Symbol der BVB-Krise: Brandt erlaubt Einblick in sein Seelenleben

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Der Einzug ins Achtelfinale der Champions League löst beim BVB keinen Jubelsturm aus. Die Aussagen von Julian Brandt lassen tief blicken.

Dortmund – „Wir haben nicht mehr gemacht als nötig“, schätzte Kapitän Emre Can die Situation von Borussia Dortmund nach dem Einzug in das Achtelfinale der Champions League infolge des 0:0 im Playoff-Rückspiel gegen Sporting am Mittwochabend beim Streamingdienst DAZN ein.

Manche Beobachter reagieren regelrecht entrüstet auf die Worte von Can, der allerdings damit vor allem Selbstkritik am Team übte. „Wir müssen lernen, solche Spiele zu gewinnen. Diese Mentalität müssen wir reinbekommen“, forderte der Spielführer von sich und der Mannschaft. Der Sturm der Entrüstung spielt sich damit vor allem im Wasserglas ab.

Julian Brandt ist ein Krisengesicht beim BVB

Spannender waren da die Aussagen von Julian Brandt nach dem langweiligen Unentschieden gegen den amtierenden portugiesischen Meister, der ohne jede Hoffnung auf ein Wunder zum Rückspiel nach Dortmund gereist war und eine bessere B-Elf aufs Feld schickte.

Der Spielmacher des BVB hat unfreiwillig gewissermaßen die Rolle eingenommen, die Can lange innehatte, durch stabile Leistungen in der Innenverteidigung zuletzt jedoch ein Stück weit ablegen konnte: Brandt gilt als Gesicht der Dortmund-Krise, ist auch Zielscheibe ganz persönlicher Kritik. Er hat an der Situation so stark zu knabbern, dass er sein enormes spielerisches Potenzial kaum abrufen kann.

BVB-Star Julian Brandt scheint dieser Tage sehr nachdenklich und in sich gekehrt.
BVB-Star Julian Brandt scheint dieser Tage sehr nachdenklich und in sich gekehrt. © IMAGO/Maximilian Koch

Dortmund in sieben der letzten acht Heimspiele sieglos

Beim Interview mit dem Streamingdienst schaute Brandt fast schon bemitleidenswert daher, sprach in ruhigen Tönen. Auch das Lob von Chefcoach Niko Kovač munterte den 28-Jährigen nicht auf, das Reporter Marco Hagemann ihm übermittelte. „Da ist wie in den vergangenen Wochen noch eine Menge Luft nach oben. Es war ein bisschen wie bei der ganzen Mannschaft, unsere Defensive hat es sehr gut gemacht, aber nach vorne war es nicht scharf genug. Ich bin froh, dass wir weitergekommen sind, aber gehe mit verschiedenen Gefühlen nach Hause“, erklärte Brandt zur Leistung des BVB und seiner selbst.

In Freude und auch „Erleichterung“ über den erfolgreichen Einzug ins Achtelfinale mischte sich beim DFB-Nationalspieler „persönliche Enttäuschung“ über ein weiteres Heimspiel ohne echtes Erfolgserlebnis. Schwer zu glauben, aber wahr: Der BVB gewann seit dem 4:0 gegen den SC Freiburg am 23. November mit einem 3:1 gegen Schachtar Donezk nur noch eine von acht Partien vor dem eigenen Anhang.

Dienstältester BVB-Profi Brandt hadert mit der Krise

Den Fans hätte Brandt gegen Sporting gerne „schöne Momente zurückgegeben“. Für ihn ganz persönlich wären sie genauso wichtig gewesen. An keinem BVB-Profi nagt die aktuelle Krisensituation so sehr wie am Mittelfeldmann, der vor der Saison zum Vizekapitän aufgestiegen war. „Das geht nicht spurlos an mir vorbei. Es trifft mich schon sehr, es ist eine Situation, die ich so in sechs Jahren noch nie hatte“, so der dienstälteste BVB-Star.

Persönliche Kritik, „ob gerechtfertigt oder nicht“, kriege er gar nicht unbedingt mit. „Aber ich bin ja mittendrin, stehe auf dem Platz, weiß, wie wir spielen und kann das reflektieren“, sagte Brandt. Der 48-fache DFB-Internationale hat immenses Spielverständnis, an guten Tagen sprüht die Kreativität regelrecht aus ihm heraus. Damit ist er aber auch empfindlich für negative Schwingungen in der Mannschaft. Mangelnde Konstanz wird Brandt schon seit Jahren vorgeworfen, dagegen kommt er nur selten an.

BVB-Krise hält an: „Da hilft kein Schamane mehr“

So wie Brandt nach dem 0:0 gegen Sporting sprach, gibt er sich der Öffentlichkeit nur selten hin. „Ich bin keiner, der Emotionen frei hinauslässt, ich mache sehr viel mit mir selbst aus. Aber es ist eine schwere Situation, das ist der Grund, warum das Selbstverständnis und die Leichtigkeit fehlen.“

Das Spiel am Mittwochabend sei daher „ein Spiegelbild“ gewesen, wie Brandt mit Blick auf die Mannschaft, wohl aber auch sich selbst einschätzte: „Da ist Sand im Getriebe, den müssen wir herauskriegen, durch Tore, Leistungen, Siege. Alles andere bringt nichts. Da hilft kein Schamane mehr“, schmunzelte Brandt in seinem Interview wenigstens einmal kurz.

Eine echte Kampfansage gab es von ihm nicht. „Das ist ein Kampf, da musst du raus, aber es gehört zum Leben dazu. Wir werden daraus lernen“, sagte Brandt zwar. Den Eindruck, in der aktuellen Situation selbst mit jeder Faser daran zu glauben, dass die Wende für Borussia Dortmund bevorsteht, erweckte der Nationalspieler aber nicht.

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