Ukraine-Update am Morgen - Ukrainische Soldaten schildern, wie chaotisch der Rückzug aus Awdijiwka wirklich war
Ukraine-Update: Was in der Nacht passiert ist
Jetzt wird das ganze Awdijiwka-Debakel der Ukraine klar
Nach dem Rückzug der ukrainischen Armee aus der umkämpften Stadt Awdijiwka kommen nun neue Details ans Licht. Denn offenbar soll der Rückzug der Soldaten chaotisch verlaufen sein und es sollen laut der „New York Times“ mehrere hundert Soldaten in russische Kriegsgefangenschaft geraten oder verschwunden sein. Dem Bericht zufolge könnte es sich um bis zu 1000 Soldaten handeln. Auch die ukrainische Militärführung hat dies bereits bestätigt, aber keine genaue Personenanzahl genannt.
Die ukrainischen Streitkräfte seien laut Interviews mit Soldaten nicht darauf vorbereitet gewesen, wie schnell der russische Vormarsch in Awdijiwka letzte Woche an Fahrt aufnahm. Offenbar habe die Ukraine zu lange mit dem Rückzug gewartet. Letztlich sei der hektische Rückzug dann schnell verlustreich geworden.
Laut Berichten ukrainischer Soldaten hätten sich einige Einheiten am Wochenende bereits zurückgezogen, als andere noch gar keinen Rückzugsbefehl erhalten hatten. Dem Bericht der „New York Times“ zufolge haben ukrainische Einheiten bereits seit längerer Zeit Schwierigkeiten, miteinander zu kommunizieren. Der Grund dafür sind unterschiedliche Funkgeräte. Auch das habe einen geordneten Rückzug erschwert.
General Oleksandr Tarnavsky, der Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte in dem Gebiet, sagte über Telegram, dass der Rückzug nach Plan verlaufen sei, aber „in der Endphase der Operation, unter dem Druck der überlegenen Kräfte des Feindes, einige ukrainische Soldaten in Gefangenschaft geraten sind“.
Auch wenn der Verlust der Stadt im Oblast Donezk strategisch keinen großen Rückschlag für die Ukraine darstellt, ist dies ein herber Verlust für die ukrainische Armee. Diese hat ohnehin Probleme mit der Rekrutierung neuer Soldaten und kämpft mit einer immer weiter sinkenden Moral. Die Gefangennahme der ukrainischen Soldaten, die über Kampferfahrung verfügen, erhöht den Bedarf weiterhin.
Nach Angaben hoher ukrainischer Beamter erlitten die russischen Streitkräfte bei der Schlacht ebenfalls schwere Verluste. Russland nahm Awdijiwka durch die schiere Zahl an Soldaten ein und schickte Truppen und gepanzerte Fahrzeuge hinein, bis die ukrainische Verteidigung zusammenbrach. Tausende von russischen Soldaten seien dabei getötet oder verwundet worden.
Ukrainischer Botschafter dankt Scholz
Trotz des Zögerns bei der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern hat der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev die Ukraine-Hilfe der Bundesregierung gelobt. „Deutschland hat unter Bundeskanzler Olaf Scholz eine Führungsrolle bei der Unterstützung unseres Landes eingenommen. Dafür bin ich sehr dankbar“, sagte Makeiev den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch).
Allerdings tut die Ampel-Koalition sich weiter schwer mit einer gemeinsamen Linie bei der möglichen Lieferung der Taurus-Marschflugkörper. Und das, obwohl die Koalitionsfraktionen am Donnerstag einen gemeinsamen Antrag zur weiteren Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine in den Bundestag einbringen wollen. Die ukrainische Seite hatte bereits im Mai die offizielle Bitte nach einer Lieferung der Marschflugkörper mit hoher Treffsicherheit und einer Reichweite von 500 Kilometern an die Bundesregierung gerichtet.
Makeiev erinnerte an frühere Diskussionen: „Auch bei den Panzern hieß es lange, diese Systeme werden nicht geliefert. Irgendwann waren sie dann aber doch da. Das Gleiche gilt für Systeme, über die nie öffentlich diskutiert wurde.“
Menschenrechtsbeauftragter: Elf ukrainische Kinder zurückgeholt
Elf von ihren Angehörigen getrennte ukrainische Kinder sind Angaben aus Kiew zufolge unterdessen wieder in die Ukraine zurückgekehrt. Es handle sich um sechs Mädchen und fünf Jungen im Alter zwischen zwei und sechzehn Jahren, teilte der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez mit. Die Kinder und Jugendlichen wurden demnach aus den russisch besetzten Gebieten der Ukraine und aus Russland zurückgeholt. Bei der Rückkehr in das von Regierungstruppen kontrollierte Gebiet haben den Angaben zufolge Katar und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen vermittelt.
Ukrainischen Angaben zufolge sollen seit Kriegsbeginn mittlerweile fast 20.000 ukrainische Kinder und Jugendliche ohne Angehörige in russisch kontrollierten Gebieten oder nach Russland verschleppt worden sein.
Putin dementiert russische Atompläne im Weltall
Russlands Präsident Wladimir Putin dementierte derweil Anschuldigungen aus den USA zu angeblichen Plänen für den Einsatz von Atomwaffen im Weltraum. „Unsere Position ist klar und deutlich: Wir waren immer kategorisch gegen die Stationierung von Atomwaffen im Weltall und sind es auch jetzt“, sagte der Kremlchef der Nachrichtenagentur Interfax zufolge bei einem Treffen mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu.
US-Medien hatte in der vergangenen Woche über atomare Ambitionen Russlands im All spekuliert. Das neue nukleare Potenzial solle sich gegen Satelliten im All richten und könne damit eine Bedrohung für die nationale wie die internationale Sicherheit darstellen, hieß es. Die US-Regierung erklärte daraufhin, Russland entwickle militärische Fähigkeiten zum Einsatz gegen Satelliten im Weltall. Zur spezifischen Art dieser Bedrohung wurden keine Angaben gemacht.
Putin gratulierte Schoigu zudem zur Eroberung der ostukrainischen Stadt Awdijiwka vor einigen Tagen. Er forderte den Minister auf, den Erfolg auszubauen und weitere Gebiete zu besetzen.
USA kündigen „umfangreiches Sanktionspaket“ gegen Russland an
Die USA wollen nach dem Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny weitere Sanktionen gegen Russland verhängen. Es handle sich um ein „umfangreiches Sanktionspaket“, das die US-Regierung am Freitag bekannt geben werde, kündigte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, in Washington an. Details zu den neuen Sanktionen nannte er zunächst nicht.
Was am Mittwoch wichtig wird
In einer Aktuellen Stunde beschäftigt sich der Bundestag an diesem Mittwoch mit dem Tod Nawalnys. Im brasilianischen Rio de Janeiro beginnt zudem um 18.00 Uhr deutscher Zeit ein Treffen der G20-Außenminister, bei dem es unter anderem um den Krieg in der Ukraine gehen soll.