Großes Risiko für Trump bei Endspurt vor US-Wahl: „Müll“-Witz könnte Republikanern Sieg kosten
Ein „Müll“-Witz über Puerto Rico schockiert Latinos in den USA. Trumps fehlende Entschuldigung sorgt für weiteren Unmut – und könnte ihn das Ergebnis im Swing State Pennsylvania kosten.
New York City – Ein rassistischer Witz auf einer Wahlkampfveranstaltung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump vor der US-Wahl zog weite Kreise. Puerto Rico sei eine „schwimmende Insel aus Müll im Ozean“, hatte der Comedians Tony Hinchcliffe gesagt. In den USA leben hunderttausende wahlberechtigte Menschen aus dem US-Außengebiet, etwa 500.000 Puerto-Ricaner sind es allein im Swing State Pennsylvania. Dass Trump sich nicht ausreichend von dem „Müll“-Witz distanzierte, könnte laut Beobachtern wahlentscheidend sein.
„October Surprise“ für Trump vor US-Wahl? Kontroverse könnte Latino-Wähler beeinflussen
Die Empörung über die geschmacklose Äußerung des Komikers wenige Tage vor der US-Wahl war groß. Bei einer Kundgebung in Pennsylvania am Dienstag versuchte Trump Schadensbegrenzung: „Niemand liebt die puerto-ricanische Community mehr als ich“, behauptete der Republikaner. Auch seine leitende Wahlkampfberaterin, Danielle Alvarez, war zuvor zurückgerudert: „Dieser Witz spiegelt nicht die Ansichten von Präsident Trump oder des Wahlkampfs wider.“ In einem Interview mit ABC News versuchte sich der Republikaner dann mit einer bekannten Masche aus der Bredouille zu manövrieren. Er kenne den Komiker Tony Hinchcliffe nicht, behauptete der 78-Jährige.
Trump nach Kundgebung in Bedrängnis: „Müll“-Witz sorgt für Ärger vor US-Wahl
„Jemand hat ihn da hochgebracht“, so der Republikaner weiter und meinte die Bühne im Madison Square Garden in New York City, auf der Hinchcliffe bei der Wahlkampfveranstaltung Trumps aufgetreten war. Eine klare Distanzierung sieht aus Sicht der Latino-Community anders aus. „Er muss sich bei der puerto-ricanischen Gemeinschaft, bei der Latino-Gemeinschaft entschuldigen, und das tut er nicht“, kommentierte Gustavo Torres, der geschäftsführende Direktor der Latino-Interessenvertretung CASA in den USA gegenüber dem US-Medium Newsweek. Er glaube, „das war die Oktoberüberraschung für die Latino-Gemeinde“, so Torres weiter.
Als sogenannte „October Surprise“ wird in der amerikanischen Politik eine überraschende Wendung kurz vor der US-Wahl bezeichnet, die den Ausgang beeinflussen kann. Im Wahlkampf 2016 wurde die Wiederaufnahme der Ermittlungen rund um die E-Mail-Affäre von Hillary Clinton mit diesem Etikett versehen. Ob der schlechte Scherz bei Trumps Wahlkampfveranstaltung tatsächlichen einen Wendenpunkt darstellt, hänge davon ab, wie der Vorfall in den kommenden Wochen gehandhabt werde, kommentierte indes Politikanalyst Craig Agranoff gegenüber Newsweek.
Trump vor der US-Wahl unter Druck: Puerto Ricos Republikaner fordern Entschuldigung
Ángel Cintrón, der Vorsitzende der Republikanischen Partei von Puerto Rico, kündigte bereits an, bei der US-Wahl nicht für Trump zu stimmen, wenn der sich nicht entschuldige. Auch der katholische Erzbischof Roberto González Nieves aus Puerto Rico forderte eine persönliche Entschuldigung von Trump. Die Latino-Wählerschaft in den USA ist größer denn je: Laut der US-Denkfabrik Pew Research Center machen sie in den USA derzeit über 36 Millionen Stimmen aus. Im umkämpften US-Bundesstaat Pennsylvania sind aut Daten von Latino Data Hub mehr als 50 Prozent der wahlberechtigten Latinos Puerto-Ricaner.
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Während seiner Präsidentschaft hatte Trump für zahlreiche Kontroversen rund um Puerto Rico gesorgt. Die Reaktion seiner Regierung auf den Hurrikan Maria, bei dem fast 3000 Menschen in Puerto Rico ihr Leben verloren, nannte er einen „unglaublichen Erfolg“. Hinter den Kulissen habe der Präsident während seiner Amtszeit „seine tiefe Feindseligkeit gegenüber dem puertoricanischen Volk ausgedrückt“, sagte Miles Taylor, der frühere Stabschef des Heimatschutzministeriums, NBC News. Trump habe gesagt, Puerto Rico sei „schmutzig und die Menschen arm“. Der Republikaner habe außerdem die Idee, den Inselstaat im Gegenzug für Grönland zu verkaufen, durchaus ernst gemeint, so Taylor weiter.
Biden als Wahlkampfhelfer Trumps bei der US-Wahl? Republikaner verstehen Aussage absichtlich falsch
Ausgerechnet US-Präsident Joe Biden könnte dem Trump-Lager vor der US-Wahl jetzt noch zu Hilfe gekommen sein. Der Demokrat hatte in einem Telefonat mit der Latino-Community am Montag auf das „Müll“-Zitat des Comedians Bezug genommen und gesagt: „Der einzige Müll, den ich da draußen sehe, ist die Dämonisierung der Latinos durch [Trumps] Anhänger – seine Dämonisierung der Latinos ist skrupellos und unamerikanisch.“ Interpretiert wurde dies auf republikanischer Seite, als habe Biden die Trump-Anhänger so bezeichnet.
„Biden hat halb Amerika gerade ‚Müll‘ genannt“, schrieb etwa der Multimilliardär und bekannte Trump-Unterstützer Elon Musk wenige Tage vor der US-Wahl auf seiner Plattform X. In einer Richtigstellung kommentierte der US-Präsident, er habe nicht die republikanischen Wähler und Wählerinnen, sondern „die hasserfüllte Rhetorik über Puerto Rico, die Trumps Anhänger auf seiner Kundgebung im Madison Square Garden verbreiteten, als Müll bezeichnet.“ Da hatte das Zitat im Lager der Republikaner allerdings schon die Runde gemacht.
Trump ließ es sich nicht nehmen, eine Parallele zu seiner früheren Kontrahentin Hillary Clinton zu ziehen. Diese hatte im Wahlkampf 2016 die Unterstützer des Immobilienmoguls in einem umstrittenen Zitat als „bedauernswert“ bezeichnet. Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt: Die Demokratin verlor die Wahl und Donald Trump zog ins Weiße Haus ein. In weniger als einer Woche steht fest, ob dem Republikaner dies ein zweites Mal gelingt.