Siebeneinhalb Jahre Haft für Ex-Jugendtrainer
Der Ex-Jugendtrainer des TSV Neuried, der Spieler sexuell missbraucht hat, muss für siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis. Eine Sicherungsverwahrung lehnte das Gericht ab.
Neuried/München – Der ehemalige Jugendfußballtrainer des TSV Neuried, der Spieler missbraucht hat, ist am Donnerstag zu einer Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt worden. Die Richter am Landgericht München verzichteten auf eine Sicherungsverwahrung, obwohl sie den Angeklagten für einen gefährlichen Hangtäter halten.
Am zweiten Verhandlungstag Mitte Januar hatten die Beteiligten einen Deal geschlossen: Freiheitsstrafe zwischen sieben und acht Jahren gegen Geständnis. Der Angeklagte hatte daraufhin eingeräumt, sich an seinen Schützlingen vergriffen zu haben (wir berichteten). Nach der Beweisaufnahme war das Gericht davon überzeugt, dass es zwischen 2015 und 2020 zu 488 sexuellen Übergriffen und 153 Vergewaltigungen zulasten von 25 Spielern gekommen ist. Für eine Vergewaltigung ist Geschlechtsverkehr nicht erforderlich, jedes Eindringen reicht. Für eine Verurteilung wegen des Missbrauchs Schutzbefohlener habe es an einem hinreichenden „Anvertrautsein“ der Jugendlichen gefehlt, begründete der Vorsitzende Richter Stephan Kirchinger das Urteil.
Der Angeklagte hatte den Spielern vorgegaukelt, physiotherapeutisch ausgebildet zu sein, und sie dazu aufgefordert, sich von ihm behandeln zu lassen. Die „Behandlungen“ führte er bei sich zu Hause, im Trainingslager, vorwiegend aber in einer Vereinskabine durch. Er forderte die Spieler auf, sich auszuziehen und auf eine Massageliege zu legen. Nach Absperren der Tür fasste er die Buben an und erzählte ihnen, dies würde ihre Muskulatur anregen und ihr Verletzungsrisiko verringern. Er habe „seine Stellung im Verein ausgenutzt“, um die Taten zu begehen, so Richter Kirchinger.
Zu seiner Motivation habe der Ex-Trainer „keine ehrliche Einlassung abgegeben“. Wohl um seine Familie zu erhalten, habe der verheiratete Vater zweier Kinder „homosexuelle Nebenströmungen“ nicht zugegeben. In seinem letzten Wort flehte der Ex-Trainer geradezu mit stockender Stimme, ihm eine „Zukunft und Perspektive“ mit seiner Familie zu ermöglichen. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, Sicherungsverwahrung anzuordnen. Der Angeklagte habe die Taten nicht nur gelegentlich, sondern systematisch begangen und sei „nach wie vor gefährlich“, bestätigte der Vorsitzende. Die Zahl der Taten sei „ein Wahnsinn“.
Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Ex-Trainer „nicht so abgestumpft“ sei, dass die lange Gefängnisstrafe an ihm „wirkungslos vorbeigeht“. Außerdem zeige er Therapiebereitschaft. Eine Sexual- und Sozialtherapie könne jedoch nur erfolgreich sein, wenn er „ehrlich mitmacht“. „Sie haben’s selber in der Hand“, versuchte Kirchinger, den Angeklagten zu motivieren. Und wenn die Therapie nicht erfolgreich ist? Dann müsse der Ex-Trainer damit rechnen, nicht nur die Strafe vollständig absitzen zu müssen, sondern auch anschließend unter Führungsaufsicht gestellt zu werden. Eine Sicherungsverwahrung als „schärfstes Schwert des Strafrechts“ sei deshalb nicht erforderlich.
Aufgeflogen war der Missbrauch, als einer der Buben sich seinen Eltern anvertraut hatte. Parallel dazu ging bei einer Meldestelle eine anonyme Anzeige ein. Der TSV Neuried trennte sich daraufhin vom Angeklagten und stellte Strafanzeige.
am