Suchtexperten klagen: „Legalisierung von Cannabis war fatal“

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Auch mit dem neuen Gesetz ist das Kiffen längst nicht überall erlaubt – in der Nähe von Schulen, Kindergärten oder Spielplätzen ist der Cannabis-Konsum untersagt. © dpa

Mit dem Thema „Substanzbezogene Störungen und Süchte im Kindes- und Jugendalter“ beschäftigte sich der Suchtarbeitskreis. Ein hochkarätig besetztes Plenum informierte über die Auswirkungen des Konsums von Alkohol, Nikotin, Medikamenten und Cannabis.

Alexander Zila vom Gesundheitsamt begrüßte neben Vertretern von Schulen, Schulsozialarbeit und Eltern auch Polizei, Jugendsozialarbeiter, Berater und Mitarbeiter verschiedener öffentlicher Einrichtungen. Zum Thema „Alkohol“ referierte Sozialpädagoge Volker Greiner, Honorarkraft für das Gesundheitsamt im Bereich „“Prävention und Mitarbeiter im Fachdienst „Sucht“ von Herzogsägmühle. Trotz des Rückgangs von Alkoholkonsum im Jugendalter sei dieser die am weitesten verbreitete psychoaktive Substanz. In Befragungen gaben 35,5 Prozent der Jugendlichen an, in den letzten 30 Tagen Alkohol konsumiert zu haben. Neun Prozent nennen einen wöchentlichen Konsum im Verlauf von zwölf Monaten. Zwar gehe die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die wegen akuter Alkoholvergiftung stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen, in Deutschland weiter zurück, aberdie gesundheitsgefährdenden Folgen des Alkoholkonsums in jungen Jahren bleiben. Im Landkreis biete das Programm „No alc for kids“ Unterstützung im Aufbau von Rausch- und Risikokompetenz, so Greiner.

Dennis Beyer, Oberarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Klinik Hochried, informierte über Risiken verschreibungspflichtiger Medikamente. Hierzu gäbe es wenig Daten und Forschungsergebnisse. Von Jugendlichen würden häufig Sedativa konsumiert, die Ängste lindern und dämpfend wirken. Auch Opioide wie Fentanyl, das die 50-fache Wirkung von Heroin hat, Tilidin oder Tramadol seien verbreitet.

Gehirn in jungen Jahren anfälliger

Verschiedene Nikotin-Formen standen im Fokus der Ausführungen von Sonja Schütz. Sie erläuterte die Wirkungsweise von Vapes, Tabakerhitzern, Shishas, Snus und Kautabak- sowie Koffeeinbeuteln. In geringen Dosen seien diese stimulierend, in höheren Dosen beruhigend und führten sehr schnell in die Abhängigkeit. Da das Gehirn bis zum 21. Lebensjahr besonders anfällig sei, beeinträchtige Nikotin die Reifung kognitiver und emotionaler Prozesse und kann zu Verhaltensstörungen führen.

Sozialpädagoge Tobias Giebel informierte mit Dennis Beyer über die Folgen von Cannabis-Konsum, der sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen am häufigsten konsumierten Droge. Vor der Teil-Legalisierung waren die Zahlen rückläufig. Auch auf die verschiedenen Darreichungsformen wie Blunt, Joint oder in Lebensmitteln wie Keksen ging man ein. Durch die Teil-Legalisierung bleibe sowohl der Besitz als auch der Konsum von Cannabis untersagt, bei Zuwiderhandlung folge aber keine strafrechtliche Maßnahme, sondern die Teilnahmeverpflichtung zu Interventions- und Präventionsprogrammen.

Kein Konsum ist ohne Risiko möglich

Kurzfristig verschaffe Cannabis dem Konsumierenden positive Gefühle. Aber auch Mundtrockenheit, gerötete Augen, erweiterte Pupillen, Schwindel, gesenkter Blutzuckerspiegel, leicht herabgesetzte Körpertemperatur und Angstzustände träten auf. Mit Dauer und Intensität des Konsums leide die Hirnleistungsfähigkeit. Auch paranoide Symptome, Halluzinationen, Panikattacken und erhöhter Herz-Kreislauf-Stress zählten zu den Langzeitwirkungen. „Fakt ist: Ein früher Einstieg in den Konsum hat eine nachhaltige Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit zur Folge“, so die Referenten.

So könnten bei Vorbelastung psychische Erkrankungen ausgelöst werden, Abhängigkeit und körperliche Schädigungen seien die Folge. Die Anzahl stationärer Behandlungen aufgrund von cannabisbezogenen Störungen hat sich seit 2002 vervierfacht, betroffen sind meist männliche Jugendliche. Seit der Teil-Legalisierung habe der Verkauf auf der Straße ab- und der Eigenanbau zugenommen. Beyer: „Aus medizinischer Sicht ist die Teil-Legalisierung fatal. THC ist mitverantwortlich für die Entstehung von Psychosen, wie Schizophrenie, was im Jugendalter sehr verbreitet ist.“ Auch Erstkonsum könne in einer Psychose enden. Deshalb sei kein Konsum ohne Risiko möglich.

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