Debatte über Sondervermögen: Berlin vor der Billionen-Frage
Die weltpolitische Kehrtwende von Donald Trumps USA stellt Deutschlands kommende Regierung vor eine neue Realität. Sie wird enorme Summen ausgeben müssen.
Die Zahlen, die durchs politische Berlin geistern, sind gigantisch. Insgesamt 400 Milliarden Euro für die Bundeswehr und noch mal 500 Milliarden Euro in allgemeine Infrastruktur. Darüber sollen Union und SPD in den Sondierungsgesprächen für eine Regierungskoalition gesprochen haben. In zwei neuen Sondervermögen könnten enorme neue Schulden aufgenommen werden, um Deutschland angesichts der veränderten internationalen Bedrohungslage eine sichere Zukunft zu garantieren. Doch bestätigt sind diese Zahlen bisher nicht. Zuvor gingen in der Union auch deutlich geringere Werte um 200 Milliarden Euro für die Bundeswehr um.
Enormer Investitionsbedarf bei der Bundeswehr – Merz gibt sich zurückhaltend
In jedem Fall ist fast klar, dass eine neue Regierung im großen Stil handeln muss. Die Bundeswehr hat schon Schwierigkeiten, ihre laufenden Nato-Verpflichtungen zu erfüllen – von einer Kompensation möglicherweise wegfallender amerikanischer Unterstützung gar nicht zu sprechen. Zudem ist das erste Bundeswehr-Sondervermögen nahezu vollständig verplant. Wenn es 2027 ausläuft, reißt das – schon nach bisherigen Maßstäben – große Lücken in den Verteidigungsetat. Ein tatsächlicher Wegfall der USA als Europas Schutzmacht hätte einen noch viel größeren Investitionsbedarf zur Folge, der allein mit Einsparungen beim Bürgergeld oder wirtschaftsfreundlicherer Politik nicht zu stemmen ist.
Union und SPD verhandeln enorme Ausgaben für Bundeswehr und Infrastruktur
Der wohl kommende Kanzler gibt sich am Montag dennoch zurückhaltend. In ruhigem Ton spricht Friedrich Merz davon, dass man „etwas für die Bundeswehr tun“ wolle und von einem „gewissen Zeitdruck“. Aber: „Wir sind noch nicht am Ziel.“ Zahlen oder mögliche Zeitpläne (von einer Bundestags-Sondersitzung in der kommenden Woche soll im CDU-Vorstand die Rede gewesen sein) bestätigt Merz nicht. Möglicher Hintergrund: Die Verhandlungen mit der SPD sind schwierig. Die Sozialdemokraten reagieren verschnupft darauf, dass von den kolportierten Überlegungen überhaupt etwas an die Öffentlichkeit durchgesickert ist. Auch inhaltlich gibt es Differenzen. Gegenüber zusätzlichen Schulden ist die SPD zwar grundsätzlich offen, will die Einsatzfelder aber weiter über reine Verteidigung hinaus dehnen als die Union. Es gibt Einschätzungen, wonach auch nur deshalb überhaupt ein zweites Sondervermögen für Infrastruktur ins Spiel gekommen sei.

Schwarz-Rot braucht Grüne und Linke für Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag
Ein weiteres Problem: Schwarz-Rot hat alleine die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im kommenden Bundestag nicht, bräuchte die Stimmen der Grünen und sogar (zumindest teilweise) die Linken. Letztere stehen Investitionen in die Bundeswehr allerdings skeptisch bis ablehnend gegenüber. Eine Lösung könnte darin liegen, die Sondervermögen noch im alten Bundestag (bis 25. März beschlussfähig) festzuzurren, wo Union, SPD und Grüne das ohne weitere Hilfe durchbringen könnten. Doch weil auch dann noch die Grünen mitstimmen müssen, dürften diese ebenfalls über inhaltliche Schwerpunkte eines möglichen Infrastrukturpakets (Klimaschutz?) mitreden wollen.
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Auch in der CSU gibt es bereits Vorstellungen, was die Ausgestaltung betrifft. „Für die Zukunft unseres Landes ist das geplante Sondervermögen für die Infrastruktur genauso entscheidend wie das zur Landesverteidigung“, sagt Klaus Holetschek. „Krankenhäuser sind ein wichtiger Teil der kritischen Infrastruktur und haben dabei absolute Priorität“, befindet der Fraktionschef der CSU im Landtag. Dieser Aspekt sei viel zu lange vernachlässigt worden.
Das Mittel, mit dem neue Schulden ermöglicht werden sollen, ist übrigens nicht neu: Der Bundesrechnungshof listete 2023 insgesamt 29 Sondervermögen des Bundes auf. Weitere gibt es auf Ebene der Länder. Bekannt ist vor allem das schon 2022 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine gebildete Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, aber auch der Klima- und Transformationsfonds (KTF) oder auch der Fonds zur Abfederung der Pandemie-Folgen.