Serie „So geht es Deutschland wirklich“ - Zwölf Stunden Arbeit, 6500 Euro Lohn: Ex-DDR-Häftling lebt „gesamtdeutschen Traum“
Unternehmer Rico Schiller liebt seinen Beruf. Und er lebt seinen Traum. Den „gesamtdeutschen Traum“ vom eingesperrten Ossi zum erfolgreichen Wessi.
Der 55-Jährige wurde in Stralsund geboren und wuchs in der DDR auf. Weil er aus der Deutschen Demokratische Republik flüchten wollte, wurde der gelernte Schiffbauer zum politischen Häftling und schließlich von der BRD freigekauft. „Durch die Einschränkung der persönlichen Freiheit und der eingeschränkten Reisefreiheit wollte ich in einem anderen Land leben“, blickt er zurück.
Über den Beruf als Fallschirmjäger kam er nach Bayern und verliebte sich nach eigener Aussage in das Bundesland. Mit 32 Jahren folgte die Umschulung zum Hörgeräteakustiker. „Ich habe mich entschlossen, Menschen das Gehör wiederzugeben“, sagt er.
Hörakustiker verdient 6500 Euro brutto im Monat
Mit seinem jetzigen Leben ist der Vater von drei Kindern zufrieden. Er ist verheiratet und hat drei Stiefkinder, lebt in einer Patchworkfamilie. Seine Stimmung beschreibt Schiller sogar als „perfekt“. Zwei neue Hüften hat er in diesem Jahr bekommen, dabei sei alles „tipptopp“ gelaufen.
Dafür macht er seine private Krankenversicherung verantwortlich, dank der er eine Reha in Bad Griesbach machen konnte. Schiller bezweifelt, dass er als gesetzlich Versicherter so schnell wieder auf die Beine gekommen wäre. Statt fünf bis sieben Anwendungen am Tag, hätte er als „Gesetzlicher“ nur wenige in der Woche bekommen.
Gesundheitlich läuft es bei Schiller also wieder gut, und auch finanziell kann er nicht klagen. Der Unternehmer lebt von 6500 Euro brutto im Monat – ein großer Kontrast zu seiner Vergangenheit. Als freigekaufter politischer Häftling besaß er lediglich ein Hemd, eine Hose sowie Socken und Schuhe. Er habe damals „nicht mal eine Jacke gehabt“.
Auch Auszeiten und Reisen sind für Schiller heute finanziell kein Problem. Der 55-Jährige erklärt, dass er für die Urlaube nun das Geld habe, aber selten die Zeit. „Früher war das andersherum.“ Dennoch schafft er es, auch dank der Hilfe seines Geschäftspartners, sich einmal im Jahr einen Urlaub zu gönnen.
Um sich diesen Lebensstil leisten zu können, muss Schiller vor allem auf eines verzichten: Freizeit. So arbeitet er jeden Tag zwölf Stunden, von acht bis 20 Uhr. Der Unternehmer findet: „Die Verantwortung, die du hast, musst du übernehmen“, und meint dabei seine Mitarbeiter und Kunden.
Was halten Sie von der Ampel-Regierung? „Nichts!“
Eine klare Meinung hat er zur Politik. Die Frage, was er von der gescheiterten Ampel-Regierung hält, beantwortet er wie aus der Pistole geschossen mit einem Wort: „nichts“.
Ähnlich sieht das sein Geschäftspartner Marco Gebert. Der Vater von zwei Töchtern findet: „Sie geben Bürgern keine Sicherheit und erklären ganz schlecht. Sie haben keinen Plan.“
Es sind vor allem vier Dinge, die sich laut Rico Schiller in Deutschland ändern müssen.
- Er wünscht sich von der Politik wieder mehr Bürgernähe.
- Er fordert, dass „der Mittelstand als Motor der Nation spürbar entlastet wird“.
- Seiner Meinung nach sollte zudem jeder Bürger steuerlich entlastet werden.
- Der Unternehmer findet: „Arbeit in Deutschland muss sich für die Fleißigen wieder lohnen.“
Was passiert, wenn dies nicht so ist, erlebte er hautnah, als eine 26-jährige Bürgergeld-Empfängerin bei ihm ein Praktikum als Hörakustikerin absolvierte. Sie wollte keinen Ausbildungsplatz, weil es ihr finanziell ohne Arbeit genauso gut ging.
„Unfair und unsozial“: Staat will Corona-Hilfen zurück
Kein Verständnis haben Schiller und Gebert auch für den staatlichen Kurs bei den Corona-Soforthilfen. Sie selbst müssen die Mittel nun zurückzahlen.
Während der Pandemie waren die Hörakustiker alles andere als untätig. Sie eröffneten ein neues Fachgeschäft, bildeten ihre Mitarbeiter aus, machten Werbung, um keinen Mitarbeiter in die Kurzarbeit schicken zu müssen. Dies kostete sie ihre Rücklagen im sechsstelligen Bereich – doch die Investitionen haben sich gelohnt, das Unternehmen steht gut da.
Dass sie die Corona-Hilfen jetzt zurückzahlen müssen, finden sie „unfair und unsozial“. Gebert weist auch auf ein Zitat des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD) hin, der über die Soforthilfe sagte: „Ganz wichtig ist mir: Wir geben einen Zuschuss, es geht nicht um einen Kredit. Es muss also nichts zurückgezahlt werden.“