Erhöhung der Krankenkassen-Beiträge: Wieso sich ein Wechsel lohnen könnte
Die Krankenkassenbeiträge werden nächstes Jahr erheblich ansteigen: Millionen Versicherten müssen mit weniger Netto vom Brutto rechnen. Könnte sich ein Wechsel der Krankenkasse lohnen und Kosten sparen?
Berlin – Die gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträge werden im nächsten Jahr deutlich ansteigen. Denn Berechnungen der Experten des sogenannten Schätzerkreises haben ergeben, dass der Zusatzbeitrag bis zu 0,8 Prozent auf 2,5 Prozentpunkte angehoben werden könnte. Damit werden die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung im neuen Jahr einen historischen Anstieg verzeichnen. Versicherte müssen sich ab dem Jahreswechsel auf weniger Netto vom Brutto einstellen. Könnte sich daher ein Wechsel der Versicherung lohnen?
Erhöhung der Krankenkassen-Beiträge: „Tickende Zeitbombe“ – Lohnt sich ein Wechsel?
Grund für die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge ist die derzeitige finanzielle Schieflage der Kassen, die gestiegene Kosten bei Krankenhausbehandlungen, Pflege oder Arzneimittel abfangen müssen. „Der Zustand der gesetzlichen Krankenversicherung gleicht einer tickenden Zeitbombe, von der die Politik nicht weiß, wie sie zu entschärfen ist“, meinte der Sozialversicherungsexperte Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erst kürzlich in einem Gespräch mit der Welt.
Der Zusatzbeitrag der Krankenkassen variiert bereits jetzt von Kasse zu Kasse. Einige Krankenkassen erheben lediglich etwas über ein Prozent, während andere, wie die Kaufmännische Krankenkasse laut Tagesspiegel, über drei Prozent verlangen. Ab kommenden Jahr könnten die Beiträge massiv von derzeit 1,7 Prozent auf 2,5 Prozent ansteigen. Könnte sich daher ein Wechsel lohnen? Eine unveröffentlichte Umfrage der Unternehmensberatung Horváth zeigt, dass lediglich 43 Prozent der 1.643 Befragten einen Krankenkassenwechsel bei steigenden Zusatzbeiträgen in Betracht ziehen würden.
Die Mehrheit der Versicherten sei nach Beitragserhöhungen zurückhaltend, wenn es um einen Kassenwechsel geht, weiß auch Peter Grieble, der Leiter der Abteilung Versicherung, Pflege, Gesundheit bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Manche Ökonomen wundern sich, dass diese Möglichkeiten bislang so selten genutzt werden“, sagt er. Dabei würden Studien seit Jahren auf Einsparpotenziale hinweisen.
Wechselbereitschaft bei Familien wegen Kostendruck höher – Privatversicherung günstiger als Kasse?
Laut Horváth-Umfrage würden am ehesten Familien einen Wechsel in Betracht ziehen. „Hier ist der finanzielle Druck oft höher, und beide Elternteile prüfen die Angebote der Krankenkassen, um die besten Leistungen für sich und ihre Kinder zu sichern“, so Grieble. Er empfiehlt auch einen Vergleich mit privaten Krankenversicherungen, wo besonders gut verdienende Singles langfristig besser aussteigen können – auch wenn die Beiträge der Privatversicherungen ebenfalls angeglichen werden. „Bei den aktuellen Beitragserhöhungen, die noch länger anhalten dürften, gilt das pauschale Argument nicht mehr, dass die gesetzliche Krankenversicherung immer günstiger sei als eine private Versicherung“.
Auch wenn viele Versicherte zögern, einen Wechsel in Betracht zu ziehen, könnte dieser durchaus ein großes Einsparpotenzial bieten. „Bei einem Durchschnittsgehalt von 3667 Euro pro Monat kann man durch den Wechsel von der teuersten zur günstigsten Krankenkasse über 43 Euro pro Monat einsparen“, meint Horváth-Partner Simon Arne Manner zum Tagesspiegel. „Selbst bei einem Unterschied von einem Prozentpunkt spart man immer noch rund 18,34 Euro pro Monat, was fast dem Rundfunkbeitrag entspricht.“
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Grund für die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge ist finanzielle Schieflage
Die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland ist weiterhin angespannt. Das Gesamtdefizit der 95 Krankenkassen alleine im ersten Quartal 2024 beläuft sich auf 776 Millionen Euro – eine Entspannung der Finanzsituation ist nicht in Sicht. Ob Versicherte künftig mit Beitragserhöhungen rechnen müssen, hängt auch von der finanziellen Stabilität der jeweiligen Kasse ab. Eine DFSI-Studie zeigt, welche Kassen besonders solide dastehen. „Je stabiler die Krankenkassen schon heute aufgestellt sind, desto stabiler dürften auch die Zusatzbeiträge bleiben. Oder zumindest nur in einem moderaten Rahmen steigen“, meint etwa DFSI-Thomas Lemke zum Handelsblatt.
Laut der DFSI-Studie schneiden bei den bundesweit verfügbaren Kassen lediglich die hkk Krankenkasse und die Audi BKK mit der Bestnote „Exzellent“ ab. Mit Beitragssätzen von 15,58 bzw. 15,60 Prozent zählen sie zu den günstigeren Anbietern. Die teuerste bundesweite Kasse ist dagegen die KKH Kaufmännische Krankenkasse mit einem Satz von 17,88 Prozent. Acht weitere Krankenkassen erhielten im Ranking immerhin die Auszeichnung „Sehr gut“, wie unter anderem die Techniker Krankenkasse und die WMF Betriebskrankenkasse.