Nicht nur das Radom ist von Belang: Was es mit der Antenne 6 in Raisting auf sich hat

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Vor dem Sockel der Antenne 6 in Raisting: (v.l.) Förderverein-Vorsitzende Dr. Sabine Vetter, Hannes Schmidbauer, Wolf Petich, Albrecht Schencking, Otti Werking mit Symphonie-Poster, Sven Barth und Buchautor Hermann Martin. © Roettig

Raisting kann sich nicht nur mit seinem Radom rühmen. Auf dem Gelände der Erdfunkstelle rund um das Industriedenkmal gibt es auch noch die Antenne 6, die maßgeblich an der Entwicklung der Kommunikations- und Satellitentechnik beteiligt war.

Aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Antenne 6 hatte Dr. Sabine Vetter vom „Förderverein Radom Raisting“ zu einem Besuch in der momentan stillgelegten Anlage eingeladen. Mit dabei Zeitzeuge Otti Werking, der dort als Ingenieur vom Start weg bis 1980 tätig war. Die mächtige Antenne 6 mit einem Reflektor-Durchmesser von 15,5 Metern hatte im Gegensatz zu den anderen Raistinger Antennen einen besonderen Status und war durch ein eigenes Betriebsgebäude weitgehend autark. Schließlich war sie ab 1974 ein entscheidender Teil des ersten europäischen Nachrichtensatelliten-Projekts namens „Symphonie“ mit Bodenstationen in Raisting und in Pleumeur-Bodou an der Westküste Frankreichs.

Deutsche und französische Kooperation

„Symphonie“ bedeutet Gleichklang und meinte die damals gleichberechtigte westdeutsche und französische Zusammenarbeit auf Augenhöhe. France Télécom, Deutsche Bundespost, Raisting und Pleumeur-Bodou, die Satelliten-Bodenbetriebssysteme in Toulouse sowie die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (heute DLR) in Weilheim-Lichtenau mit dem Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen arbeiteten in dem Fall vorbildlich und völkerverbindend zusammen.

Ziel war laut Werking, sich technisch und wirtschaftlich von der amerikanischen Vorherrschaft im Bereich der Satelliten-Kommunikation zu lösen. Es wurden zwei nach damaligem Maßstab technisch hochmoderne Nachrichtensatelliten für die Datenübertragung nach Ost und West gebaut (für jeweils bis zu zwei Fernsehprogramme oder 600 Fernsprechkanäle). Es ging um die Entwicklung und Erprobung neuer Techniken und Dienste von und nach Übersee mittels der beiden Satelliten und jeweils einem geostationären Satelliten über dem Atlantik und dem Indischen Ozean.

Wie Zeitzeuge Werking den Besuchern erzählte, war das „Symphonie“-Projekt „entsprechend der projizierten Satelliten-Lebensdauer“ auf fünf Jahre begrenzt, überdauerte aber zehn Jahre. Es war eine Erfolgsgeschichte mit Programm㈠übertragungen vom Bildungsfernsehen der Deutschen Welle, mit weltweiter Unterstützung von humanitären Einsätzen und selbst mit der Synchronisation von Atomuhren. Es wurden mit Hilfe von Technikern und Ingenieuren aus Raisting 50 Bodenstationen unter anderem in Indien, China, Afrika und Argentiniern errichtet.

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Was kam nach „Symphonie“?

Nach Ende des „Symphonie“-Projekts wurden neue Anwendungen für die Antenne 6 realisiert. Nach Umbauten und Ergänzungen nutzte diese die Deutsche Telekom für satellitengestützte maritime und terrestrische Logistik bei Schiffs-, Verkehrs- und Sonderdiensten über geostationäre „Inmarsat“-Satelliten – wobei Antenne 6 in den Folgejahren um weitere kleinere Antennen ergänzt wurde. Seit dem Eigentümerwechsel von der Deutschen Telekom zu einem privaten Betreiber diente die Antenne 6 mit ihrem Antennenpark der Firma „Talia“ für ihre weltweiten satellitengestützten Mobilfunkdienste. Derzeit ist sie außer Betrieb, weshalb sie vom Förderverein und seinen Gästen besucht werden konnte.

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