktoren individuell behandeln

Für die Prävention setzen sich auch Kardiologen in Deutschland seit längerem ein. Ulf Landmesser, Leiter der Klinik für Kardiologie an der Berliner Charité, erklärte im Gespräch mit FOCUS online : „Momentan richten wir uns sehr stark auf die Krankheitsbehandlung aus und häufig weniger intensiv auf die Prävention." Landmesser fordert: „Dieser Fokus muss sich ändern.“

Gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen könne man unheimlich viel durch Vorsorge erreichen. Die Zukunft sollte dem Herz-Professor zufolge so aussehen: „Risikofaktoren behandeln, bevor sie zu Komplikationen führen – und das ganz individuell.“

Drei Schlüssel, um Herztode zu verhindern

Am wichtigsten zur Gesunderhaltung sind diese drei Dinge:

  1. Frühzeitiges Erkennen der Risiko-Faktoren .
  2. Frühzeitiges Erkennen von entstehenden Gefahren . Wenn zum Beispiel jemand bereits Plaques hat, muss er gründlich vorbeugend behandelt werden. Als Plaques bezeichnen Mediziner Ablagerungen in den Blutgefäßen. Diese entstehen, wenn sich Blutfette, Eiweißteile oder Bindegewebe an Gefäßinnenwänden absetzen.
  3. Genetik – um Menschen mit erhöhtem (familiären) Risiko zu identifizieren.

Kennen Sie Ihre Werte?

Schon ab 40 Jahren sollten Männer wie Frauen ihre atherogenen Lipoproteine überprüfen lassen, sprich das LDL-Cholesterin und bei Familiengeschichte mit Herz- oder Schlaganfall-Erkrankungen ebenso das Lipoprotein (a)

Ab welchen Werten heißt es genauer hinzusehen?

Idealwerte:

  • LDL-Cholesterin : unter 100 mg/dl (Milligramm pro Deziliter Blut), bei bereits vorliegender Erkrankung der Herzkranzgefäße unter 55 mg/dl
  • Lipoprotein (a) : unter 30 mg/dl (Milligramm pro Deziliter Blut)
  • Blutdruck : unter 140 (systolisch) und unter 90 (diastolisch)
  • Diabetes : Nüchternblutzucker unter 100 mg/dl (5,6 mmol/l). Nüchternwerte zwischen 100 und 125 mg/dl weisen auf einen Prädiabetes hin, eine Diabetes-Vorstufe.
  • CRP-Wert im Blut: Er liegt üblicherweise unter 5 mg/l (0,5 mg/dl). Dieser Grenzwert gilt „Netdoktor“ zufolge für beide Geschlechter und alle Altersgruppen.

Liegen die Werte oberhalb dieser Idealwerte, heißt es genauer hinzusehen. Diese bereits heute bekannten Risikofaktoren lassen sich gut behandeln. Landmesser erklärte: „Je früher man gegensteuert, umso besser.“