Frauenpower für die Kommunalpolitik im Landkreis Ebersberg
Sind Frauen die besseren Politiker? Bei einer vhs-Veranstaltung berichten neun Frauen von ihren politischen Erfahrungen - und gegen welche Widerstände sie antreten müssen
Vaterstetten – Männer und Frauen sind gleichberechtigt. So steht es in Artikel 3, Abs. 2 unseres Grundgesetzes. In der politischen Realität sei dies noch nicht angekommen, sagte Dr. Helmut Ertl bei der Veranstaltung der vhs Vaterstetten „Kommunalpolitik braucht Frauen.“ 35 Prozent der Abgeordneten im Bundestag seien Frauen, in den Landtagen seien es nur 25 Prozent, so Ertl – ebenso in den Gemeinderäten.
Kommunalpolitik braucht Frauen: Politikerinnen appellieren in Vaterstetten
Für Eva Maria Volland, Expertin für Frauengeschichte, sei dies „Verfassungsbruch in Permanenz.“ Den Artikel 3, Abs. 2 hat übrigens eine Frau durchgesetzt, Elisabeth Selbert – gegen erheblichen Widerstand von Männern. Um mehr Frauen für kommunale Ämter zu begeistern, traten an diesem späten Nachmittag neun Frauen aus der Politik ans Podium. Die Landtagsabgeordneten Doris Rauscher (SPD) und Dr. Ute Eiling-Hütig (CSU), die Bürgermeisterinnen Bianka Poschenrieder (Zorneding), Inge Heiler (Egmating), Walentina Dahms (Markt Schwaben), Claudia Streu-Schütz (Emmering) und Martina Lietsch (Steinhöring).
Dabei berichteten sie auch, dass es in der männerdominierten Politikwelt nicht immer einfach sei. „Als ich für den Landtag kandidierte, fragte mich ein Journalist, was ich denn dann mit meiner Tochter machen würde“, berichtet Dr. Ute Eiling-Hütig. Ein Mann würde so etwas nicht gefragt werden. „Wie bekommst du denn Haushalt, Kinder und Beruf unter einen Hut?“ – mit dieser Frage wurden alle Politikerinnen auf dem Podium schon einmal konfrontiert . „Ich glaube, wir Frauen schaffen das viel besser als der ein oder andere Mann“, sagte Egmatings Bürgermeisterin Inge Heiler. Ein weiteres Thema, das in der Politik störe, sei die Diskriminierung von Frauen beim Thema Gefühl. „Wenn ich ein Thema leidenschaftlich verfechte, werde ich als emotional abgestempelt“, erzählt Dr. Eiling-Hütig. „Wenn ein Mann das macht, gilt er als durchsetzungsfähig. Das regt mich auf.“ Man merke aber gerade in der jüngeren Generation von Männern, dass sich das ändern würde, sagte Doris Rauscher.
Die Kommunalpolitikerinnen in der Runde bestätigten einhellig, dass sie als Frauen in den Ämtern akzeptiert werden würden. Lediglich Steinhörings Bürgermeisterin Martina Lietsch berichtete, dass sie einmal massiv angegangen wurde, als sie in einem Vorwort genderte. „Es war deutlich erkennbar, dass dies frauenfeindlich war“, sagte sie. Einig waren sich die fünf Bürgermeisterinnen, dass ein Amt in der Kommunalpolitik „unglaublich erfüllend“ sei, wie Bianca Poschenrieder sagte. „Jeder Frau, die etwas umsetzen möchte, sage ich: bewerbt euch, versteckt euch nicht“, so Walentina Dahms. „Kommunalpolitik ist etwas Tolles.“ Das Schlusswort hatte an diesem Tag Anzings Bürgermeisterin Kathrin Alte.
Sie gehört dem Team von „Bavaria ruft“ an. Dabei handelt es sich um eine parteiübergreifende Initiative zur Förderung von Frauen in der Kommunalpolitik. „Es gibt in der Kommunalpolitik keinen roten Fahrradweg oder eine schwarze Schultoilette“, sagte Kathrin Alte. Wichtig sei es, dass in den Gremien mehr fraktionsübergreifend gearbeitet werde. „Und wer sollte so etwas besser hinbekommen als wir Frauen.“
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