Was wir von den USA lernen müssen - Deutsche sparen dreimal mehr als Amis – und sind als Rentner trotzdem ärmer
Ab der Altersgrenze von 59,5 Jahren dürfen die Amerikaner dann ans Ersparte. Je nach Variante des „401(k)“ ist die Auszahlung sogar steuerfrei. Ob Komplettauszahlung oder Tranchen – beides ist möglich. Sinnvoll sind aufgrund der progressiven Einkommenssteuer in den USA einzelne Entnahmen. Die sind ab einem gewissen Alter verpflichtend, merkt Ebert an, damit der Sparer die Steuerzahlungen nicht bis in die Unendlichkeit „stundet“.
Die Sparpläne sind leicht übertragbar, auch ins Private, als sogenannten „Individual Retirement Account“. Diese Auswahlmöglichkeiten, schreibt Ebert, erzeugen Preisdruck. Dadurch seien die Produkte günstig, im Schnitt belaufen sich die Kosten eines „401(k)“ auf weniger als ein Prozent der Assets pro Jahr. Unterm Strich ist die Vorsorge damit kostengünstig, rentabel und flexibel. Kurzum: „Eine Erfolgsgeschichte“.
BOLZ, BZML, RBZ: Im Dickicht der deutschen bAV
Und Deutschland? Tatsächlich besparen auch hierzulande mit 54 Prozent der Beschäftigten viele Menschen eine bAV. Doch die Auswahl ist ungleich komplizierter, weil es vier verschiedene Arten gibt. „Zum einen gibt es die klassische Leistungszusage, das dem Sparer eine feste Einmalleistung oder Rente garantiert“, so Ebert. Darüber hinaus existieren die „beitragsorientierte Leistungszusage“ (BOLZ), die „Beitragszusage mit Mindestleistung“ (BZML) und die „reine Beitragszusage“ (RBZ). Jede dieser vier Zusagenarten kann dann noch auf fünf verschiedenen Wegen durchgeführt werden, über Lebensversicherer oder Pensionsfonds und -kassen beispielsweise.
Trotzdem haben deutsche Sparer wenig Wahl, was die eigentliche Anlage des Kapitals angeht. Pensionskassen beispielsweise dürfen nicht mehr als 35 Prozent des Kapitals in Aktien stecken. Ebert sagt: „Die von der Politik vorgeschriebene Nominalgarantie von Beiträgen macht systematisch die Rendite kaputt.“
Ebert betont zwar, dass manche Pensionskassen mit den maximal erlaubten Aktienquoten ansehnliche Renditen im hohen einstelligen Bereich erzielten. Aber: „Die Rendite kämpft mit Beitragsgarantien und Kapitalanlagevorschriften, welche die Politik vorgibt. Den Preis bezahlen die Sparer, oftmals ohne selber Einfluss auf die Kapitalanlage nehmen zu können.“
Bei den Steuern greift der Staat oft zweimal zu
Das sind nicht die einzigen Stolpersteine der deutschen bAV. Ähnlich ungünstig verhält es sich mit den Steuern. „Der durch die Vielzahl an Zusagearten geschaffene Dschungel zieht ein Dickicht an Regelungen für die Besteuerungen nach sich“, erklärt der Flossbach-Analyst.
So sind Beiträge bis 3624 Euro sozialversicherungsfrei, der doppelte Beitrag wiederum ist von der Einkommenssteuer befreit. Nur müssen bei der späteren Auszahlungen wieder Steuern und Abgaben entrichtet werden. Mitunter greift der Staat also zweimal zu. Hinzu komme, dass die Freibeträge nur etwa 15 bis 30 Prozent des US-Niveaus ausmachen, also weitaus niedriger ausfallen.
Billig ist die deutsche bAV ebenfalls nicht. Wegen der vielen Vorschriften gibt es hohe Eintrittsbarrieren für etwaige Wettbewerber und einen hohen Aufwand bei den Versicherungen. Das fällt am Ende auf den Sparer zurück. In einer Beispielrechnung der CFA Society Germany kosten die höheren Gebühren hierzulande 1,5 Prozentpunkte ihrer Rendite. Klingt wenig, macht aber einen Unterschied von Hunderttausenden Euro. Bei einem Startkapital von 1000 Euro und einem Anlagezeitraum von 50 Jahren ergibt sich so ein Endkapital von 400.000 Euro, bei 5,5 Prozent Rendite. Bei sieben Prozent Rendite aber wären es über 650.000 Euro!
Analyst fordert die „Sparautobahn“
Es verwundert daher nicht, wie das Fazit des Analysten ausfällt: US-Bürger haben einen „gut ausgebauten Highway, auf dem alle schnell und sicher ihr Ziel, die Lebensstandardsicherung im Alter, erreichen“, so Ebert. In Deutschland gleiche die Vorsorge mittels bAV dagegen „einer Dschungelexpedition“.
Ebert fordert: „In den Regulierungsdschungel sollte eine Schneise geschlagen werden.“ In dieser könne dann eine „Spar-Autobahn“ entstehen. Heißt konkret: Vereinfachte Zusagen für mehr Transparenz, selbstbestimmtes Sparen, eine bessere Übertragbarkeit und eine Ausweitung der steuerlichen Förderung.