Russland-Bank sieht „schockierende“ Zahlen – ist das Ersparte der Bevölkerung in Gefahr?

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Der Kreml verbrennt hohe Summen im Ukraine-Krieg. Das Ersparte der Bürger könnte eine Lösung bieten. Eine Bank macht dazu neue Vorschläge.

Moskau – Nachdem Russland im Februar und März Hoffnung geschöpft hatte, sich deutlich den USA anzunähern, mehrten sich zuletzt wieder die schlechten Nachrichten. Der wichtige Öl- und Gassektor hat drastische Verluste eingefahren. Außerdem verlieren die USA unter Präsident Donald Trump die Geduld bei der Frage um einen Waffenstillstand. Neue Zölle und Sanktionen sind bereits im Gespräch. Gleichzeitig zehrt der Krieg an den Reserven des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dabei ist Geld vorhanden – auf den Konten der Bürger.

Russland-Bank entdeckt „schockierende“ Zahl – greift der Kreml nach Bürger-Ersparnissen?

Die Gerüchte, dass der russische Staat sich an den Ersparnissen der Bürger bedienen könnte, halten sich hartnäckig. Zuletzt heizte der Leiter Finanzanalyse bei der russischen Sberbank, Michail Matownikow, sie an. Laut der Welt hatte dieser auf einem Wirtschaftsforum in Moskau angegeben, dass allein die Zinsen auf die Spareinlagen der Russen genügend Kapital versammeln würden, um alle nicht verkauften Wohnbauprojekte des Landes zu kaufen.

Wladimir Putin in Moskau.
Wladimir Putin in Moskau (Symbolfoto). Der Kreml verbrennt hohe Summen im Ukraine-Krieg. Das Ersparte der Bürger könnte eine Lösung bieten. Eine Bank macht dazu neue Vorschläge. © IMAGO / ITAR-TASS

„Ich habe eine Zahl, die wir vor Kurzem errechnet haben und die in einem gewissen Sinn schockierend sein könnte“, zitierte die Welt Matownikow. „Man bräuchte die Spareinlagen selbst gar nicht anzugreifen, es würde reichen, die Zinsen herzunehmen.“ Ein wenig Kontext dazu: Die Projektentwickler in Russland stehen aktuell vor gewaltigen Finanzierungs- und Verkaufsproblemen. Natürlich spiegelt das lediglich die Meinung eines einzelnen Wirtschaftsakteurs dar, allerdings ist die Sberbank keine normale Bank. Sie gilt als einer der wichtigsten Kreditgeber für Russlands Wirtschaft und befindet sich zu großen Teilen im Besitz des Staates.

Aktuell leidet sie – wie andere russische Banken auch – unter mehreren größeren Problemen. Durch westliche Sanktionen ist sie vom SWIFT-Bankensystem ausgeschlossen, was Transaktionen drastisch verlangsamt. Der Krieg zehrt gewaltige Summen an Geld auf. Außerdem sind die Zinsen in Russland derzeit auf einem extrem hohen Niveau. Viele Unternehmen stehen vor dem Bankrott, weil sie die Kreditzinsen nur schwerlich bedienen können. Dementsprechend bleiben Investitionen zurück. Und zugleich besteht im Markt für Unternehmenskredite ein Grundstock an toxischen Schulden, aber dazu später mehr. Vasily Astrov, Russland-Experte beim Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche, verweist in diesem Rahmen auf frühere „Raubzüge“ des russischen Staates unter seinen Bürgern, aktuell aber sei das Budgetdefizit noch nicht so hoch.

Russlands Wirtschaft leidet unter Inflation – und hohen Zinsen

Im Februar war die russische Inflationsrate auf 10,1 Prozent gestiegen. Laut dem Wirtschaftsportal Trading Economics bedeutete das den vierten Anstieg in Folge. Um dieser Entwicklung zu begegnen, zieht die Zentralbank unter Elvira Nabiullina stetig die Leitzinsen nach. Am 21. März 2025 hatte die russische Zentralbank die Leitzinsen auf einem hohen Wert von 21,0 Prozent pro Jahr belassen.

Die Zinspolitik der Zentralbank hatte wiederholt für Kritik aus dem Kreml gesorgt. Der russische Präsident Wladimir Putin will niedrigere Zinsen. Medienberichten zufolge soll sogar eine interne Überprüfung der Bank stattfinden. Diese soll offenlegen, inwiefern die Geldpolitik der Zentralbank zwischen 2022 und 2024 die Inflation, Investmententwicklungen und Mehrausgaben beeinflusst hat. Laut dem Nachrichtenportal Newsweek gehen Experten von einem „Angriff“ auf die Chefin der Zentralbank Nabiullina aus. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen die künftige wirtschaftliche Strategie Russlands beeinflussen.

Faule Kredite tief in Russlands Wirtschaft – steht eine „systemische Kreditkrise“ bevor?

Ein weiteres Problem, das viele russische Banken derzeit haben sollen, ist das der faulen Kredite. Hier berichtete der US-Ökonom Craig Kennedy schon vor Monaten von einer zweigleisigen Strategie des Kremls, um den Krieg zu finanzieren. Kennedy, der beim Davis Center for Russiand and Eurasian Studies der Harvard-Universität als unabhängiger Gelehrter gelistet ist, beschrieb dazu, dass der Kreml nicht nur den regulären Verteidigungshaushalt benutzt, um die Rüstungsindustrie zu bezahlen. Eine zweite Schiene soll aus unauffälligen, außer-budgetären Finanzierungsprogrammen bestehen, ähnlich umfangreich wie der Verteidigungshaushalt.

Angeblich zwingt der Kreml russische Banken, kriegsrelevanten Unternehmen Vorzugskredite zu staatlich festgelegten Bedingungen zu gewähren. Dieses Finanzierungsprogramm soll seit Mitte 2022 zu einem beispiellosen Anstieg der gesamten Unternehmensverschuldung um 415 Milliarden Dollar beigetragen haben. Unter Berufung auf einen entsprechenden Bericht teilte Kennedy mit, dass ein guter Teil dieser Summe aus Bankkrediten an Rüstungsunternehmen geflossen sein soll. Das soll die Zahlung kriegsrelevanter Güter und Dienstleistungen erleichtert haben.

Dieser Plan des Kremls soll laut Kennedy einer der hauptsächlichen Treiber für die Inflation und dadurch für die hohen Leitzinsen sein. Außerdem soll er die notwendigen Rahmenbedingungen für eine „systemische Kreditkrise“ bilden. Sich an den hohen Zinsen aus dem Ersparten der russischen Bevölkerung zu bedienen, könnte einen Teil der Lösung darstellen.

Auch interessant

Kommentare