Alternative Standorte für Arbeitsgericht
Nachdem bekannt geworden ist, dass das Arbeitsministerium den Arbeitsgerichtstag in Holzkirchen schließt, macht sich Vize-Landrat Jens Zangenfeind für alternative Standorte im Kreis Miesbach stark. Ziel ist, einen wohnortnahen Rechtszugang für die Landkreisbürger zu sichern.
Dass vier Anwälte einer Meinung sind, kommt nicht alle Tage vor: Stefan Brandmaier, Alexander Mayerhöfer, Markus Wrba und Haushams Bürgermeister Jens Zangenfeind (FWG) – vor seiner politischen Laufbahn als Anwalt tätig – haben sich als Vertreter ihrer Zunft im Haushamer Rathaus getroffen, um zu beraten, wie die Schließung des Arbeitsgerichtstags in Holzkirchen zum 30. Juni (wir berichteten) verhindert werden kann.
Nicht etwa, weil ein paar Anwälten der Weg zum Arbeitsgericht in München-Schwabing zu weit wäre. Es geht ihnen darum, den Rechtszugang für die Menschen im Kreis Miesbach zu sichern. „Wenn nur Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen zählen, dann wäre es konsequent, in ein paar Jahren auch das Amtsgericht in Miesbach aufzugeben“, warnt Zangenfeind.
Von der Schließung des Gerichtstags in Holzkirchen sind auch 13 Gemeinden im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen betroffen, die in die Holzkirchner Zuständigkeit fallen, darunter die Kreisstadt Bad Tölz, Lenggries, Kochel am See und Benediktbeuern. Deshalb will Zangenfeind den Tölzer Landrat Josef Niedermaier ins Boot holen. Außerdem den Landrat von Garmisch-Partenkirchen, Anton Speer, da der dortige Gerichtstag ebenfalls vor dem Aus steht. An insgesamt acht Standorten will das zuständige Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales arbeitsgerichtliche Amts- und Gerichtstage schließen. „300 000 Menschen sind betroffen, das ist keine Kleinigkeit“, sagt Zangenfeind.
Die Pläne beruhen auf einer Anregung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes. Das geht aus der Antwort des Arbeitsministeriums an den Miesbacher Rechtsanwalt Stefan Brandmaier hervor, der eine Protestnote an Ministerin Ulrike Scharf (CSU) geschickt hatte (wir berichteten). In der Antwort, die unserer Redaktion vorliegt, ist von „nicht unerheblichen Kosten und einem hohen personellen Aufwand“ für die Amts- und Gerichtstage die Rede. Wie alle Gerichte wird auch der Gerichtstag in Holzkirchen von einem Sicherheitsdienst bewacht. Konkrete Kosten nennt das Ministerium nicht. Stattdessen argumentiert es mit dem „digitalen Transformationsprozess“, der „auch in Bayern die Frage nach einer angemessenen Reform der Gerichtsstruktur“ aufwerfe. Die Räume in Holzkirchen verfügten nicht über die erforderliche digitale Infrastruktur.
„Das Ministerium nennt keinen Grund, den ich verstehen kann“, sagt Zangenfeind. Beispielsweise argumentiert das Ministerium, die Gerichtstage seien ursprünglich vor dem Hintergrund einer eingeschränkten Mobilität der Arbeitnehmer eingeführt worden. „Mittlerweile ist Holzkirchen sehr gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden, sodass das Hauptgericht München klimaschonend und kostengünstig erreicht werden kann“, heißt es in dem ministeriellen Schreiben. Dazu Wrba: „Was ist mit Kreuth, Fischbachau und Bayrischzell?“ Er sieht die Gefahr, dass sich die Menschen auf dem Land von der Politik im Stich gelassen fühlen. „Da heißt es dann: Ihr macht ja nix, und dann wählen sie die AfD.“ Deshalb sei er dankbar, dass sich Zangenfeind der Sache annehme.
Zangenfeind schlägt vor, zwei Alternativ-Standorte im Kreis Miesbach zu prüfen: Den Neubau des Landratsamtes, wo die Sitzungssäle in der Regel nur nachmittags genutzt würden. Die digitale Infrastruktur und ein Sicherheitsdienst seien dort vorhanden. Und das Amtsgericht in Miesbach, das ebenfalls entsprechend ausgestattet sei. Für letzteres ist das Justizministerium zuständig, das Zangenfeind deshalb auch anschreiben wird. „Dann haben die Ministerien die Chance, zu zeigen, wie schnell sie reagieren können.“ Zugleich möchte Zangenfeind das Thema in die Bürgermeister-Dienstbesprechung und den Kreistag bringen. Seiner Meinung nach sei die Schließung der Gerichtstage unter dem Radar gehalten worden, damit nichts hochkoche. „Je mehr Leute dahinter stehen, desto besser“, so Zangenfeind. „Dann kann man nicht sagen: Ach, der Bürgermeister aus Hausham, der hört schon wieder auf, sich zu beschweren.“