Im Haushalt klafft ein Loch: Wolfratshauser Liste will Altstadt-Aufwertung verschieben
Im ersten Entwurf des städtischen Haushalts für 2024 klafft ein Loch. In den Folgejahren drohen mehrere Millionen Euro minus. Die Wolfratshauser Liste will beschlossene Projekte verschieben.
Wolfratshausen – Während der eine oder andere in diesen Tagen übers Mehrgang-Menü für die Weihnachtsfeier nachdenkt, brütet Stadtkämmerer Peter Schöfmann über ganz schwerer Kost: Er stellt den Haushalt für das nächste Jahr auf, in der jüngsten Stadtratssitzung präsentierte er den ersten Entwurf. Vieles beruht noch auf Schätzungen, daher ist der Etat weder Fisch noch Fleisch. Fest steht aber: „Erhebliche Mehrausgaben“, so Schöfmann, müssen 2024 gestemmt werden – und im Etat klafft ein Loch.
Eine „bedeutende Ausgabe“ ist laut Stadtkämmerer neben den Personalkosten (gut 10,5 Millionen Euro) und den Zuschüssen für den Kinder- und Jugendförderverein, den Bauhof, für Kulturveranstaltungen und den Klimaschutz (insgesamt fast 12,5 Millionen Euro) die Kreisumlage. Heuer überwies die Flößerstadt mehr als 13,6 Millionen Euro nach Bad Tölz, im nächsten Jahr werden es mutmaßlich gut 15 Millionen Euro sein. Schöfmann wies unter anderem darauf hin, dass der Kreistag einer Stellenmehrung im Landratsamt in Bad Tölz um 26 Personen zugestimmt habe.
Fritz Meixner, Vorsitzender der SPD/FDP-Stadtratsfraktion und Kreisrat, ergänzte, dass die Kosten für die Jugendhilfe einen Anstieg erfahren hätten, „den ich als Kreisrat noch nie erlebt habe“. Rund 16,3 Millionen Euro seien im Kreishaushalt für 2024 eingeplant – heuer waren es nach seinen Worten zwölf Millionen Euro. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren investierte der Landkreis rund 9,5 Millionen Euro in die Jugendhilfe. Meixner sprach von „reinen Produktkosten“, betonte aber: „Es geht bei dem Thema um unsere Kinder und Jugendlichen.“ Den rasanten Kostenanstieg und dessen Auslöser „scheint keiner zu bemerken“, bedauerte der Sozialdemokrat, hauptberuflich Geschäftsführer des Kinder- und Jugendfördervereins Wolfratshausen.

Noch ist das letzte Wort zur künftigen Kreisumlage nicht gesprochen. Dritte Bürgermeisterin und Kreisrätin Annette Heinloth (Grüne) stellte fest, dass sie bei der Festsetzung „eine Vier vor dem Komma“ sehen wolle – „keine Fünf“. Derzeit beträgt die Umlage, die alle Städte und Gemeinden im Kreis anteilig bezahlen, 50,54 Prozent. Das sind 0,84 Punkte mehr als im Jahr 2022. Summa summarum überwiesen die Kommunen gut 80 Millionen Euro an den Kreis.
Stadt Wolfratshausen will 2024 fast 20 Millionen Euro investieren
Schöfmann wies auch auf die „enorme Investitionssumme“ hin, die die Stadt schultern wolle. Es sind fast 20 Millionen Euro, allein sechs Millionen Euro fließen 2024 in die Sanierung und Erweiterung der Grund- und Mittelschule am Hammerschmiedweg. „In den nächsten vier Jahren werden das 41 Millionen Euro“, gab der Sprecher der Bürgervereinigung Wolfratshausen (BVW), Josef Praller, zu bedenken. Da die Rücklagen Ende 2025 „abgeschmolzen“ (Schöfmann) seien und zeitnah eine Kreditaufnahme laut Kämmerer „zwangsläufig“ ist, plädierte Praller dafür, alle geplanten Investitionen mit einem Fragezeichen zu versehen: „Was ist wirklich dringend notwendig?“ Für die Stadt gelte dasselbe wie für eine Familie: „Wenn das Geld nicht da ist, müssen Abstriche gemacht werden.“

Prallers Einlassungen waren Wasser auf die Mühlen der Liste Wolfratshausen. „Wir müssen auf die Kosten achten“, mahnte deren Fraktionschef Helmut Forster. Der Ex-Bürgermeister schlug vor, den Investitionsplan zu „ändern“, das heißt, einige Projekte zu verschieben – bis ins Jahr 2026. Dazu zählen für ihn die Aufwertung der Gebhardtstraße mit Fuß- und Radweg (625 000 Euro) sowie die Umgestaltung der Altstadt (zwölf Millionen Euro). Der fallen voraussichtlich 60 bis 70 Parkplätze zum Opfer, doch laut Forster, Wirtschaftsreferent des Stadtrats, darf mit der Umgestaltung der Marktstraße erst „losgelegt“ werden, wenn an anderer Stelle neue Stellflächen geschaffen worden sind. In den Augen der Liste Wor kommt dafür nur der Hatzplatz in Frage.
Einsparpotenzial: Wolfratshauser Liste kündigt Anträge an
Außerdem müsse der Bau eines Parkdecks an der Kräuterstraße in Farchet aus dem Investitionsprogramm „rausgenommen werden“. 4,4 Millionen Euro seien dafür vorgesehen – obwohl es für das Bauvorhaben „keinen Beschluss gibt“. Forster bestritt nicht, dass in Farchet „dringend etwas passieren muss“. Er kündigte einen diesbezüglichen Antrag der Wolfratshauser Liste an, ohne Details preiszugeben.
Rathauschef Heilinglechner legte Wert auf die Feststellung, dass in Sachen Kräuterstraße allein 40 000 Euro Planungskosten im Etat für 2024 bereitgestellt werden sollen. Geld, das für die Aufstellung eines Bebauungsplans benötigt wird. Dieses Verfahren dauert in der Regel zwei Jahre, erst dann werde über die Ausführung des Parkdecks und die tatsächlichen Kosten geredet.
Im nächsten Jahr ist keine Schlüsselzuweisung des Freistaats zu erwarten
Nachdem Stadtkämmerer Schöfmann erst vor wenigen Tagen von einer sprudelnden Gewerbesteuer berichtet hatte – er rechnet heuer mit gut 3,4 Millionen Euro mehr als erwartet –, musste er die Hoffnung einiger Stadträte zunichte machen. Es sei „ein extremer Ausreißer“ gewesen. „In 2024 ist so etwas nicht erneut zu erwarten.“ Und: Aufgrund des kräftigen Steuerplus’ gibt’s im nächsten Jahr keine Schlüsselzuweisung vom Freistaat. Heuer flossen gut 1,1 Millionen Euro in den Stadtsäckel.
100.000 Euro Fehlbetrag ist nur Spitze des Eisbergs
Mit Blick auf die folgenden Beratungsrunden schenkte Schöfmann den Stadträten reinen Wein ein: Stand jetzt klafft im Haushalt 2024 ein Loch von gut 100 00 Euro. Das ist nur die Spitze des Eisbergs: Für 2025 rechnet der Kämmerer mit einem Fehlbetrag von gut 8,3 Millionen Euro, in den zwei Folgejahren mit einem Minus von rund 16,3 beziehungsweise 12,2 Millionen Euro. Seine Empfehlungen: Maßnahmen verschieben/streichen, „Erwirtschaftung von Einsparungen“, Gebühren und Steuern erhöhen, Grundstücke verkaufen oder Darlehen aufnehmen. (cce)
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