Prozess gegen Maddie-Verdächtigen: „Topliga der Gefährlichkeit“ – Gutachter warnt
Christian B., Verdächtiger im Fall Maddie McCann, wird von einem Psychiater als extrem gefährlich eingestuft. Nächstes Jahr könnte er auf freien Fuß kommen.
Braunschweig – Im laufenden Prozess wird Christian B. eine Reihe von Verbrechen zur Last gelegt, insbesondere sexueller Missbrauch von Frauen und Kindern, den er mutmaßlich zwischen 2000 und 2017 in Portugal begangen haben soll. Zudem rückt er in den Hauptfokus der Ermittlungen im Fall der verschwundenen Maddie McCann. Ein psychiatrischer Sachverständiger äußert nun ernste Bedenken.
Prozess gegen Maddie-Verdächtigen: „Topliga der Gefährlichkeit“ – Gutachter schlägt Alarm
Der Experte stuft B. in „die absolute Topliga der Gefährlichkeit“ ein. Der Arzt erklärte vor dem Landgericht Braunschweig, dass verschiedene Analysemethoden zu dem Schluss führen, dass der 47-Jährige in die höchste Gefahrenkategorie fällt. Der Psychiater betonte jedoch, dass er lediglich eine Verdachtsdiagnose stellen könne, da der Angeklagte sich geweigert habe, ein Treffen und Gespräch mit ihm zu führen.
Aktuell verbüßt B. eine Gefängnisstrafe für die Vergewaltigung einer 72-jährigen US-Amerikanerin in Portugal, für die er 2019 vom Landgericht Braunschweig verurteilt wurde. Diese Strafe könnte er jedoch im nächsten Jahr abgesessen haben. Der Gutachter schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass B. innerhalb der nächsten zwei Jahre nach seiner Freilassung erneut inhaftiert wird, auf 30 bis 50 Prozent. Nach gängigen Analysemethoden hätten fast 100 Prozent der vergleichbaren Sexualstraftäter eine günstigere Prognose als der Angeklagte.
Angeklagter Christian B. droht „Knast fertig zu machen“
Sollte das Gericht den Angeklagten verurteilen, empfiehlt der Sachverständige nach Verbüßung der Haftstrafe die Unterbringung in Sicherungsverwahrung, da fast alle Kriterien dafür erfüllt seien. Der Arzt verwies unter anderem auf die Verurteilungen von Christian B., der bereits in seiner Jugend nachweislich Kinder missbraucht habe. Der Angeklagte habe sich in seinem Leben mehr mit illegalen als mit legalen Dingen beschäftigt, so der Psychiater. Aus Texten, die B. zugeschrieben werden, wollte der Mediziner vor Gericht nicht zitieren. Denn das, was er darin gelesen habe, zähle für ihn zu den größten Abartigkeiten, die er kenne.
Ohne ein persönliches Gespräch mit dem Angeklagten musste sich der Gutachter auf die Hauptverhandlung im Gerichtssaal von Braunschweig und die Gefangenenakte stützen. Aus dieser geht ein arrogantes, zynisches und unhöfliches Verhalten hervor, das auch zu vier Disziplinarverfahren geführt hat. Laut den Akten hält sich der Maddie-Verdächtige für unschuldig und rechnet mit einer Entschädigung. Er soll sogar gedroht haben, „diesen Knast fertig zu machen“. Zudem habe er das Personal der Einrichtung als Folterer bezeichnet.
Prozess gegen Christian B. vor dem Landgericht Braunschweig am Ende
Mit dem Gutachten des Sachverständigen nähert sich das Verfahren seinem Ende. Am kommenden Mittwoch steht noch ein Termin für Entscheidungen über Anträge an. „Aus Sicht der Kammer haben wir aber alle Zeugen gehabt“, so die Richterin. Sollten keine Überraschungen auftreten, steht die Beweisaufnahme kurz vor dem Abschluss. Plädoyers könnten in der zweiten Oktoberwoche erfolgen. Die Verteidiger des 47-Jährigen haben während des Prozesses mehrfach betont, dass der Angeklagte ihrer Meinung nach von allen Anschuldigungen freigesprochen werden sollte. (asc/dpa)