„Schön, dass Sie noch da sind“: Georg Mayer betreibt das letzte Fotogeschäft am Tegernsee

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Betreibt in Gmund das einzige im Tegernseer Tal und darüber hinaus noch existierende Fotogeschäft: Georg Mayer. Die Gemeinde stärkt ihm den Rücken. © Thomas Plettenberg

Während reihum Fotostudios schließen, hält Georg Mayer die Stellung. Mit seinem Geschäft in Gmund gehört der 67-jährige Fotokaufmann inzwischen zu den Exoten einer Branche, die mehr und mehr vor der Digitalisierung und dem Internet einknicken muss.

Gmund - Es ist fast 12.30 Uhr, kurz vor der Mittagspause. Die Ladentür klingelt, und hereinkommt ein junger Mann aus Gmund. Er braucht Passfotos für einen Ausweis. Andernorts könnte er jetzt in einen Drogeriemarkt gehen oder ins Rathaus. Weil Ausweisbehörden seit 1. Mai keine Papierfotos mehr annehmen dürfen, haben Städte und Gemeinden aus Gründen der Bürgerfreundlichkeit beschlossen, Passbildautomaten oder Standgeräte anzubieten. Begrenzter Platz, Zweifel an der Bedienungsfähigkeit und Funktionalität oder auch mangelnde personelle Ressourcen sorgen aber auch im Landkreis Miesbach in etlichen Gemeinden dafür, dass Passfotos noch nicht in Kommunen angefertigt werden.

Gemeinde Gmund will keine Passbildautomaten aufstellen

Und von Haus aus nicht in Gmund. „Wir werden es nicht selber machen“, hatte Bürgermeister Alfons Besel dem örtlichen Fotokaufmann Georg Mayer versprochen, nachdem dieser beim Rathauschef wegen der Passfoto-Neuerung angeklopft hatte. „Er hat mir versichert, dass Gmund den Mittelstand im Ort aufrecht halten wolle, und das finde ich super“, freut sich Georg Mayer, den viele am Ort gerne „Schorschi“ nennen. Besel habe sogar bei der regelmäßigen Bürgermeister-Runde darum gebeten, auf das Aufstellen der Automaten in den Rathäusern zu verzichten, zugunsten des örtlichen Fotogeschäfts. „Die Kollegen waren offenbar positiv gestimmt, haben aber auch nicht nein gesagt“, weiß Mayer inzwischen.

Vor fünf Jahren zog Foto Mayer in einen neuen Laden

Und so ist „Foto Digital Georg Mayer“ weiter Anlaufstelle für alle, die Fotos brauchen. Und nicht nur das. 1993 hatte der gebürtige Tegernseer ein Haus weiter, ebenfalls an der Tegernseer Straße in Gmund, den Laden eines früheren Kollegen übernommen, nachdem er zuvor 18 Jahre lang in Rottach-Egern bei Foto Huber gearbeitet und gelernt hatte. Vor fünf Jahren – er musste ausziehen, weil das Haus saniert wurde – wurde ihm ein neuer Laden angeboten, 78 Quadratmeter groß, hell und nicht mehr so verwinkelt wie bisher.

Mayer: „Eröffnung war ein Abenteuer“

„Für mich war klar, dass ich das Angebot annehme“, erinnert sich Mayer, muss aber einräumen: „Es war ein Abenteuer.“ Was er damit meint? „Ausgerechnet zum Neustart 2020 kam Corona, und alle mussten zusperren“, erzählt Mayer, der kein Geheimnis daraus macht, wie sehr er kämpfen musste. „Ich hab‘ weiter Passbilder gemacht und der Polizei, die hier im Laden stand, klargemacht, dass dies systemrelevant sei.“ Mayer musste Coronahilfen in Anspruch nehmen – die er immer noch zurückbezahlt. Verlassen konnte er sich überdies auf gute Kunden und Freunde. „Bei ihnen musste ich mir Geld leihen, sonst wäre es nicht gegangen.“

Mayer kann sich auf seine Stammkunden verlassen

Man hält „Schorschi“ Mayer eben die Treue. 70 Prozent seiner Besucher seien Stammkunden, sagt der 67-Jährige. „Und die sagen mir immer wieder: Schön, dass Sie noch da sind, Herr Mayer! Wir freuen uns, dass Sie weitermachen.“ Genau das hat Georg Mayer auch vor. Inzwischen ohne weitere Aushilfen verkauft er von Montag bis Freitag alles rund ums Thema Fotografieren. Daneben bietet er viel Service – wie etwa dem Überspielen von Videos, Dias und Negativen auf Digitalformate, dem Ausdrucken von Handyfotos, Fotokopien bis DIN A3 oder dem Ausdrucken von Unterlagen von einem USB-Stick oder einer Mail. Und vor allem bietet er Zeit.

In Mayers Laden geht es nicht allzu hektisch zu

„Ich hab‘ echt guten Kontakt zu meinen Kunden, die mir oft auch ihre Probleme anvertrauen“, sagt Mayer und verrät auch, wie er es schafft, dass es bei ihm im Laden, der überdies gefüllt ist mit museumsreifen Fotoapparaten und Raritäten von anno dazumal, nicht ganz so hektisch zugeht, wie draußen vor der Tür: „Wenn fünf Leute anstehen, dann werd‘ ich einfach noch langsamer.“

Passautomaten in den Rathäusern sind existenzgefährdend

Zurück zum Kunden mit den Passfotos: Ein paar Lichtblitze, ein Klickklack, und schon sind sie im Kasten. Der Kunde wird zu einem Computer geführt, den Mayer für drei Jahre gemietet hat. Nachdem er sich mit einem PIN authentifiziert hat, um sicherzustellen, dass die Manipulation der Passfotos ausgeschlossen ist, erscheinen sie biometrisch auf dem Bildschirm. Nachdem der Kunde die besten ausgewählt hat, bessert Mayer noch etwas nach und druckt sie aus, zusammen mit einem QR-Code, der von den Ausweisbehörden verlangt wird.

„Wenn alle Kunden jetzt in die Rathäuser gehen, statt zu mir, dann ist das existenzgefährdend“, sagt Mayer und verweist darauf, dass er nurmehr der einzige Fotoladen im Tal und ringsum sei. Dann verspricht er: „Ich mach‘ so lange weiter, wie es den Kunden gefällt.“

gr

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