Hausmutter mit ganzem Herzen: Lissi Hochreiter arbeitet seit 50 Jahren im Kinderdorf

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Eine Geste der Bewunderung: Kinderdorf-Verwaltungsleiter Hannes Klapos überreichte Heimerzieherin Lissi Hochreiter einen Pokal zu ihrem 50-jährigen Dienstjubiläum. © Florian Lintz

Im Alter von gerade einmal 17 Jahren wurde Lissi Hochreiter 1974 Hausmutter einer Familiengruppe aus fünf Jugendlichen im Caritas Kinderdorf Irschenberg. Jetzt feierte sie ihr Dienstjubiläum.

Irschenberg – Sie hätte auch ihre Schwester oder Freundin sein können: Im Alter von gerade einmal 17 Jahren wurde Lissi Hochreiter 1974 Hausmutter einer Familiengruppe aus fünf Jugendlichen im Caritas Kinderdorf Irschenberg. Ein Sprung ins eiskalte Wasser, erinnert sich Hochreiter, die nun ihr 50-jähriges Dienstjubiläum in der Einrichtung feiern durfte. „Die hätten mich auch voll auflaufen lassen können“, sagt sie über die Jugendlichen. Doch das Gegenteil war der Fall: „Gott sei Dank waren sie so liebenswert, dass sie mir alles erklärt haben.“ Ein großes Glück für Hochreiter, die damals unmittelbar nach ihrer Ausbildung zur Heimerzieherin und nach nur zwei Tagen Einarbeitung allein für die Gruppe verantwortlich war.

Dass sie trotz dieses harten Starts dem Kinderdorf ein Berufsleben lang treu geblieben ist, dafür zeichnete die heutige Dorfleiterin Pia Klapos die Jubilarin nun bei einer kleinen Überraschungsfeier mit ihrem Leitungsteam aus. Hochreiter sei „ein großes Vorbild für die Dorfgemeinschaft“, lobte Klapos. „50 Jahre im Kinderdorf, da kann man nur den Hut davor ziehen.“ Hochreiter stelle sich bis heute „mit großem Herz und Leidenschaft jeden Tag in den Dienst unserer Kinder und Jugendlichen, weil sie ihre Arbeit liebt und genau weiß, dass unsere Kinder sie brauchen“. Für so viel Einsatz und Engagement könne sie sich nur bedanken, sagte die Dorfleiterin voll Anerkennung.

Nur zwei Tage Einarbeitung

Die Begrüßung vor 50 Jahren fiel da noch deutlich kühler aus. „Jetzt habe ich gedacht, du kommst gestern schon“, habe ihr ihre Vorgängerin entgegengeschleudert, bevor sie sich in die Kur verabschiedete. Die „Schwestern der Heiligen Familie“ leiteten damals die Gruppen, die erst 1972 aus Starkheim bei Mühldorf in das neu gebaute Caritas Kinderdorf in Irschenberg gezogen waren. Mit ihren sechs Doppelhäusern war die Einrichtung eine Errungenschaft für die Jugendhilfelandschaft, teilt die Caritas mit. Auch für die Schwestern und die Kinder, die nun nicht mehr in einem Schlafsaal mit 20 bis 30 Betten, sondern in Drei-Bett-Zimmern wohnen durften.

Nachdem Hochreiter 19 Jahre mit den Schwestern zusammengearbeitet hatte, wurde Dorfleiter Wolfgang Hodbod für die folgenden 30 Jahre ihr Chef. Eine Zeit, in der sich viel zum Positiven geändert habe, erinnert sich die Heimerzieherin: Als sie angefangen habe, seien zwei bis zweieinhalb Fachkraftstellen für eine Dorffamilie mit zehn bis zwölf Kindern zuständig gewesen. „Da konnte man sich gar nicht so intensiv um sie kümmern.“ Alles, was die Familien zum Leben benötigten, hätten sie von den Schwestern aus dem Haupthaus bekommen. „Heute leben die Gruppen viel selbständiger“, erklärt Hochreiter. „Dadurch eignen sich die Kinder leichter Alltagskompetenzen an, etwa wenn sie mit uns einkaufen und wir gemeinsam kochen.“ Auch Ausflüge und sogar gemeinsame Urlaube gehören dazu.

Langjährige Bindungen haben bis heute Bestand

Gerade diese Nähe und starke Verbindung zu einer Bezugsperson sei für die Kinder sehr wichtig, weiß die Heimerzieherin. Und genau das schätze sie an ihrem Beruf so sehr. So begleitete sie in ihren 14 Jahren als Hausmutter in verschiedenen Wohngruppen Generationen von Mädchen und Buben auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Einige ihrer damaligen Kinder sind heute Großeltern und haben Hochreiter dennoch nicht vergessen. So wurde sie beispielsweise beim Kind eines ehemaligen Bewohners Taufpatin. Und auch zu einer Frau, die einst als zehn Monate altes Baby ins Kinderdorf kam, hat sie immer noch Kontakt.

Auch deshalb mag die Jubilarin das alle fünf Jahre stattfindende Ehemaligenfest so gerne: „Da umarmt dich einer nach Jahrzehnten und sagt: ,Grüß dich, Lissi, wie geht’s dir?‘ Das ist doch schön!“, schwärmt sie. Zudem erfahre man so, was aus den Ehemaligen geworden ist. Der eine habe seinen Meister gemacht, der andere führe einen eigenen Betrieb. Und viele zeigten rückblickend ihre Dankbarkeit für die Zeit im Kinderdorf. So bekommt Hochreiter regelmäßig Besuch von jungen Erwachsenen, die als unbegleitete minderjährige Flüchtlingen nach Irschenberg gekommen waren und heute in Miesbach und Umgebung arbeiten.

Noch heute arbeitet sie in Teilzeit in einer Kinderdorffamilie in Haus 9, in der sie einen langjährigen Bezug zu den Kindern und Jugendlichen hat. Ans Aufhören denkt sie nicht, sagt Hochreiter: „Solange die Kinder und die Kollegen sich freuen, dass ich komme, gehe ich gerne in die Arbeit.“

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