„Kann Anfang vom Ende sein“: Wie sechs Länder die Erhöhung des Rundfunkbeitrags stoppen können
Markus Söder und Reiner Haseloff sind gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Die Länder bemühen sich um eine politische Lösung. Falls es vor Gericht geht, könnte dies weitreichende Folgen haben.
Es geht um 58 Cent. Die soll jeder Haushalt in Deutschland pro Monat mehr bezahlen. Zumindest möchte das die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Das geht aus einem Entwurf hervor, wonach der Rundfunkbeitrag zum 1. Januar 2025 von 18,36 Euro auf 18,94 Euro im Monat steigen soll. Zuvor muss die Kommission aber noch einen Beschluss fassen – und die Bundesländer diesem anschließend zustimmen. Doch nun hauen einige Länder dazwischen. Die Kritik ist zwar nicht neu, die Vehemenz der Gegenwehr hat aber eine neue Qualität.
In der Schule ist die „Sechs“ eine Drohung. Womöglich sorgt diese Zahl auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk für zitternde Knie. Sechs Bundesländer (Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt) lehnen die Erhöhung des Rundfunkbeitrages ab. Sie wollen, dass die Rundfunkanstalten lernen, mit dem Geld auskommen, das sie aktuell erhalten. Und nicht mehr. Gleichzeitig wachsen die Anforderungen an die Sender immer weiter. Denn die Inhalte werden im Grundversorgungsauftrag festgelegt. Auf diesen einigen sich die Bundesländer und schreiben ihn in den Medienstaatsvertrag. Das Problem: Die Grundversorgung wächst kontinuierlich.
Medienrechtler: Dann muss an den Inhalten gespart werden
Mehr Inhalte für das gleiche Geld? „Dann müssten die Rundfunkanstalten an den Inhalten sparen“, sagt Medienrechts-Professor Marcus Schladebach. Andererseits sei aber auch mehr Werbung denkbar. „Das müssten die Länder beschließen“, erklärt Schladebach. Der 51-Jährige glaubt aber: „Wenn es rechtlich zulässig ist, dass einige Länder gegen eine Erhöhung der Gebühren stimmen, kann das der Anfang vom Ende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein“. Der Potsdamer Hochschullehrer vermutet, dass die Länder eine Beitragserhöhung in der Folgezeit kategorisch ablehnen könnten, wenn es rechtlich ermöglicht wird.
Sachsen-Anhalt hatte sich schon einmal quergestellt. Über die Erhöhung zum 1. Januar 2021 ließ Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) das Landesparlament gar nicht erst abstimmen. Das Bundesverfassungsgericht entschied daraufhin, dass Sachsen-Anhalt kein Veto-Recht besitze, seine Zustimmung wurde fingiert. Aus dem Grundgesetz ergebe sich eine Mitwirkungspflicht der Länder, wenn das Verfahren schon weit fortgeschritten ist. Davon kann bei einem bloßen Entwurf noch keine Rede sein.
Die 8,5 Milliarden Euro müssen irgendwo herkommen
Die Bundesländer müssten sich außerdem gute Gründe einfallen lassen. „Es ist aus Ländersicht schwierig zu argumentieren, dass der Grundversorgungsauftrag zu groß ist, da die Länder diesen zuvor gemeinsam festgelegt haben“, sagt Schladebach. Vor einer Woche hat eine Kommission unter Leitung von Reiner Haseloff dem CDU-Bundesvorstand ein Positionspapier mit konkreten Reformvorschlägen für ARD, ZDF und Deutschlandradio vorgelegt: Diese sollen stärker kooperieren und vor allem Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung liefern. Zudem mehr digital anbieten, weniger linear. Markus Söder (CSU) hatte sich klar gegen eine Erhöhung des Beitrags ausgesprochen, nannte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber zeitgleich „einen Grundpfeiler der Demokratie“.
Eine generelle Abschaffung des Rundfunkbeitrags, so wie vereinzelt gefordert, könnte sich als Placebo herausstellen. Solange die Landesrundfunkanstalten weiterhin bestehen, müssen diese finanziert werden. „Die 8,5 Milliarden Euro müssen dann aus einem anderen Topf bezahlt werden“, sagt Schladebach. Die Finanzierung durch Beiträge sorgt dafür, dass Länder keinen Zugriff darauf haben. Wenn stattdessen jede Landesregierung die Mittel aus ihrem Haushalt zur Verfügung stellen müsste, könnte dies ganz neue Probleme mit sich bringen.