Der Mann, den viele Dortmunder hassen
Christian Wück und seine deutsche U17 kämpfen um den WM-Titel. Ganz Deutschland fiebert mit, auch wenn nicht alle bekennende Fans des Trainers sind.
Die deutsche U17-Nationalmannschaft greift bei der Fußball-WM in Indonesien nach dem Titel – erstmals seit 38 Jahren. Mit dem spektakulären 4:2-Sieg im Elfmeterschießen (3:3 nach 90 Minuten) gegen die argentinische Auswahl steht das Team von Bundestrainer Christian Wück nun im Finale. Dort treffen die Spieler um Kapitän Noah Darvich auf Frankreich (Samstag ab 12:50 Uhr im Liveticker bei t-online).
Der WM-Titel als Krönung? "Das ist das Ziel. Sie wollen diesen letzten Schritt gehen", sagte Trainer Wück im ZDF-Morgenmagazin vor dem Finale über seine Spieler. Er erwarte ein "unheimlich enges Spiel". Dabei hatte sich Deutschland zuletzt im EM-Finale gegen die französische Auswahl durchgesetzt und den Pokal geholt.
"Ich glaube, dass wir mit unseren Tugenden, unserer Mentalität und unseren individuellen Fähigkeiten die Möglichkeit haben, den Titel zu holen", sagte Wück. Man habe es geschafft, "ganz unterschiedliche Charaktere" zu einem Team zu formen, "das durch dick und dünn geht". An der Spitze aber steht der Trainer, der im deutschen Nachwuchsfußball viel Erfahrung mitbringt. Wück ist bereits seit 2012 für die Juniorenteams beim DFB tätig. Seine Trainerlaufbahn begann er aber bereits nach seinem Karriereende 2002 bei seinem früheren Verein Arminia Bielefeld, ehe es ihn nach Ahlen und Kiel zog.
Sein Trainerjob beim DFB war jedoch nicht sein erster Kontakt mit dem Verband. Schon als aktiver Spieler stand er im Dienst des deutschen Fußballs: Als 18-Jähriger galt Wück als eines der größten Talente des Landes. So wurde er als Spieler des 1. FC Nürnberg 1992 erstmals in die Nationalmannschaft berufen. Der junge Offensivmann machte schon früh auf sich aufmerksam – doch nicht nur positiv.
"Wück, du Sau!"
Auslöser dafür war eine Szene im wichtigen Duell seiner Nürnberger gegen Borussia Dortmund im April 1992. Der BVB war zu dem Zeitpunkt Tabellenführer, wollte erstmals nach 29 Jahren wieder Meister werden. Am 31. Spieltag ging es dann nach Franken. In der elften Spielminute der Partie war Wück im Laufduell mit Dortmunds Günter Kutowski. Der Verteidiger des BVB setzte zur Grätsche an, Wück spürte etwas und ging im Strafraum zu Boden.
"Ich hätte nicht fallen müssen, aber ein Kontakt war definitiv da – allerdings außerhalb des Strafraums und nicht so, dass ich nicht hätte weiterlaufen können. Das hätte man nicht pfeifen müssen", erinnerte sich Wück in einem Interview im Februar 2023 mit "Goal" und "Spox". Das belegte auch die Zeitlupe. Doch obwohl Wücks Aktion eine Schwalbe war, zeigte Schiedsrichter Hans-Jürgen Kasper auf den Punkt. Der "Club" ging in Führung und ausgerechnet Wück erhöhte nur wenig später in seinem Bundesliga-Startelfdebüt auf 2:0.
Dortmunds Torjäger Stéphane Chapuisat verkürzte zwar noch, doch der BVB rutschte durch die Niederlage auf Rang drei ab – und holte den lang ersehnten Titel am Ende nicht. So hassten fortan viele Dortmunder Fans Wück. Er erhielt für seine Aktion Morddrohungen per Post, musste von vielen BVB-Anhängern rüde Beleidigungen wie "Wück, du Sau" hinnehmen – und stellte fest, dass auch heute, 31 Jahre nach dem Spiel, kaum ein Dortmunder die Szene vergessen hat.
Der frühere BVB-Präsident Reinhard Rauball (von 1979 bis 1982, 1984 bis 1986 und 2004 bis 2022) habe einmal bei einem Treffen gesagt: "Ein Schwarz-Gelber vergisst halt nicht", erzählte Wück im Interview.
Wück lässt mit Ohrenstöpsel trainieren
Für die große Karriere reichte es aber beim Toptalent Wück nicht. Über die Jahre stoppten ihn Knochenabsplitterungen, Bänderrisse und vor allem Knieprobleme. Im Alter von 26 Jahren ließ er sich dann als erster deutscher Profisportler den Meniskus eines Verstorbenen einsetzen. Drei Jahre lang ging es gut, dann musste er aufgeben. Auf die Dauer war sein Knie an der Stelle nicht belastbar genug. Mit 29 Jahren beendete er seine aktive Spielerkarriere in Bielefeld.