Mond-Entstehung: Forscher stellen gängige Theorie infrage
Ist der Mond wirklich bei einer Kollision eines Planeten mit der Ur-Erde entstanden? Zwei Forschungsteams präsentieren alternative Erklärungen.
University Park – Der Mond begleitet die Erde seit Milliarden Jahren auf ihrem Weg um die Sonne. Mit seinen verschiedenen Phasen ist er ein vertrauter Anblick am Himmel. Doch wie entstand der Mond eigentlich und wie kam es, dass er die Erde umkreist? Seit der Kona-Konferenz im Jahr 1984 ist eine Theorie eigentlich unumstritten: Ein kleiner Planet kollidierte mit der Ur-Erde, aus den Bruchstücken bildete sich der Mond. Darauf deuten auch Bodenproben vom Mond hin, die die „Apollo“-Astronauten mit zur Erde brachten.
Hat die junge Erde den Mond bei einer engen Begegnung eingefangen?
Doch gleich zwei Forschungsteams haben nun neue Theorien zur Entstehung des Mondes ausgearbeitet und veröffentlicht. Darren Williams und Michael Zugger von der Penn State University schlagen in einer Studie, die im The Planetary Science Journal veröffentlicht wurde, eine ganz andere Möglichkeit vor, wie Mond und Erde zusammenfanden. Ihrer Meinung nach hat die junge Erde den Mond während einer engen Begegnung mit einem Binärsystem im Weltraum eingefangen.
Williams betont in einer Mitteilung: „Die Kona-Konferenz war 40 Jahre lang richtungsweisend“. Doch es blieben viele Fragen zur Entstehung des Mondes unbeantwortet. Eins dieser Rätsel ist die Umlaufbahn des Mondes. Ein Mond, der aus der Kollision eines Planeten entsteht, sollte über dem Äquator des Planeten kreisen. Warum befindet sich der Mond dann in einer anderen Ebene? Williams erklärt: „Der Mond befindet sich mehr auf einer Linie mit der Sonne als mit dem Erdäquator“.
Erde hätte auch ein größeres Objekt als den Mond einfangen können
Laut der neuen Mond-Theorie von Williams und Zugger trennt die Erdgravitation die beiden Körper des Binärsystems und fängt eines der Objekte ein – den Mond. Dieser wird zum Satelliten der Erde und umkreist sie auf seiner aktuellen Bahn. Williams weist darauf hin, dass dies auch in anderen Teilen des Sonnensystems geschehen sein könnte, wie zum Beispiel bei Triton, dem größten Mond des Neptun, der wahrscheinlich vom Neptun aus dem Kuipergürtel eingefangen wurde.
Die Forscher glauben, dass die Erde sogar ein Objekt hätte einfangen können, das größer als der Mond ist. Selbst ein Objekt von der Größe des Merkur oder Mars wäre möglich gewesen, obwohl die Umlaufbahn wahrscheinlich instabil gewesen wäre.

Meine news
Umlaufbahn des Mondes verrät Forschern die alternative Entstehung
Die Umlaufbahn des Mondes ist für das Forschungsteam der größte Hinweis auf seine alternative Entstehung. Ihre Berechnungen legen nahe, dass ein eingefangener Satellit, der einst Teil eines Binärsystems war, sich mathematisch so verhalten könnte, wie es der Mond tut. Allerdings sind sie sich nicht sicher, ob der Mond tatsächlich auf diese Weise entstanden ist. Williams betont: „Niemand weiß, wie der Mond entstanden ist. In den letzten vier Jahrzehnten hatten wir nur eine Möglichkeit, wie er entstanden sein konnte. Jetzt haben wir zwei. Das eröffnet eine Fundgrube für neue Fragen und Möglichkeiten für weitere Untersuchungen.“
Doch es gibt nicht nur zwei Theorien zur Entstehung des Mondes: Ein Forschungsteam von der ETH Zürich argumentiert, dass die Zusammensetzung von Erde und Mond zu ähnlich ist, um zu glauben, dass der Mond ein Bruchstück der Erde sein könnte. Sie vermuten, dass beide Himmelskörper aus der gleichen Materialwolke entstanden sind, etwa zur gleichen Zeit. Ihre Studie ist auf dem Preprint-Server ArXiv zu finden und soll im Fachjournal 2024 Treatise on Geochemistry veröffentlicht werden. (tab)