„Geht um Spektakel“: Trump baut Zelt-Gefängnisse im Eiltempo – trotz massiver Sicherheitsbedenken
Mit weiteren Milliarden Budget baut die US-Einwanderungsbehörde ICE im Eiltempo Zeltlager für Migranten – trotz Kritik an menschenunwürdigen Bedingungen.
Washington, DC – Die US-Regierung setzt beim Thema Migration weiter auf Abschreckung. Der Kongress sprach der US-Einwanderungsbehörde ICE zuletzt ein Jahresbudget von 74 Milliarden US-Dollar (etwa 63 Milliarden Euro) zu – dreimal so viel, wie bislang. Die Entscheidung war Teil des umstrittenen Steuer- und Ausgabengesetzes „Big Beautiful Bill“. Mit dem Geld soll die Behörde nun die Abschiebungen vorantreiben und mehr Betten für Häftlinge schaffen – trotz Sicherheitsbedenken auch in provisorischen Zeltlagern. Kritikern zufolge geht es Washington dabei vor allem ums „Spektakel“.
Symbolik statt Sicherheit? US-Regierung setzt auf Zelte statt Gefängnisse
Das Plus im Budget will ICE unter anderem dafür nutzen, bis Jahresende 100.000 Betten für Häftlinge bereitzustellen. Das geht aus einem Bericht des Wall Street Journal (WSJ) hervor, der sich auf mehrere interne Dokumente bezieht, die der US-Zeitung vorlagen. Zum Vergleich: Beim Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump lag die Zahl der Betten bei 40.000. Der Fokus liegt demnach auf provisorischen Zeltlagern (im Original: „hardened soft-sided facilities“), um die Ausweitung der Kapazität zu beschleunigen.
Priorität hat laut WSJ-Bericht eine Zeltstadt mit 5.000 Betten in Fort Bliss in El Paso im US-Bundesstaat Texas, die schon im August in Betrieb genommen werden soll. Weitere Zeltlager sind in Colorado, Indiana und New Jersey geplant. Stimmen aus der Gefängnisbranche kritisieren, dass die Verantwortung für Probleme in derart schnell eröffneten Einrichtungen den Bundesstaaten zugeschoben werde, nicht der Bundesregierung.
Die Juristin Eunice Cho von der Bürgerrechtsorganisation ACLU bemängelt, dass die Regierung offenbar lieber neue Zeltlager errichtet, statt vorhandene Gefängnisse zu nutzen – und dass dabei oft der symbolische Effekt im Vordergrund steht. Alles geschehe „in einem Umfeld, in dem es um das Spektakel geht“, zitiert WSJ die Juristin. Auch laut einem Bericht von Prüfern des US-Heimatschutzministeriums aus dem Jahr 2023 sind Zelte teilweise Geldverschwendung. Die interne Revision warf der Grenzschutzbehörde vor, nicht gründlich zu analysieren, ob Zelte nötig sind, wie viel sie kosten oder ob es bessere Alternativen gibt.

Florida baut Zeltlager trotz Hurrikangefahr, doch Abschieberekord bleibt aus
Trump hatte im Wahlkampf versprochen, das größte Abschiebeprogramm in der amerikanischen Geschichte zu starten. Öffentlichkeitswirksam wurde bereits das Gefängnis „Alligator Alcatraz“ in den Everglades im US-Bundesstaat Florida aus dem Boden gestampft – ebenfalls aus Zelten. Zuvor hatte Florida einen Bericht veröffentlicht, in dem mehrere bereits vorhandene Gebäude als Haftanstalten vorgeschlagen wurden. Diese seien laut Bericht günstiger und sicherer als Zeltunterkünfte – besonders angesichts der Hurrikangefahr in dem Bundesstaat.
Laut dem US-Präsidenten sollen in „Alligator Alcatraz“ Schwerverbrecher und andere Kriminelle inhaftiert sein. Die „Schlimmsten der Schlimmsten“, wie es von der Regierung hieß. Recherchen der lokalen Zeitung Miami Herald zufolge ergaben allerdings, dass mindestens ein Drittel der Häftlinge keinerlei Vorstrafen hatte. Unter dem Anteil der Häftlinge mit Vorstrafen sind demnach auch Vergehen wie etwa Fahren ohne Führerschein. Die rigide Migrationspolitik scheint zumindest teilweise Wirkung zu zeigen. Immer mehr Menschen verlassen die USA freiwillig, während gleichzeitig deutlich weniger Personen illegal über die Grenze kommen.
Laut der US-Grenzschutzbehörde CBP wurden im Juni nur 25.228 Fälle registriert – der niedrigste Stand seit Beginn der Aufzeichnungen. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Migration Richtung USA damit stark zurückgegangen. Die Zahl der Abschiebungen hingegen ist niedriger als unter der Regierung von US-Präsident Barack Obama, wie NBC News berichtete. Seit Februar schiebt die Trump-Regierung durchschnittlich 14.700 Menschen pro Monat ab. Obamas Höchststand aus dem Jahr 2013 lag demnach bei monatlich 36.000 Menschen.
„Niemand muss verhaftet werden“: US-Regierung preist Selbstabschiebung als „humane“ Lösung
An Trumps scharfem Migrationskurs gab es zuletzt viel Kritik – auch aus den eigenen Reihen. Der bekannte Podcaster Joe Rogan, der den Republikaner noch während seines Wahlkampfes unterstützt hatte, äußerte Zweifel am Vorgehen. Sorge gibt es auch in der Wirtschaft, da wichtige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und dem Hotel- und Gaststättengewerbe verloren gehen. Während die US-Regierung sagt, sich auf die Abschiebung von Kriminellen zu fokussieren, sprechen Razzien in Fabriken, Geschäften und landwirtschaftlichen Betrieben dagegen.
Auch der Rückhalt in der Bevölkerung sinkt: einer Umfrage von Marist Poll zufolge finden über die Hälfte der US-Amerikaner (54 Prozent), dass die Einwanderungsbehörde ICE übertrieben vorgeht. 18 Prozent meinen, ICE sei nicht streng genug, während 26 Prozent das Vorgehen für angemessen halten. In „Alligator Alcatraz“ soll es Berichten der Nachrichtenagentur AP zufolge teils Würmer im Essen, Mückenbefall und überschwemmte Toiletten geben. Zudem ist von mangelnder medizinischer Versorgung und dem Fehlen von Duschmöglichkeiten die Rede.
Die Regierung weist Kritik zu den Haftbedingungen in den schnell errichteten Gefängnissen zurück. „Niemand muss verhaftet oder in einem Internierungslager festgehalten werden“, sagte Innenministeriums-Sprecherin Tricia McLaughlin. „Sie haben die Wahl. Wenn sie sich illegal im Land aufhalten, können sie ihre 1.000 Dollar und einen kostenlosen Heimflug nehmen und sofort ausreisen“, fügte sie hinzu, eine Anspielung auf das „Selbstabschiebungsprogramm“ der US-Regierung.