Was das Land jetzt braucht - Militär-Experte sagt, wo er jetzt spektakulären Ukraine-Schlag erwartet

Russland - und hier wird der entscheidende Unterschied deutlich - habe sich aber inzwischen „in allen Dimensionen des Krieges und der Kriegswirtschaft auf einen langen, auszehrenden Krieg eingestellt“, konstatiert Thiele.

Die russische Kriegswirtschaft läuft auf Hochtouren. „Von Panzern über Drohnen bis hin zur Ausrüstung für den immer wichtiger werdenden elektromagnetischen Kampf werden monatlich Chargen produziert“, so der ehemalige Oberst.

Auf der anderen Seite ließen die Ukraine und ihre westlichen Partner weder eine zielführende Strategie noch eine leistungsfähige Kriegswirtschaft erkennen.

Was die Ukraine jetzt braucht, um den Krieg zu gewinnen - oder nicht zu verlieren

Um den Krieg gegen Russland doch noch zu gewinnen, braucht es statt langwierigen Debatten handfestes Material. Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Beziehungen, wird konkret: „Die Ukraine braucht dringend Munition, vor allem Artilleriegeschosse der Kaliber 155 und 125 Millimeter, Flugabwehrsysteme und Kampfflugzeuge, um die Lufthoheit der russischen Armee an der Frontlinie zu brechen“.

Wie wichtig zum Beispiel Kampfflugzeuge auch für die Ukrainer sind, hat wohl zuletzt der Abschuss eines russischen Aufklärungsflugzeugs durch die Ukraine gezeigt. Laut dem Oberst Markus Reisner könnte dies ein Hinweis auf erste Einsätze westlicher F-16-Kampfflugzeuge sein.

Im Interview mit „ NTV “ sagte er: „Wir wissen aus der Vergangenheit, dass immer wieder Waffensysteme bereits vor der eigentlichen Ankündigung eingesetzt worden sind. Weil die Ukrainer deren Vorteil natürlich so lange wie möglich ausspielen möchten. Erst dann, wenn die Trümmer von verschiedenen westlichen Waffensystemen aufgetaucht sind, hat die Ukraine den Einsatz dieser Waffensysteme bestätigt.“

Ukraine-Coup: „Das wird vermutlich jetzt im März passieren“

Interessant sei in diesem Zusammenhang auch eine Aussage von Kyrylo Budanow, dem Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, so Reisner. Er habe einige Überraschungen angekündigt.

„Ich glaube, dass damit wieder ein Angriff auf die Kertsch-Brücke oder ähnlich spektakuläres gemeint sein könnte. Das wird vermutlich jetzt im März passieren, weil ja die Wahlen in Russland vor der Tür stehen. Die Ukrainer versuchen im Informationsraum den Russen hier eine Niederlage zu bereiten. Ein spektakulärer Angriff auf die Krim-Brücke bietet sich dafür an“, so Reisner.

Ukraine fordert Taurus und eintausend moderne westliche Panzer

Doch mit Kampfflugzeugen allein ist es nicht getan. „Russland verfügt über mehr als zwei Millionen Artilleriegeschosse pro Jahr. Ein ähnliches Niveau müsste auch für die Ukraine gewährleistet sein“, sagt Mangott.

Als Voraussetzung für eine erfolgreiche Offensive habe General Saluschnyi kürzlich mehr als tausend moderne westliche Panzer, Schützenpanzer und Artilleriegeschütze angefordert, erklärte auch Thiele. Auch eine effektive Luftunterstützung und Minenräumgeräte seien Voraussetzung für jede Angriffsbewegung.

Thiele präzisiert: „Was die Munition betrifft, so werden täglich etwa 10.000 Artilleriegranaten verschossen. 300.000 Geschosse reichen für einen Monat. Drei Millionen Granaten sind ein anzustrebendes Jahresminimum.“

Auch der Verbrauch an Kleindrohnen in der Ukraine liege derzeit bei etwa 10.000 pro Monat. „Hier sind Lieferungen aus dem Westen dringend erforderlich. Deutschland könnte und müsste seine Entwicklung und Produktion in all diesen Bereichen hochfahren - für die Ukraine und für sich selbst, denn die Bestände geben nicht viel her“, so Thiele.

Welche Waffensysteme könnten kriegsentscheidend werden?

Kriegsentscheidend im Sinne eines ukrainischen Sieges seien die einzelnen Komponenten nicht, so Mangott - auch nicht ATACMS, eine ballistische Kurzstreckenrakete aus US-Produktion, oder Taurus-Marschflugkörper aus deutscher Produktion. „Aber mit diesen Waffensystemen könnten die ukrainischen Streitkräfte die russische Logistik erheblich beschädigen und erschweren.“

Was die Ukraine vielmehr brauche, seien langfristige Zusagen für militärische Unterstützung. „Dazu gehört der Ausbau der europäischen Rüstungsproduktion. Für deren Ausbau braucht es klare finanzielle Zusagen und mittel- bis langfristige Abnahmegarantien, damit sich auch private Unternehmen an den Ausbau der Produktpalette wagen“, so Mangott weiter.

Derzeit muss die Ukraine aber erst einmal in den Verteidigungsmodus schalten. Der Vormarsch der Russen bis zu Stadt Awdijiwka im Osten des Landes konnte nicht gestoppt werden.