Erdrutsch trifft Olympia-Baustelle in Italien: Seilbahn gefährdet – „Eingetreten, was wir befürchtet haben“

Ein Riss im Boden bedroht die Vorbereitungen für Olympia 2026. Italien kämpft an mehreren Baustellen mit geologischen Problemen. Anwohner reichen Klage ein.

Cortina d‘Ampezzo – Für die Anwohner des italienischen Örtchens Socrepes in der Gemeinde Cortina d‘Ampezzo in Italien muss der Anblick ein Schock gewesen sein: Plötzlich befand sich hier ein klaffender Riss im Boden, der sich über 15 Meter erstreckt. Und ausgerechnet hier befindet sich eine der wichtigsten Olympia-Baustellen: Zusammen mit Mailand, den Dolomiten und den Alpen ist Cortina d‘Ampezzo der Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2026.

Ein Erdrutsch bedroht die Olympia-Vorbereitungen für 2026. Italien kämpft mit geologischen Problemen.

Der Erdrutsch ereignete sich in unmittelbarer Nähe der Baustelle für die neue Seilbahn Apollonio-Socrepes, die rechtzeitig zu den Winterspielen fertiggestellt werden soll. Wie das italienische Nachrichtenportal Il Dolomiti berichtet, ist die Fraktur im Erdboden direkt neben einem Seilbahnpylon aufgetreten. Sie wurde demnach sofort mit einer wasserdichten Plane abgedeckt, um weitere Schäden durch Regenwasser zu verhindern. Die lokale Nachrichtenseite Voci di Cortina dokumentierte das Ausmaß des Schadens.

Erdrutsch nahe Olympia-Baustelle war bereits „befürchtet“ – Geologe erläutert den Grund

Stadträtin Roberta De Zanna kommentierte den Vorfall mit deutlichen Worten: „Es ist eingetreten, was wir alle befürchtet haben.“ Sie verwies darauf, dass in dem kleinen Gebiet gleich drei Großbaustellen gleichzeitig aktiv sind: die Olympia-Seilbahn, der Umbau der Berghütte Ria de Saco und die Erneuerung einer weiteren Seilbahnanlage.

Die baulichen Schwierigkeiten, auf die die Verantwortlichen in der Region treffen, liegen dabei tief im Boden. Giorgio Giacchetti, Präsident der Geologenordnung Venetien, erklärte dem Corriere delle Alpi die prekäre Situation mit einem drastischen Vergleich: „Wenn jemand einen Mund voller Karies hat, schadet ein Löffel Zucker. In diesem Fall ist der kariöse Mund der Hang von Socrepes.“

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Laut der Nachrichtenseite Il Post wechseln sich in dem Gebiet Schichten aus Kies und Lehm unvorhersagbar ab, was den Untergrund extrem instabil macht. Bereits 2024 hatte die Kommission für Umweltverträglichkeitsprüfung ein negatives Gutachten für die Seilbahn abgegeben: Die Wiesen in Cortina d‘Ampezzo, auf denen gebaut werden soll, seien von „hydrogeologischen Problemen“ betroffen.

Sportstätten für Olympia 2026: Firmen wollten Seilbahn-Auftrag wegen „geologischer Unsicherheiten“ nicht

Die Olympia-Bauarbeiten für die Winterspiele 2026 stehen unter enormem Zeitdruck: Bis zum Austragungsstart am 6. Februar des nächsten Jahres müssen die Sportstätten betriebsbereit sein. Ursprünglich hatte sich keine Firma für den Seilbahn-Auftrag gemeldet, so Il Post – ein deutliches Warnsignal.

Selbst die beiden Marktführer Doppelmayr aus Österreich und Leitner aus Südtirol hätten wegen der „geologischen Unsicherheiten“ abgesagt. Erst durch die Intervention des Regierungskommissars Fabio Massimo Saldini habe das Projekt an ein Konsortium aus drei kleineren Unternehmen vergeben werden können.

Stadträtin warnt: „Gesamter Hang von Erdrutschen bedroht“ – Fertigstellung der Seilbahn nun ungewiss

Anwohner der Ortsteile Lacedel und Mortisa von Cortina d‘Ampezzo haben mittlerweile beim zuständigen Verwaltungsgericht Klage eingereicht, um die Bauarbeiten zu stoppen. Stadträtin De Zanna warnte eindringlich: „Es ist bekannt, dass der gesamte Hang von Erdrutschen bedroht ist, seit Jahren gibt es Studien und Veröffentlichungen dazu.“ Sie kritisierte, dass entweder die geologischen Untersuchungen unzureichend waren oder die Situation so prekär ist, dass jederzeit unvorhersehbare Ereignisse auftreten können. In der Gemeinde kam es in den Sommermonaten auch immer wieder zu Felsstürzen, die die Dolomiten-Dörfer der Region bedrohten.

Die Seilbahn Apollonio-Socrepes soll 2.400 Personen pro Stunde transportieren und das Zentrum von Cortina mit den Skipisten der Tofane verbinden. Ob sie rechtzeitig zu den Olympischen Spielen im Februar 2026 fertig wird, steht nach diesem Zwischenfall mehr denn je infrage. (nana)

Rubriklistenbild: © Michael Kappeler/dpa