Geliebte Tochter, geschätzte Mäzenatin

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Expertin für Elisabeths Familie: Roswitha Wenzl, die unter anderem Führungen im Kaiserin-Elisabeth-Museum in Possenhofen leitet, am Fächer, den Marie Valerie von Österreich ihrer Mutter Sisi geschenkt hatte. © Andrea Jaksch

Vor 100 Jahren starb Erzherzogin Marie Valerie von Österreich, die jüngste Tochter von Kaiserin Elisabeth. Eine Enkelin lebt noch heute am Starnberger See.

Vor 100 Jahren, am 6. September 1924, starb Marie Valerie von Österreich, geliebte Tochter der Kaiserin Elisabeth von Österreich. Sie wurde 56 Jahre alt. Ihr Leben als Tochter und jüngstes Kind des Kaisers Franz Joseph und Kaiserin Elisabeths von Österreich, als Ehefrau von Erzherzog Franz Salvator von Österreich-Toskana, als Mutter von zehn Kindern und als große Wohltäterin in ihrer Heimat Wallsee war geprägt von Herzlichkeit und Güte, von Bescheidenheit und tiefer Religiosität. Obwohl Marie Valeries Lebensmittelpunkt später Schloss Wallsee in Niederösterreich war, gibt es bis heute enge Verbindungen zum Starnberger See und seiner Region. Eine ihrer Enkelinnen, Prinzessin Theresa von Bayern, lebt noch heute am Starnberger See und pflegt das Andenken an ihre Großmutter. Vor allem aber im Kaiserin-Elisabeth-Museum in Possenhofen erinnern viele Ausstellungsstücke und Bilder an die Kaisertochter. Der wunderbare Fächer in der sogenannten Schicksalsvitrine im Königssalon zieht bis heute bewundernde Blicke auf sich. Er ist ein Geschenk Marie Valeries an ihre Mutter nach dem Tode ihres Bruders Kronprinz Rudolf.

Im Schloss Possenhofen verbrachte die Kaisertochter immer wieder wunderbare Wochen bei ihrer Großmutter Ludovika. Dort traf sie sich gern mit ihrer Cousine Amélie, Tochter des Herzogs Karl Theodor in Bayern, Lieblingsbruder der Kaiserin und Lieblingsonkel von Marie Valerie. Die beiden Mädchen verband eine innige Freundschaft. Viele Fotos zeigen sie beim gemeinsamen Klavierspielen, beim Stricken oder bei Spielen im Schlosspark von Possenhofen.

Geboren am 22. April 1868 in Ungarn, war sie das vierte und jüngste Kind von Kaiserin Elisabeth und Kaiser Franz Josef von Österreich. Obwohl sie als Erzherzogin von Österreich in den höchsten Kreisen Europas aufwuchs, zeichnete sie sich durch ihre Bescheidenheit, ihren wohltätigen Einsatz und große Nähe zu den Menschen ihrer Umgebung aus. Ein besonders enges Verhältnis hatte sie zu ihrer Mutter, die ansonsten für ihre eher distanzierte Beziehung zu ihren anderen Kindern bekannt war. Auch zu ihrem Vater hatte sie eine innige Beziehung. Er verbrachte nach dem Tode von Elisabeth oftmals viele Wochen in Wallsee und fand Trost und Hilfe bei seiner Tochter inmitten der großen Familie und den zahlreichen Enkeln. Marie Valeries Ehe mit Erzherzog Franz von Salvator von Österreich-Toskana war von Respekt und tiefer Verbindung geprägt, wenn auch nicht immer spannungsfrei ob der bekannten Untreue ihres Mannes. Das Paar hatte neun lebende Kinder, von denen einige ebenfalls in bedeutende Adelsfamilien Europas heirateten.

Ein zentraler Ort im Leben der Erzherzogin war Schloss Wallsee, das sie mit ihrem Mann 1895 erworben hatte. Dort engagierte sich Marie Valerie für soziale und wohltätige Zwecke, was ihr in der lokalen Bevölkerung große Beliebtheit einbrachte. Als „guter Engel von Wallsee“ ist Marie Valerie bis heute in der Erinnerung der Bewohner. Johann Wahl, Obmann des Museumsvereins Wallsee-Sindelburg, sieht es auch als seine Aufgabe an, die zahlreichen Wohltätigkeiten der Erzherzogin im Bewusstsein der nachfolgenden Generation zu erhalten. „Sie hat einfach die Not der Menschen gesehen und gehandelt“, so Wahl, „und hat dabei ihre Leistungen nie in den Vordergrund gestellt. Ihr Antrieb war eine tiefe Gläubigkeit und christliche Nächstenliebe.“

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Enges Verhältnis zur Tochter: Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn (Sisi, auf einem Gemälde von Franz Xaver Winterhalter). Ihre Urenkelin lebt noch heute am Starnberger See. © Franz Xaver Winterhalter

So richtete sie 1910 für die alten Menschen ihrer Gemeinde, die weder Rente noch Pension damals bezogen, ein Armenspital ein, sie besuchte bei der Geburt eines Kindes in ihrer Gemeinde die Familien persönlich und brachte jedes Mal ein Kilo Honig aus ihrer eigenen Imkerei mit. „Unvergesslich“, so Wahl, sei „ihr großer und persönlicher Einsatz im 1. Weltkrieg, als sie in einem Flügel des äußeren Schlosses ein Lazarett für die Verwundeten des Krieges einrichtete. Und sich nicht schonte, sondern als Krankenschwester tatkräftig mithalf.“ Ein Gedenkgottesdienst für Marie Valerie (100. Todestag) findet am Samstag, 7. September, um 10 Uhr in der Pfarrkirche Sindelburg statt.

Ich habe sie zwar nicht mehr persönlich kennengelernt, aber für mich sind auch ihr Tagebuch und natürlich die Schilderungen meines Vaters eine wunderbare Erinnerungsquelle.

Am Starnberger See erinnert sich vor allem Prinzessin Theresa von Bayern (93) noch lebhaft an ihre Großmutter. „Ich habe sie zwar nicht mehr persönlich kennengelernt, aber für mich sind auch ihr Tagebuch und natürlich die Schilderungen meines Vaters eine wunderbare Erinnerungsquelle“, so Prinzessin Theresa. Aus Anlass des 100. Todestags ihrer Großmutter Marie Valerie hat sie gern in einem persönlichen Gespräch die Erinnerungen noch einmal lebendig werden lassen.

Sie selbst ist im Schloss Wallsee groß geworden und hat erst mit ihrer Heirat mit Prinz Rasso von Bayern 1955 die österreichische Heimat verlassen. Wunderbare Fotoalben von ihrem Vater Erzherzog Theodor Salvator dokumentieren das Leben im Schloss Wallsee und sind gleichfalls Erinnerungen an die Großmutter. „Mein Vater war, dank der sorgfältigen und zukunftsorientierten Erziehung seiner Mutter, sehr fortschrittlich eingestellt. Er hatte nicht nur Privatlehrer, sondern besuchte eine öffentliche Schule und ging später ins Jesuiteninternat nach Feldkirch.“

Ganz in der Tradition ihrer Großmutter schöpft auch Prinzessin Theresa Kraft und Zuversicht aus ihrem Glauben. Die Erziehung ihrer sieben Kinder war geprägt von tiefer Religiosität. In der Weitergabe der christlichen Werte sieht sie eine zentrale Aufgabe ihres Lebens. Auch das ein Erbe ihrer Großmutter.

Roswitha Wenzl

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