5. Miesbach Kammermusikfestival: Virtuosität, die staunen lässt
Rund 400 Zuhörer erlebten ein berauschendes Konzert: Beim Finale des Miesbach Kammermusikfestivals in St. Josef in Holzkirchen brachten die jungen Musikprofis sie mit Virtuosität und grenzenloser Spielfreude zum Staunen.
Holzkirchen – Die fünfte Auflage des Miesbach Kammermusik Festivals geriet aufs Neue zu einem herausragenden Erlebnis für Musikfreunde. Nach einem Konzert am Samstag in der Kirche St. Andreas in Hohendilching gab es am Tag darauf in der Pfarrkirche St. Josef in Holzkirchen ein zweites Konzert mit einem anderen Programm. Sechs junge Musiker aus aller Welt nahmen unter dem Motto „Andacht und Aufruhr“ 400 Klassikfreunde mit auf eine Reise durch die „Extreme der Kammermusik“ – und ließen sie staunen ob all der Virtuosität, technischen Perfektion, grenzenlosen Spielfreude und des traumhaften Zusammenspiels.
Miclen LaiPang (USA, Violine), von Beginn an künstlerischer Leiter des Festivals, scharte mit Juliette Greer (USA/Frankreich, Violine), Sào Soulez Larivière (Niederlande/Frankreich, Viola), Martin Moriarty (Irland, Viola), Rainer Crosett (USA, Cello) und Sayaka Selina (Schweiz/Japan, Cello) diesmal fünf Spitzenmusiker um sich. Sie alle sind trotz ihres jungen Alters bereits hochdekoriert und weltweit unterwegs, studierten an renommierten Musikhochschulen, spielten in den großen Konzertsälen der Welt mit den namhaftesten Orchestern und Solisten.
Für ein, zwei Wochen im Jahr – und das ist der Grundgedanke des Festivals – entziehen sie sich dem Druck des internationalen Konzertierens und ziehen sich zurück ins beschauliche Hohendilching, proben zusammen ohne Stress, spielen, was sie gerne spielen und genießen den Freiraum, den sie dabei haben. Dies alles geschieht unter dem organisatorischen Dach der hiesigen Familie Bundschuh und einiger ortsansässigen Familien, die den hochbegabten Künstlern Unterkunft, Speis und Trank sowie ein harmonisches Umfeld zur Verfügung stellen.
Ebenso wie das Hohendilchinger Programm präsentierte sich das Holzkirchner erlesen, vielschichtig und spannend. Zum Einstimmen erklang kurz und knackig das Traditional „Old Reinlender from Sonndala“ mit rustikalen Tanzrhythmen aus der nordischen Volksmusik mit allen sechs Beteiligten. Darauf folgte in einer Bearbeitung von Toru Takemitsu (1930 – 1996) fürs Streichquartett der Jazz Standard „Autumn Leaves“, der jazzige Melancholie verströmte und impressionistische Klangfarben hintupfte – zart und zerbrechlich.
Das Cello-Duo „Julie-O“ von Mark Summer (geboren 1958) kam perkussiv, groovig und energiegeladen daher, während David Balakrishnans (geboren 1954) „Confetti Man“ sich an der Grenze des spielerisch Machbaren bewegte. Miclen schrieb dem komplexen und komplizierten Stück „multicultural textures“ zu. Tatsächlich waren in rhythmischer Brillanz Elemente aus Jazz, Klassik und Funk zu hören, und das in wahnwitziger Virtuosität.
Das Hauptwerk des Abends war das Streichsextett B-Dur Opus 18 von Johannes Brahms (1833 – 1897) mit gut einer halben Stunde Länge. Ein Thema, das immer wieder auftaucht und einen Bogen über das gesamte Stück spannt, tiefe Emotionen sowie sinfonische Fülle prägen dieses Meisterwerk der Kammermusik.
So, wie die Musiker aus aller Welt den Aufenthalt im Landkreis als Geschenk bezeichnen, galt dies auch für die begeisterten Zuhörer. Was sie an Beifallsbekundungen boten – mit lang anhaltendem Applaus und wiederholten Standing Ovations – ging weit über das übliche Maß hinaus und inspirierte das überragende Sextett zu drei – selbstredend – wunderschönen Zugaben.
Reinhold Schmid