Zukunftsperspektiven - Forscher befürchtet, dass Deutschland sich in die Bedeutungslosigkeit regiert

Warum ist die technologische Entwicklung so bedeutend für die globale Neuordnung?

Ein Zeitenwandel wird in der Regel immer von technologischen Revolutionen begleitet, die beim Ringen um die globale Vorherrschaft eine wichtige Rolle spielt.

Tatsächlich steht die Welt auch im Moment vor massiven Durchbrüchen in folgenden Bereichen:

  • Neuen Informations- und Kommunikationstechnologien
  • Weiterentwicklung der Schiffsbau- und Meerestechnik
  • Bessere landwirtschaftliche Maschinen
  • Werkzeugmaschinen- und Robotersysteme
  • Neue Elektrizitäts- und Versorgungsanlagen
  • Evolution der Luft- und Raumfahrttechnik
  • Entwicklung besserer Werkstoffe und Materialen
  • Biomedizin, Medizingeräte, Körperoptimierungstechniken
  • Effektivere Transportmethoden und Elektromobilität

Wer diese Bereiche ganz oder teilweise beherrscht, wie es beispielsweise im Strategieplan  „Made in China 2025“ angestrebt wird, hält am Ende den Schlüssel für wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Macht in seinen Händen. Auch an dieser Stelle ist die deutsche sowie die europäische Rolle kritisch zu sehen.

Parallel dazu wird es aber ebenso versäumt, bei der Deutungshoheit über technologische Entwicklungen federführend zu sein. Man bedenke an dieser Stelle nur daran, wie einflussreich deutsche Schriften den Umgang mit den Folgen der industriellen Revolution beeinflusst haben. Inzwischen spielt Deutschland, das einstige Land der Dichter und Denker, in dem Bereich keine ernstzunehmende Rolle mehr, dabei sind auch die Fragen unübersehbar. Wie ist mit künstlicher Intelligenz umzugehen? Wie mit dem Verhaltenskapitalismus? Wie mit dem Homo stimulus? Welche Eingriffe bei Geist und Körper sind vertretbar? Spiel Kausalität in der Zukunft noch eine Rolle? Wie ist die Gesellschaft und wie soll sie werden?

Deutschland ist daher weder bei der Entwicklung noch der Deutung federführend.

Hat das freiheitlich-demokratische System bereits verloren?

Die Dynamik des Zeitenwandels fordert sich anpassende, und nüchterne Handlungen, die vor allem interessensgeleitet sind und primär dazu dienen sollen, die eigene Rolle in der Welt zu festigen, um anschließend auf solider Basis agieren zu können. Das natürlich nicht als isolierte Einheit, sondern in Bündnissystemen.

Ideologien sollten für das demokratisch-freiheitliche Modell dagegen keine Option sein. In Krisenzeiten führen diese in der Regel entweder zur Abschaffung von Freiheitsrechten oder aber zur weiteren gesellschaftlichen Zersplitterung.  Beides keine erstrebenswerte Zustände. Nur autoritäre Systeme können sich auf Dauer Weltanschauungen leisten. Sinnvoller erscheint es, die nahe Zukunft im Sinne eines konstruktiven Pragmatismus zu gestalten.

Das ist allerdings nur eine Grundvoraussetzung, um überhaupt in den Wettbewerb treten zu können. Anschließend muss er auch bestritten werden.

Was ist für Deutschland im nächsten Jahrzehnt zu erwarten?

Für die nächsten Jahre sind in Deutschland weitere Milieukonflikte- und Kämpfe zu erwarten. Diese müssen zeitnah mit Kompromissen befriedet werden, die alle Grundbedürfnisse der Lebenswirklichkeiten lückenlos abdecken. Geschieht das nicht, wird das freiheitlich-demokratische System weiter zerbröseln.

Bei den Wachstumsbedürfnissen werden neue Technologien eine herausragende Rolle spielen und eine Ära des kollektiven Individualismus auslösen, d.h. es wird ein noch umfassender, nichtwahrnehmbarer Rahmen geschaffen, innerhalb dessen die persönliche Selbstverwirklichung fast vollkommen frei erfolgen kann.

Viele Bereiche, für die man heute noch Teilhabe in der sogenannten realen Welt braucht, werden durch künstliche Intelligenz und verhaltenskapitalistische Einbettung abgelöst werden. Vielleicht so sehr, dass die Systemfrage für ein erfülltes Leben für nicht wenige keine Rolle mehr spielen wird. Individualisierungstendenzen werden viele Milieus splittern lassen und eventuell, auf ganz lange Sicht, auflösen. Dann wäre ein gewisser gesellschaftlicher Frieden erreicht und eine Stabilität, in der ein konstruktiver Pragmatismus ideal wirken kann. Im Grunde erhalten wir durch die sozialen Medien bereits eine Ahnung von dem, was kommen wird. Die Intensität des kollektiven Individualismus wird davon abhängen, ob die grundsätzlichen menschlichen Bedürfnisse gestillt und Verteilungsfragen geregelt zufriedenstellend geregelt werden können.

Ist der kollektive Individualismus Fluch oder Segen?

Es kommt auf die Perspektive an. Einerseits könnte man ihn als Diktatur der Technologie betrachten oder aber als sicherer Rahmen der Selbstverwirklichung. Die Wahrheit liegt immer dazwischen.

Es wird auch davon abhängen, wer die Macht über die Daten haben wird. Das sind alles Fragen, denen sich die Gesellschaft eigentlich schon vor Jahren hätte stellen müssen, denn der Vorgang hat bereits begonnen. 

Letztendlich liegt es an den Menschen selbst, diese Zukunft auf eine Art und Weise zu gestalten, die ihre Bedürfnisse entspricht. In einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung kann man das, in autoritären Systemen eher nicht. Man sollte nur langsam damit beginnen.

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Thomas Druyen

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