Neue DB-Tochter InfraGO - die Skepsis überwiegt
61 000 Mitarbeiter, zuständig für 5400 Bahnhöfe und 33 400 Kilometer Schiene – die neue Bahntochter DB InfraGO ist ein Konzern im Konzern. Bringt die Fusion der DB-Sparten Netz und Station & Service die DB endlich voran? Bahnexperten sind skeptisch.
VON DIRK WALTER
München/Berlin – Im Futurium, einem hippen Zukunfts-Museum am Berliner Spreeufer nahe am Hauptbahnhof, lädt DB-Chef Richard Lutz am Montag zum Startschuss für die DB InfraGO AG. Die Gründung der Bahntochter, so heißt es vorab, markiere „einen der größten Meilensteine der Bahngeschichte“. An Marktständen wollen Experten die „Handlungsfelder“ der neuen Gesellschaft vorstellen: Digitalisierung, Zukunftsbahnhöfe, Hochleistungsnetze.
Auch Matthias Stoffregen wird kommen – obwohl er sich der Jubelarie so gar nicht anschließen mag. Die InfraGo als „Meilenstein“ anzupreisen, sei „absolut lächerlich“, sagt der Geschäftsführer von Mofair, einem Verband, in dem die nicht DB-gesteuerten Eisenbahnen organisiert sind. Und auch der Fahrgastverband Pro Bahn ist skeptisch gestimmt. InfraGo sei nur „eine Änderung auf Papier“, unkt Lukas Iffländer, Chef von Pro Bahn Bayern. Zwar sei es sinnvoll, die bisher eigenständigen Ressorts Netz sowie Station & Service zusammenzulegen. Doch mehr als ein „Austausch des Türschilds“ werde nicht vorgenommen. Noch schärfer ist der Verkehrspolitiker der CSU im Bundestag, Ulrich Lange, der die Gründung als „nicht substanziell“ bewertet.
GO steht für Gemeinnützig
Eigentlich soll DB InfraGo eine richtungsweisende Änderung bei der Deutschen Bahn einleiten: GO steht für Gemeinwohl-Orientierung. Das bedeutet, dass InfraGo keine Gewinne abwerfen muss und erwirtschaftetes Geld selbst verbauen darf. Der Verkehrspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion, Detlef Müller, ist da sehr optimistisch. Es „muss und wird“ einen „klaren Wandel“ hin zu einer Gemeinwohl-Orientierung geben, sagt er unserer Zeitung. Es geht um Milliarden: Im den nächsten zehn Jahren stehen über Bundesmittel 87 Milliarden Euro für die Schiene zur Verfügung. Zudem erwirtschaftete 2022 die bisherige DB Netz allein 6,6 Milliarden Euro, knapp 90 Prozent durch sogenannte Trassenerlöse. Der Erlös entsteht, weil jeder Kilometer Schiene, den ein Zug befährt, bezahlt werden muss. Auch dieses Geld kann verbaut werden.
Pferdefuß der neuen InfraGo sei indes, dass auch sie unter dem Dach des DB-Konzern verbleibt und auch der Gewinnabführungsvertrag weiter besteht, sagt Iffländer von Pro Bahn. „Das hätte unbedingt gekappt werden müssen.“ Das Geld werde zwar an InfraGo zurücküberwiesen – aber der ganze Prozess sei intransparent. Hinzu komme: InfraGO müsse betriebswirtschaftlich handeln. Da sei es im Zweifelsfall besser, auf Verschleiß zu fahren, statt zu sanieren. Der CSU-Abgeordnete Ulrich Lange würde sogar eine Bahnreform 2.0 anstreben – die Infrastruktur müsse der Bahn komplett entwunden und in eine Bundes GmbH analog der Autobahn GmbH überführt werden, sagt er. Einwände, das hätten frühere CSU-Bundesverkehrsminister ja auch versäumt, kontert Lange: Die CSU habe sich bei Bahnthemen nun „völlig neu aufgestellt“.

Misstrauisch stimmt die Kritiker zudem die interne Struktur der InfraGO. Als AG erhält sie einen Aufsichtsrat. Es ist, wie unserer Zeitung von der DB-Pressestelle bestätigt wird, der alte der bisherigen DB Netz AG. Aufsichtsratschef wird somit ein Bayer: Berthold Huber, ein Weilheimer, der früher DB Regio Bayern führte und nun Vorstandschef der DB-Tochter Infrastruktur ist. Durch die neue InfraGo verliert er wesentliche Kompetenzen – ist aber als Aufsichtsratschef weiter mit im Boot.
Es ist diese Verschachtelung im DB-Konzern, die Pro-Bahn-Landeschef Iffländer ärgert. Eigentlich, sagt Iffländer, sei die DB-Konzernsparte Infrastruktur „jetzt komplett überflüssig“.