Denkzettel für Biden in Michigan: Nahost-Politik kostet den Präsidenten Stimmen – Vorteil für Trump?

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Biden und Trump siegen bei den Vorwahlen in Michigan jeweils deutlich. Doch Teile der Bevölkerung lassen den Präsidenten ihre Wut spüren.

Lansing – Es ist ein Warnschuss für Joe Biden: Zwar konnte der US-Präsident bei den Vorwahlen der Demokraten in Michigan einen klaren Sieg einfahren. Dennoch hat es in dem Bundesstaat im Mittleren Westen der USA in der Partei viele „Unentschlossene“ gegeben – mehr als 100.000 und damit deutlich mehr als bei den letzten Wahlen. Warum ist das so bedeutend?

Biden ist in seiner Partei faktisch konkurrenzlos, dürfte sich aufgrund des Ergebnisses in Michigan dennoch Sorgen machen. Nach Auszählung von etwa 92 Prozent der Stimmen lag der Amtsinhaber mit 80,5 Prozent klar in Führung, doch „Unentschlossene“ machten bei den Vorwahlen der Demokraten etwa 14 Prozent aus.

Swing State Michigan für Biden und Trump besonders wichtig – beide siegen bei Vorwahlen

Michigan liegt im Norden der USA und zählt etwa 10 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Der Staat ist industriell geprägt und gilt als wichtiger Swing State bei der US-Wahl, den weder Demokraten noch Republikaner fest in der Hand haben. 2016 siegte Trump hier mit 10.704 Stimmen Vorsprung auf Hillary Clinton, Biden 2020 mit 154.188 Stimmen Vorsprung gegen Trump.

US-Präsident Joe Biden
US-Präsident Joe Biden gewinnt bei den Vorwahlen in Michigan zwar deutlich, muss dennoch einen Dämpfer hinnehmen. (Archivfoto) © Mario Tama/AFP

Doch Michigan zeichnet noch etwas aus: Laut NPR leben hier 300.000 Menschen mit Wurzeln im Nahen Osten und Nordafrika. Das ist landesweit der größte Anteil. 200.000 registrierte Wählerinnen und Wähler sind muslimisch. Die meisten von ihnen wählen demokratisch. Die US-Vorwahlen in Michigan gelten als Stimmungstest dafür, wie sich Bidens Haltung im Gaza-Krieg auf die kommende Präsidentschaftswahl auswirken könnte. Die USA sind größter Unterstützer Israels.

Vorwahlen in Michigan: „Präsident Biden hört uns nicht zu“

„Präsident Biden finanziert die Bomben, die auf die Familienangehörigen von Menschen hier in Michigan gefallen sind – Menschen, die für ihn gestimmt haben und die sich nun völlig verraten fühlen“, erklärte die Aktivistin Layla Elabed von „Listen to Michigan“. Die Finanzierung und Unterstützung Israels im Krieg widerspreche den Werten der Demokratischen Partei. Die Gruppe rief daher dazu auf, statt Bidens Namen auf dem Stimmzettel „uncommitted“ (deutsch: „neutral“) anzukreuzen. Ziel war es, mindestens 10.000 demokratische Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen – nun sind es deutlich mehr geworden. Auch Besuche einer Delegation Bidens in Dearborn hatten nicht geholfen.

Layla Elabed ist die Schwester von Rashida Tlaib, der einzigen Kongressabgeordneten mit palästinensischen Wurzeln. Tlaib sagte laut der Nachrichtenagentur AFP, sie sei stolz darauf, an diesem Tag für „uncommitted“ gestimmt zu haben. „Wenn 74 Prozent der Demokraten in Michigan einen Waffenstillstand unterstützen, Präsident Biden uns aber nicht zuhört, dann können wir auf diese Weise unsere Demokratie nutzen, um zu sagen: ‚Hört zu – hört auf Michigan‘“, betonte sie.

Dearborn, Michigan: Ein Aufruf, bei den Vorwahlen der Demokraten das Kreuz bei „uncommitted“ zu setzen.
Dearborn, Michigan: Ein Aufruf, bei den Vorwahlen der Demokraten das Kreuz bei „uncommitted“ zu setzen. © Kevin Dietsch/AFP

Die 27-jährige Krankenschwester Fatima Elsaghir sagte der AFP, sie wolle Biden mit ihrer Proteststimme zum Umdenken zwingen. Vielleicht werde der Wunsch, Michigan zu gewinnen, den Präsidenten zur Forderung nach einem Waffenstillstand im Gazastreifen bewegen. Im UN-Sicherheitsrat hatten die USA ihr Veto zu einem Resolutionsentwurf zu einer Waffenruhe in Gaza eingelegt.

Auch Trump nimmt Michigan bei US-Wahl ins Visier

Mit der steigenden Zahl der Toten auf palästinensischer Seite schwindet unter den Muslimen und arabischen US-Bürgern die Unterstützung für Biden. Der Bürgermeister des stark arabisch geprägten Detroiter Vororts Dearborn, Abdullah Hammud, erklärte, bei der Abstimmung gehe es darum, Biden „zur Verantwortung zu ziehen“. Sowohl die knapp 30.000 Toten im Gazastreifen als auch die „endlose Militärhilfe“ seien nicht akzeptabel, schrieb er auf Instagram.

Anders sieht es bei Donald Trump aus. Der ehemalige US-Präsident, nun Herausforderer Bidens, ist auf dem Weg zur republikanischen Präsidentschaftskandidatur kaum noch aufzuhalten. Nach seinem ungefährdeten Sieg in Michigan gegen Nikki Haley gab er sich optimistisch: „Wenn wir Michigan gewinnen, gewinnen wir auch das ganze Ding.“ Der Republikaner Trump liegt in Umfragen aktuell vor Biden.

Nun warnt Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer (Demokraten) genau davor: „Jede Stimme, die nicht für Joe Biden abgegeben wird, unterstützt eine zweite Amtszeit von Trump“, zitiert sie der Spiegel. Auch Elabed räumt das ein. „Unter Trump wurde sogar die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegt“, sagte sie. Dennoch soll der Druck auf Biden aufrechterhalten werden. (lrg/dpa/afp)

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