Pullover statt Anzug: Selenskyj soll Stil-Aufforderung von Trump ignoriert haben

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Vor Eklat im Weißen Haus: Selenskyj soll Aufforderung von Trump ignoriert haben

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Trumps-Berater sollen mehrmals einen Anzug als modisches Zugeständnis an die Verhandlungen gefordert haben. Selenskyj hat sich bewusst dagegen entschieden.

Washington D.C. – Nach dem Eklat im Weißen Haus zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem US-Präsidenten Donald Trump werden die Spekulationen über einen Hinterhalt immer lauter. Das US-Medium The Atlantic vermutet, dass Trump und sein Vize J.D. Vance die Eskalation demnach geplant hätten. Doch Berichte des Nachrichtenportals Axios geben auch Selenskyj eine Mitschuld. Das Hauptindiz: Seine Kleiderwahl beim Besuch im Weißen Haus.

Trump irritiert über Selenskyjs Pullover: US-Berater sollen auf respektvolle Kleidung hingewiesen haben

Wie mehrere Quellen gegenüber Axios berichten, sei Trump über die Tatsache irritiert gewesen, dass Selenskyj keinen Anzug getragen hat. Denn Trumps Berater sollen Selenskyjs-Team mehrfach gesagt haben, es wäre respektvoller, wenn Selenskyj bei seinem Besuch im Weißen Haus seine militärische Kleidung ablegen würde. Hintergrund: Selenskyjs trägt aber seit dem russischen Überfall auf sein Land nur noch sportliche und militärische Kleidung. Den Anzug hat er demonstrativ abgelegt.

Bereits bei Selenskyjs Begrüßung äußerte Trump eine Bemerkung über dessen Pullover und beim Handschlag sagte er: „Wow, Sie haben sich aber schick gemacht“. Im Oval Office stellten sich die beiden danach den ersten Fragen der Presse. Dann mokierte sich auch ein anwesender rechter Online-Kommentator über den Kleidungsstil des ukrainischen Präsidenten: „Warum tragen Sie keinen Anzug?“, fragte Brian Glenn den Staatsmann bei dem Treffen mit Trump. „Sie weigern sich, einen Anzug zu tragen. (...) Besitzen Sie überhaupt einen?“

Ukrainischer Präsident Selenskyj in den USA
Einer der Streitpunkte zwischen Selenskyj (l.) Trump und dessen Vize J.D. Vance: Die Kleidung des ukrainischen Präsidenten. © Mystyslav Chernov/AP/dpa

Selenskyj, der wie üblich in einem Pullover gekleidet war, reagierte mit einer Gegenfrage: „Haben Sie ein Problem damit? Wirklich?“, sagte er. Glenn entgegnete, viele Amerikaner störten sich an der fehlenden Würdigung der Räumlichkeiten im Weißen Haus. Der ukrainische Präsident verwies auf den andauernden Krieg in seinem Land: „Ich werde einen Anzug tragen, wenn dieser Krieg vorbei ist. Vielleicht einen wie Ihren, vielleicht einen besseren. Vielleicht einen günstigeren.“

Entscheidung sollte Kiews Position unterstreichen: Trumps Vorstellung eines Friedens mit Putin unrealistisch

Der Axios-Bericht legt nahe, dass Selenskyj und sein Team bewusst entschieden hatten, sich den amerikanischen Forderungen nicht bereits vor Gesprächsbeginn zu beugen. Damit sollte offenbar die zentrale ukrainische Position unterstrichen werden, dass Trumps Vorstellung eines Verhandlungsfriedens mit Russland unrealistisch sei. Medien kommen zu dem Schluss: Selenskyj dürfte von der Eskalation kaum so überrascht gewesen sein, wie es zeitweise den Anschein hatte.

Beamte aus dem Weißen Haus hingegen betonten, die Explosion bei dem Treffen sei kein vorsätzlicher Hinterhalt gewesen. „Unser Plan war, den Mineralienvertrag zu unterzeichnen, diese Wirtschaftspartnerschaft einzugehen und uns auf den Frieden zuzubewegen“, zitiert das Nachrichtenportal Axios. Dafür wirkten aber die außergewöhnlichen Szenen, die sich je im Oval Office zugetragen haben, ziemlich schroff. Die Rolle des Scharfmachers übernahm Vizepräsident JD Vance. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine müsse mit „Diplomatie“ gelöst werden, sagte er. Auf Selenskyjs Einwände hin legte Vance los: „Ich finde es respektlos, dass Sie ins Oval Office kommen und versuchen, dies vor den amerikanischen Medien zu verhandeln“, sagte der Vizepräsident.

Selenskyj verschränkte die Arme und fragte Vance, ob dieser jemals in der Ukraine gewesen sei, worauf der Vizepräsident dem ukrainischen Staatschef vorwarf, auf „Propagandatour“ zu gehen. Als Selenskyj entgegnete, Vance werde es trotz der räumlichen Entfernung „in Zukunft spüren“, sollten die USA Kiew nicht helfen, platzte Trump der Kragen.

„Sagen Sie uns nicht, was wir spüren werden“, sagte Trump mit erhobener Stimme. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit entluden sich danach die Aggressionen, die sich mit Trumps Kehrtwende in der Ukraine-Politik aufgebaut hatten. „Sie spielen mit dem Leben von Millionen von Menschen, Sie spielen mit dem Dritten Weltkrieg und was Sie tun, ist sehr respektlos gegenüber diesem Land“, belehrte Trump Selenskyj mit hochrotem Kopf und erhobenen Zeigefinger.

Vom Handschlag zum Eklat: Drehbuch einer folgenschweren Konfrontation im Weißen Haus

Das Gespräch entwickelte sich zu einer Art Überfall auf Selenskyj, der weiter versuchte, seine Argumente vorzubringen, während der Präsident der Vereinigten Staaten und dessen Vizepräsident ihn unaufhörlich attackierten und nicht mehr zu Wort kommen ließen. „Sie denken, dass, wenn Sie sehr laut über den Krieg sprechen...“, versuchte der Ukrainer zwischendurch Vance zu antworten, bevor Trump ihn unterbrach: „Er spricht nicht laut.“ Als Selenskyj etwas erwidern wollte, fuhr Trump ihm über den Mund: „Nein, nein, Sie haben viel geredet. Ihr Land ist in großen Schwierigkeiten.“

Ukrainischer Präsident Selenskyj in den USA
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verließ das Weiße Haus nach einem Eklat vorzeitig. © Jose Luis Magana/AP/dpa

Der Streit dauerte gut fünf Minuten an, während die Journalisten filmten und wie wild auf ihren Handys herumtippten. Eine ukrainische Diplomatin vergrub den Kopf in ihren Händen. Gegen Ende erklärte Trump: „Entweder Sie gehen einen Deal ein oder wir sind raus.“ Kurz darauf war der Pressetermin beendet, die Journalisten wurden nach draußen begleitet. Etwa eine Stunde später verließ Selenskyj das Weiße Haus, das Rohstoffabkommen war geplatzt, die gemeinsame Pressekonferenz gestrichen.

Es war, als habe die Weltöffentlichkeit das Ende der US-Unterstützung für die Ukraine gegen Russland live im Fernsehen verfolgen können. In Moskau herrschte Genugtuung: Selenskyj habe „im Oval Office eine ordentliche Ohrfeige“ erhalten, hieß es dort. Der einstige Reality-TV-Star Trump fasste den Eklat so zusammen: „Großes Fernsehen. Das muss ich sagen“. (bg/dpa)

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