Rechtswidrige Bauplatzvergabe in Reichling - Diskussion um Grundstück, das eigentlich der Bürgermeister kaufen wollte
Die Gemeinde Reichling darf vorerst keine Bauplätze mehr im Einheimischenmodell vergeben: Denn ihre Vergaberichtlinien widersprechen dem EU-Recht.
Reichling – Die Rechtsaufsicht des Landratsamtes Landsberg bemängelt die aktuellen Richtlinien der Gemeinde, nach denen Einheimische bisher günstigen Baugrund erwerben konnten. Nun müssen die Regeln erst an das jetzt gültige EU-Recht angepasst werden, bevor die Gemeinde wieder vergünstigte Bauplätze verkaufen darf.
Zudem muss die Vergabe des letzten noch vorhandenen Bauplatzes im Kinsfeld wieder rückgängig gemacht werden. Der Beschluss des Gemeinderates zur Vergabe dieses Grundstückes sei rechtswidrig, urteilte Maximilian Schuler von der Rechtsaufsicht in einer schriftlichen Stellungnahme an die Gemeinde.
Darum ist das Reichlinger Einheimischenmodell nicht zulässig
Die Bauplatzverkäufe auf der Basis des derzeitigen Reichlinger Einheimischenmodells seien aus diversen Gründen rechtswidrig: Das Reichlinger Modell berücksichtigt zum einen nicht den sozialen Aspekt – es seien weder eine Einkommens- noch eine Vermögensgrenze vorgesehen.
Zum anderen dürfe die Ortansässigkeit kein Zulassungskriterium sein, sondern dürfe nur als Auswahlkriterium mit in die Berücksichtigung einfließen. Im Reichlinger Modell sei eine bestimmte Wohndauer in der Gemeinde jedoch ein Zulassungskriterium. Und dies entspreche nicht EU-Recht.
Bürgermeister Johannes Hintersberger hatte die Richtlinien der Gemeinde selbst von der Rechtsaufsicht prüfen lassen. Er war der Auffassung, dass sie nicht EU-konform seien und hatte daher eine Änderung angeregt. Der Gemeinderat hatte sich mit knapper Mehrheit jedoch dafür entschieden, bei den alten Richtlinien zu bleiben. Der Ratsbeschluss ist jetzt hinfällig: Die Gemeinde darf solange keine Grundstücke mehr zum vergünstigten Preis abgegeben, solange die Richtlinien nicht geändert werden. Sonst könnte es zu einer unzulässigen Unter-Wert-Veräußerung von Grundstücken kommen, meint die Rechtsaufsicht. Und damit sogar der Straftatbestand der Untreue für die handelnden Personen -– also den Bürgermeister sowie die Gemeinderäte – erfüllt sein, wie Hintersberger aus dem Schreiben der Rechtsaufsicht zitierte.
Diskussion um Grundstück, das eigentlich der Bürgermeister kaufen wollte
Im folgenden Wortgefecht im Gemeinderat ging es aber dann nicht um die Richtlinien selbst, sondern um die Umstände, weshalb der Bürgermeister und dessen Frau den letzten noch verbliebenen Bauplatz im Kinsfeld nicht bekommen hatten. Wie berichtet, hatte der Bürgermeister eine Fristverlängerung erbeten, um die Finanzierung neu abzuklären. Der Gemeinderat hatte zuvor die Aufwandsentschädigung des Rathauschefs um 500 Euro gekürzt, weil der Bereich Kindergarten jetzt in den Aufgabenbereich des Zweiten Bürgermeisters fällt. Laut Auskunft der Verwaltungsgemeinschaft Reichling ist die Kürzung der Zahlung letztendlich doch nicht erfolgt, weil ein Gemeinderat nicht einfach über eine Reduzierung der Aufwandsentschädigung entscheiden könne.
Der Bauplatz sollte nun stattdessen an einen anderen einheimischen Bewerber gehen. Dass der Name dieses Bewerbers in die Öffentlichkeit gelangt war, diese Tatsache beanstandete der dritte Bürgermeister Alexander Graf: Er und sein Sohn als Bauplatzbewerber seien in der Zeitung genannt worden, kritisierte Graf. Der Bürgermeister erklärte, er sei für die Weitergabe dieser Informationen nicht verantwortlich gewesen.
Gemeinderatssitzung
Der Gemeinderat muss nun neue Richtlinien für die Vergabe von Bauplätzen erlassen. Die Angelegenheit wird in der Sitzung am heutigen Montag, 15. April, (19.30 Uhr im Reichlinger Rathaus) neben anderen Themen auf den Tisch kommen.